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- DAZ 10/2001
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Die Seite 3
Alle reden darüber - nicht alle meinen dasselbe: E-Commerce und Versandhandel, "Internetapotheke" oder "Online-Apotheke". Das wird gern in einen Topf geworfen, ist jedoch nicht identisch. Um die Bestellung via Internet und den anschließenden Transport per Päckchen in Deutschland zuzulassen, müsste zunächst das geltende Versandverbot aufgehoben werden, denn Arzneihandel geht nicht über das Netz. E-Commerce dagegen findet schon seit langem statt: Apotheken kommunizieren schon seit langem mit Großhändlern oder einzelnen Firmen, und bevor jemand auf die Idee kam, das als "B2B" (business to business) zu bezeichnen.
Diejenigen, die auf Versandapotheken schielen, tun dies in der Hoffnung auf Einsparungen. Andere Beweggründe gibt es nicht, denn bei der Arzneimittelsicherheit, Beratung und Logistik sind die Apotheken Spitze, unterstützt von einem Großhandel, der sein System perfektioniert hat. Wer soll das schlagen?
Das gilt auch für die virtuellen Einsparpotenziale, die im Vertrieb so nicht mehr vorhanden sind. Wenn Versandapotheken kommen sollten, müssten sie entweder unter denselben Bedingungen wie die öffentlichen arbeiten und auch preiswerte Packungen, bei deren Abgabe eine Apotheke keinen Gewinn erzielt, vorrätig halten, oder aber die Offizin dünnt ihr Leistungsspektrum aus und konzentriert sich ebenfalls nur auf das, was sich betriebswirtschaftlich rechnet. Das wäre allerdings die Aufgabe der prompten, flächendeckenden Vollversorgung mit dem umfassenden Arzneiangebot in Deutschland. Die dezentrale Rund-um-die-Uhr-Betreuung wäre dann passe.
Es ist offenkundig schwierig, die falsche Behauptung aus der Welt zu schaffen, nach Verlassen des Herstellerlagers verdoppele sich der Preis eines Arzneimittels. Einige Krankenkassenvertreter munitionieren so die Bundesgesundheitsministerin, Politiker und niedergelassene Ärzte. Funktionäre der Mediziner selbst werfen das gern in den Raum, auch wenn es durch Wiederholung nicht richtig wird.
Erstaunlich ist allerdings, wenn Vertreter der Industrie in diesem Zusammenhang Versandapotheken fordern. Kürzlich gipfelte das in der Bemerkung der Repräsentantin eines forschenden Unternehmens (siehe unseren Bericht auf Seite 19), die fehlende Apothekentreue könne gerade durch Versandeinrichtungen etwa durch Arzneimitteldokumentation gut bewerkstelligt werden - das Ganze in der Hand der Kassen. Das ist fast ein Affront gegen die Apothekerschaft.
Apothekentreue ist Realität. Es sind Pharmazeuten, die den Patienten am HV-Tisch individuell Hinweise mitgeben und für Fragen bereit stehen. In der Frage möglicher Einsparreserven müssen die Firmen ganz leise sein, schließlich beginnt alles damit, dass der Hersteller selbst bestimmt, welcher Preis ihm vorschwebt. Seit vielen Jahren ist der Anteil von Apotheken und Großhandel an den Vertriebskosten rückläufig, während der Anteil der Industrie und des Staates (über die Mehrwertsteuer) ständig steigt.
Die erste Frage, die am Anfang jeder Diskussion steht, ist die, ob Versandhandel via Internet für Patienten in Deutschland überhaupt wünschenswert ist. Es ist naiv, zu glauben, Internethandel mache an europäischen Grenzen Halt. Einige Beteiligte stellen sich vor, dass man beim Versand zum Beispiel aus den Niederlanden Identität und Qualität der Präparate kontrollieren könnte. Internet gibt es aber nicht nur für Deutsche oder Europäer, es ist ein weltweites Netz. Ist der alte Kontinent womöglich noch zu überblicken, gilt das für Bangladesch und Indien nicht. Wer will das hohe deutsche Sicherheitsniveau aufgeben? Nicht umsonst wurde das Versandverbot im Gesetz festgezurrt, offenkundig kann der Schutz der Gesundheit eben doch besser in Apotheken als anderswo gewährleistet werden.
Die Politik ist gut beraten, wenn sie über Einsparungen an anderen Stellen als gerade im Apothekensektor nachdächte. Die Vermeidung unkoordinierter Doppel- und Dreifachuntersuchungen beispielsweise. Internet als Informationsmedium nutzen? Selbstverständlich. Vorteile der neuen Medien wahrnehmen? Unbedingt: elektronisches Rezept und die elektronische Arzneimitteldokumentation in der Offizin forcieren - so wird ein Schuh daraus.
Vom unerfreulichen Thema zu etwas Erfreulichem: Sehen wir uns auf der Interpharm in Hamburg? Die Highlights decken ein großes Spektrum ab: Horizonte komplementärer Therapieformen, Allergien - neue Geißel der Menschheit, Angriff der Mikroben, Gentechnik, BSE oder die alternde Gesellschaft - das ist nur ein Ausschnitt. Sie haben die neue Bundesgesundheitsministerin noch nicht live gehört? Ulla Schmidt kommt und nimmt sich am 18. März Zeit.
Haben Sie sich schon angemeldet? Zu zweit oder mit mehreren macht Fortbildung mehr Spaß: Sprechen Sie doch eine nette Arbeitskollegin, einen Arbeitskollegen an, kontaktieren Sie ehemalige Kommilitonen oder ihre Mitstreiterinnen der PTA-Schule - oder kommen Sie als Apothekenleiter(in) mit einem Teil ihres Teams am Wochenende. Es lohnt sich! In dieser DAZ finden Sie das komplette Programm.
Susanne Imhoff-Hasse
Am Anfang steht der Abgabepreis des Herstellers
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