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- AZ 18/2002
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Kommentar
Ernst, aber nicht hoffnungslos
Jetzt ist es erklärter Wille: der Versandhandel mit Arzneimitteln soll kommen - sagt die derzeit amtierende Gesundheitsministerin. Klar und deutlich hat sie es formuliert und der von ihr initiierte Debattierclub, genannt "Runder Tisch", mit Mehrheit abgesegnet gegen das Votum der Apotheker und Zahnärzte. Die Medien haben sich auf diese Meldung gestürzt mit dem Unterton, jetzt würden endlich die alten Zöpfe der Apotheker, die eh nur Umsatzverluste befürchten, abgeschnitten, und für den Patienten beginne die schöne neue bequeme Welt: Endlich Arzneimittel vom Postboten, welch ein Fortschritt! Manche suggerierten sogar voreilig, der Versandhandel werde noch vor der Bundestagswahl eingeführt. Viel Wunschdenken, viel Halbwissen.
Fakt ist: Der Arzneiversandhandel ist derzeit in Deutschland verboten. Nur eine Gesetzesänderung und keine Empfehlung eines Runden Tisches kann dies ändern. Die Bundesregierung hat sich zwar der Empfehlung des Runden Tisches folgend für das Verschicken von Arzneipäckchen ausgesprochen, gleichzeitig jedoch auch - auf Insistieren der ABDA - die restriktiven Rahmenbedingungen akzeptiert, unter denen ein etwaiger Versand nur möglich sein kann, nämlich Verkehrsfähigkeit der Arzneimittel und Pharmakovigilanz nach dem deutschen Arzneimittelgesetz, die volle und verständliche Patienteninformation in deutscher Sprache, keine Rosinenpickerei der Versandhändler, Zertifizierung, Qualitätssicherungssysteme, Beachtung der Vorschriften der Arzneimittelpreisbildung und vieles mehr.
ABDA-Präsident Friese sprach angesichts dieser Voraussetzungen für den Versandhandel von der "Quadratur des Kreises". In der Tat: wenn ein potenzieller Versandhändler alle diese Voraussetzungen erfüllen muss, dann wird ihm das Versenden schnell vergehen. DocMorris jedenfalls hätte unter diesen Vorgaben keine Chance mehr, die "Zulassung" als Arzneiversender zu bekommen. Also: alles halb so schlimm? Jein. Es stehen viele Unwägbarkeiten im Raum, zumal dies alles nur Empfehlungen sind. Was wird diese oder eine andere Regierung letztendlich zum Gesetz machen? Hält sie sich an Empfehlungen oder war alles nur heiße Luft? Die Lage bleibt ernst, aber nicht hoffnungslos.
Peter Ditzel
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