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Arzneimittel und Therapie
Pädiatrie: Oligosaccharid-Nasenspray schützt nicht vor Mittelohrentzündung
Die akute Mittelohrentzündung ist eine der häufigsten Erkrankungen im Kleinkindalter und der Hauptgrund für den Einsatz von Antibiotika bei Kindern unter fünf Jahren. Bekannte Präventionsmaßnahmen, wie Entfernung der Rachenmandelwucherungen (Adenoidektomie) und Durchstechen des Trommelfells (Parazentese) mit Legen eines Paukenröhrchens oder die Impfung mit einem heptavalenten Pneumokokken-Konjugatimpfstoff, verringern die Häufigkeit akuter Mittelohrentzündungen nicht wesentlich.
Ein neuer Präventionsansatz beruht auf der Beobachtung, dass einer Mittelohrentzündung in der Regel eine Besiedelung des Nasenrachenraums (des nasalen Abschnitts des Rachenraums) mit ohrpathogenen Bakterien und häufig eine gleichzeitige Virusinfektion der Atemwege vorausgehen. Maßnahmen, die die Besiedelung mit ohrpathogenen Bakterien verringern, reduzieren daher wahrscheinlich auch die Häufigkeit akuter Mittelohrentzündungen.
So hemmt der Zuckeralkohol Xylitol sowohl das Wachstum als auch die Adhäsion von Pneumokokken an Epithelzellen. Als Kaugummi-Zusatz reduzierte Xylitol in einer finnischen Studie die Häufigkeit akuter Mittelohrentzündungen bei Kindern um 40%.
Anheften von Bakterien verhindern
Das Anheften von Bakterien an das Atemwegsepithel lässt sich vermutlich vor allem durch solche Substanzen verhindern, deren Struktur den Rezeptoren auf Atemwegs-Epithelzellen gleicht. Vielversprechende antiadhäsive Substanzen sind Oligosaccharide. Ein sialyliertes Pentasaccharid, die 3(- Sialyllacto-N-Neotetraose (NE-1530), wurde jetzt in einer Phase-II-Studie auf eine Schutzwirkung vor akuten Mittelohrentzündungen untersucht. NE-1530 ist ein natürlicher Inhaltsstoff der Muttermilch.
500 Kinder untersucht
Die randomisierte Doppelblindstudie fand in der Ambulanz eines Krankenhauses in Helsinki statt. 507 gesunde Kinder im Alter von 10 bis 24 Monaten nahmen teil. Die Eltern erhielten ein Nasenspray mit NE-1530 (n = 254) oder mit Plazebo (n= 253) zur zweimal täglichen Anwendung über drei Monate. Die Tagesdosis für NE-1530 betrug 8 mg. Zu Beginn sowie nach ein, zwei und drei Monaten, aber auch bei jeder akuten Erkrankung sollten die Kinder in der Ambulanz untersucht werden. Bei den monatlichen Untersuchungen wurde Nasenrachen-Sekret entnommen und auf Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae und Moraxella catarrhalis überprüft. In einem Tagebuch notierten die Eltern täglich Symptome und mögliche Nebenwirkungen der Behandlung. Primärer Endpunkt war die Häufigkeit einer ersten akuten Mittelohrentzündung, die in der Ambulanz festgestellt wurde. Sekundäre Endpunkte waren die Trägerraten für die drei untersuchten Bakterienarten.
Mindestens eine akute Mittelohrentzündung diagnostizierten die Studienärzte bei 108 Kindern mit NE-1530 (43%) und 86 Kindern mit Plazebo (34%). Rezidivierende Mittelohrentzündungen traten bei jeweils 13 Kindern auf. Die Erkrankung war in beiden Gruppen in den ersten 50 Tagen gleich häufig, danach in der Verum-Gruppe häufiger als in der Plazebo-Gruppe.
Streptococcus pneumoniae wurde zu Beginn in der Verum-Gruppe etwas häufiger im Nasenrachen-Sekret gefunden als in der Plazebo-Gruppe. Die Trägerrate blieb während der NE-1530-Gabe erhöht. Die Trägerraten für Haemophilus influenzae und Moraxella catarrhalis unterschieden sich nicht zwischen den Gruppen und wurden durch die Behandlung auch nicht beeinflusst. Die Nebenwirkungsprofile waren fast identisch; lediglich Schnupfen und Husten kamen in der NE-1530-Gruppe etwas häufiger vor.
Kein Schutz
NE-1530, zweimal täglich nasal verabreicht, schützte also nicht vor akuten Mittelohrentzündungen und senkte auch nicht die Trägerrate ohrpathogener Bakterien im Nasenrachenraum. Hierfür war die zu Beginn erhöhte Pneumokokken-Trägerrate in der Verum-Gruppe nicht verantwortlich, da akute Mittelohrentzündungen bei Kindern mit Pneumokokken-Nachweis etwa genauso häufig auftraten wie bei Kindern ohne.
Mögliche Gründe für die fehlende Schutzwirkung sind:
- unzureichende Wirksamkeit der Substanz (in Zukunft mehrwertige Oligosaccharide verwenden),
- zu niedrige Dosis,
- zu geringe Expositionszeit, kein dauerhaftes Reservoir (häufiger anwenden oder retardierte Arzneiform bzw. Gel mit verzögerter Clearance).
Quellen: Ukkonen, P., etal.: Treatment of acute otitis media with an antiadhesive oligosaccharide: a randomised, double-blind, placebo-controlled trial. Lancet 356, 1398-1402 (2000). Pelton, S.: Prevention of acute and recurrent otitis media. Lancet 356, 1370-1371 (2000).
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