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Arzneimittel und Therapie
Zidovudin: Schaden für das Neugeborene
Das Nukleosidanalogon Zidovudin kann das Risiko einer HIVÜbertragung von der Mutter auf das Kind reduzieren. Durch die Gabe von Zidovudin in der zweiten Schwangerschaftshälfte, während der Geburt und in den ersten sechs Lebenswochen des Neugeborenen konnte in Industrienationen die Anzahl infizierter Kinder deutlich gesenkt werden. Unbekannt ist bislang, ob dieses Vorgehen Langzeitfolgen für das Kind hat. Einigen Beobachtungen zufolge führt Zidovudin beim Neugeborenen zu einer Dysfunktion der Mitochondrien. Eine französische Arbeitsgruppe untersuchte diesen möglichen Zusammenhang genauer.
Toxische Wirkungen auf die Mitochondrien
Die erforderlichen Daten wurden einer epidemiologischen Übersicht (The French National Epidemiological Network for studying mother-to-child transmission of HIV-1) entnommen, in der seit 1986 die Daten seropositiver Frauen nach deren Einwilligung gesammelt werden. Bis 1999 lagen die Daten von 3779 Mutter-Kind-Paaren vor, von denen 1754 Paare Zidovudin als Monotherapie oder in Kombination mit anderen Nukleosidanaloga (z. B. Lamivudin) erhalten hatten. Bei acht Kindern war eine Dysfunktion der Mitochondrien festgestellt worden, was durch spektroskopische und polarographische Untersuchungen der Enzymaktivität verschiedener Atmungsketten verifiziert wurde. Fünf Kinder, von denen zwei starben, hatten verzögerte neurologische Symptome. Die anderen drei Kinder waren symptomfrei, wiesen aber schwere biologische oder neurologische Abnormalitäten auf. Bei allen Kindern wurde noch Monate oder Jahre nach Beendigung der antiviralen Therapie eine niedrige Aktivität der Atmungskettenkomplexe I und IV festgestellt. Vier Mütter hatten während der Schwangerschaft und nach der Geburt Zidovudin und Lamivudin eingenommen, die anderen vier nur Zidovudin. Keines der betroffenen Kinder war HIV-positiv.
Nutzen-Risiko-Verhältnis spricht für Zidovudin
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann noch keine Nutzen-Risiko-Analyse vorgenommen werden. Den bislang vorliegenden Hinweisen zufolge kann die Möglichkeit bestehen, dass eine perinatale Gabe von Zidovudin toxische Effekte auf die Mitochondrien der Säuglinge ausübt. Wenn sich diese Vermutung in weiteren Studien bestätigt, so könnte die perinatale Zidovudin-Therapie mit einer 0,1%igen Mortalität bzw. 0,4%igen Morbidität einhergehen. Dem muss gegenübergestellt werden, dass eine Zidovudin-Therapie die perinatale Ansteckungsrate von mehr als 20% auf 2,6% absenkt. Schwangere HIV-positive Frauen sollten daher weiterhin mit Zidovudin (als Monotherapie oder in Kombination mit weiteren Nukleosidanaloga) behandelt werden.
Literatur Blanche, S., et al.: Persistent mitochondrial dysfunction and perinatal exposure to antiretroviral nucleosid analogues. Lancet 354, 1084– 1089 (1999). Morris, A. et al.: HIV nucleoside analogues: new adverse effects on mitochondria? Lancet 354, 1046–1047 (1999).
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