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- DAZ 30/2001
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Arzneimittel und Therapie
Standardchemotherapie und Trastuzumab: Deutlicher Nutzen für Brustkrebs-Patie
Bei 25 bis 30% der Frauen, die an einem Mammakarzinom erkranken, liegt eine Überexpression des HER2-Proteins (humaner epidermaler Wachstumsfaktor-Rezeptor 2) vor. Dies bedeutet einen agressiveren Krank-heitsverlauf, signifikant verkürzte krankheitsfreie Intervalle und eine verringerte Überlebenszeit.
Selektive Therapie mit Trastuzumab
Durch den Antikörper Trastuzumab (Herceptin) ist eine selektive Therapie möglich. Der humanisierte monoklonale Antikörper richtet sich gegen das HER2-Protein und blockiert dieses auf der Zelloberfläche, sodass die Zelle von den HER2-Proteinen keine Wachstumssignale mehr erhält. Ferner kann der Antikörper-Rezeptor-Komplex auf der Zelloberfläche von körpereigenen zytotoxischen T-Killerzellen angegriffen werden, wodurch die Tumorzelle zerstört wird. Der Antikörper hemmt das Tumorwachstum, wenn er als Monotherapeutikum verwendet wird, hat aber auch synergistische Effekte, wenn er mit anderen Chemotherapeutika (z. B. Cisplatin, Carboplatin, Doxetacel, Doxorubicin, Cyclophosphamid, Methotrexat und Paclitaxel) eingesetzt wird.
Standard versus Standard plus Trastuzumab
In einer mehrjährigen Phase-III-Studie wurde untersucht, ob die zusätzliche Gabe des Antikörpers zur Chemotherapie einen Nutzen für die Patientinnen aufweist. Dazu wurden 469 Patientinnen zwischen 25 und 73 Jahren mit fortgeschrittenem, metastasierendem Brustkrebs ausgesucht, bei denen eine Überexpression von HER2 vorlag. 234 Patientinnen erhielten eine Standardchemotherapie, bei 235 Patientinnen wurde neben der Standardchemotherapie zusätzlich Trastuzumab eingesetzt.
Primäre Studienendziele waren die Zeit bis zur Krankheitsprogression und die Inzidenz der Nebenwirkungen; sekundäre Studienziele waren die Ansprechrate und Dauer, bis die Therapie nicht mehr anschlug, die Zeit bis zu einem Fehlschlag der Behandlung und die Überlebensdauer. Um den Therapieerfolg bzw. den Krankheitsverlauf einschätzen zu können, wurden anfänglich in acht und später in zwölfwöchigen Abständen ausführliche Untersuchungen durchgeführt, in der auch die unerwünschten Wirkungen festgehalten wurden. Die Analyse der primären Studienziele wurde nach neun Monaten durchgeführt, die Überlebenszeit wurde nach 31 Monaten ermittelt.
Deutlicher Benefit dank Trastuzumab
Der Zusatz von Trastuzumab zur Standardchemotherapie brachte einen deutlichen Nutzen, der sich in folgenden Punkten niederschlug:
- Zeitspanne bis zur Krankheitsprogression; diese betrug in der Standardgruppe 4,6 Monate, in der Gruppe mit der Kombinationstherapie 7,4 Monate (p < 0,001).
- Ansprechrate auf die Therapie; diese lag bei der Standardtherapie bei 32%, bei der kombinierten Therapie bei 50% (p < 0,001).
- Ansprechdauer; die Therapie sprach unter dem Standardregime während 6,1 Monaten an, bei der kombinierten Therapie während 9,1 Monaten (p < 0,001).
- Todesrate nach einem Jahr; die lag bei der Standardtherapie bei 33% vs. 22% nach der kombinierten Therapie (p = 0,008).
- Mittlere Überlebenszeit; diese betrug nach der Standardtherapie 20,3 Monate, nach der kombinierten Therapie 25,1 Monate (p = 0,046).
Erhöhte Kardiotoxizität
Da Trastuzumab eine erhöhte Kardiotoxizität besitzt, wurde ein verstärktes Augenmerk auf die unerwünschten Wirkungen gelegt. Eine Therapie mit Anthracyclin, Cyclophosphamid und Trastuzumab führte bei 27% der Patientinnen zu kardialen Dysfunktionen; die Therapie mit Anthracyclin und Cyclophosphamid alleine verursachte bei 8% der Studienteilnehmerinnen kardiale Störungen. Bei Paclitaxel und Trastuzumab kam es in 13% aller Fälle, bei Paclitaxel alleine nur in 1% zu kardialen Nebenwirkungen. Die kardialen Dysfunktionen wurden als schwerwiegend und in einigen Fällen sogar als lebensbedrohend eingestuft, konnten aber durch eine entsprechende Therapie behoben werden. Ansonsten führte der Zusatz von Trastuzumab zu keinen weiteren oder gehäuft auftretenden unerwünschten Wirkungen.
Kastentext: Therapieschemata der Studie
- Standardchemotherapie: Anthracyclin (Doxorubicin 60 mg/m² Körperoberfläche oder Epirubicin 75 mg/m²) + Cyclophosphamid (600 mg/m²) jede 3. Woche für 6 Therapiezyklen oder - wenn bereits Anthracycline eingesetzt worden waren (Anthracycline können aufgrund ihrer kumulierenden Kardiotoxizität nicht beliebig oft verabreicht werden) - Paclitaxel (175 mg/m²) jede 3. Woche für 6 Therapiezyklen
- Standardchemotherapie plus Trastuzumab: Anthracyclin in der gleichen Dosis wie oben plus Trastuzumab (initial 4 mg/kg Körpergewicht, dann wöchentlich 2 mg/kg Körpergewicht), Paclitaxel in der gleichen Dosierung wie oben plus Trastuzumab (initial 4 mg/kg Körpergewicht, dann wöchentlich 2 mg/kg Körpergewicht).
Kastentext: Beurteilung der Wirksamkeit (WHO-Kriterien)
- Komplette Remission: Verschwinden aller vorhandenen Tumormanifestationen. Dieser Befund muss durch zwei Untersuchungen im Abstand von mindestens vier Wochen bestätigt sein.
- Partielle Remission: Eine Abnahme der Tumorgröße um 50% oder mehr; bestätigt durch zwei Untersuchungen im Abstand von mindestens vier Wochen. Die Bedingungen für diese Kategorie sind nur erfüllt, wenn keine neuen Läsionen auftreten.
- Stabile Erkrankung: Keine signifikante Änderung über einen Zeitraum von mindesten vier Wochen. Dies schließt eine Stabilisierung ein, eine Abnahme um weniger als 50% oder eine Zunahme der Läsionen um weniger als 25%. Neue Läsionen dürfen nicht auftreten.
- Progression: Auftreten neuer, vorher nicht identifizierter Läsionen oder eine Zunahme der vorhandenen Läsionen um 25% oder mehr.
Literatur: Slamon, D., et al.: Use of chemotherapy plus a monoclonal antibody against HER2 for metastatic breast cancer that overexpresses HER2. N. Engl. J. Med. 344, 783 - 792 (2001). Eisenhauer, E.: From the molecule to the clinic - Inhibiting HER2 to treat breast cancer. N. Engl. J. Med. 344, 841 - 842 (2001).
Der Zusatz von Trastuzumab zu einer Standardchemotherapie bringt bei Brustkrebs mit einer Überexpression von HER2 einen deutlichen Nutzen. Der Benefit schlägt sich unter anderem in einem verlangsamten Krankheitsverlauf, einer gesenkten Todesrate nach einem Jahr und einen längeren Überlebensdauer nieder.
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