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Ein Apotheker "geht fremd": Würstl für Schmitt-Fans statt Antibiotika für K

PARTENKIRCHEN (lub). Hans-Werner Luxenburger sieht aus wie ein kanadischer Hundeschlittenführer bei minus 20 Grad: dick vermummt und eingewickelt in mindestens fünf Schichten warmer Klamotten, kälteresistente Stiefel und auf dem Kopf eine Mütze, die der Kälte keine Chance gibt.

Es ist noch zappenduster, als er seinen Arbeitsplatz betritt: ein roh zusammengezimmerter Stand, direkt am Ufer der eiskalten Partnach, der einzige Luxus: eine trübe Lampe und Holzlatten am Boden gegen die gröbste Kälte von unten. Luxenburger ist Apotheker und er weiß, was ihn heute erwartet, am 1. Januar des Jahres 2001: er wird acht Stunden lang verkaufen müssen und manchmal werden ihn seine Kunden beinahe über den Haufen rennen. Nein, nicht weil sein Aspirin besonders billig ist, sondern weil seine Ware besonders begehrt ist: Luxenburger verkauft nämlich beim berühmten Neujahrsspringen der Vierschanzentournee Würstl, Glühwein, Tee und wärmende Alkoholika! "Ich helfe meinen Verwandten hier an der Olympiaschanze!" erklärt Luxenburger der DAZ. Die Pernsteiners haben den Imbissstand direkt am Westeingang des Skistadions von Garmisch-Partenkirchen und der schnurrbärtige Pharmazeut ist mit der Schwester von Standlchef Alexander verheiratet. Hans-Werner führt normalerweise in Oberammergau die "Kofel-Apotheke" und freut sich alljährlich auf den Sondereinsatz im Umfeld von Martin Schmitt und Co.: "Das ist mal was ganz anderes", lacht der 39jährige, "ein Ausnahmezustand und sehr interessant!" Heiße Würstl mit Senf sind der Renner, den ihm die Skisprungfans vor allem in den Wettbewerbspausen schier aus den kalten Händen reißen. Aber, so Luxenburger, "verkaufen kann ich ja!" Seine oberbayerische Verwandtschaft scheint zufrieden mit seinen Verkaufskünsten - die Ware geht weg wie warme Semmeln.

Dienstbeginn ist gegen 7 Uhr früh - es muss viel aufgebaut und organisiert werden, das Zusammenspiel aller am Stand muss reibungslos klappen, um die hungrigen und durstigen Massen - bis zu 25 000 Besucher schauen Sven Hannawald oder Adam Malysz beim Springen zu! - fix bedienen zu können. "Da komm' ich schon mal ins Schwitzen", weiß Luxenburger und öffnet den Reißverschluss seiner äußersten Fliesjacke, "aber es macht riesigen Spaß!" Ein paar Kunden aus seiner Oberammergauer Apotheke haben ihn schon entdeckt - hinterm dampfenden Wurstkessel, mit Senflöffel in der Hand: "Die haben natürlich gestaunt!" Vom Skispringen selbst kriegt der Würstl-verkaufende Apotheker kaum was mit: "Wir hören nur am Schreien, Stöhnen oder Jubeln, was passiert sein könnte!" Macht ihm aber wohl auch nichts aus - das Verkaufen ist schließlich das Wichtigste - und das scheint sich zu lohnen: "Das Neujahrsspringen ist ein gutes Geschäft für uns", berichtet Schwager Alexander Pernsteiner, "und da kann man einen Verkäufer gut gebrauchen, der nix extra kostet!" Luxenburger grinst und haut einem Norweger eine extra Portion Senf auf die Oberammergauer Brühwurst: "Guten Appetit!"

Ihm gefällt dieser Einsatz jenseits von Antibiotika und Co. - aber nach zwei Tagen in der Kälte am Fuße der Olympiaschanze von Partenkirchen freut er sich immer wieder auf seine Apotheke: "Da ist es einfach wärmer!" Und er hebt einen Becher Glühwein auf das Neue Jahr: "Am 31.12. steh ich wieder hier - kommen Sie vorbei, dann bekommen Sie von mir eine heiße Wurst serviert!" Danke, wir werden vorbeikommen!

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