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- AZ 49/2002
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Kommentar
Kritik an der ABDA: "Standesorganisation muss auf den Prüfstand"
Dr. Krauss begründete seinen Antrag mit folgenden Argumenten: So sei man mit den Leistungen der Person des ABDA-Präsidenten, Herrn Friese, nicht zufrieden. Krauss spielte damit auf das gestörte Verhältnis zwischen Friese und Gesundheitsministerin Schmidt an. Auch die Öffentlichkeitsarbeit der Standesorganisation sei mangelhaft. Nach Ansicht des Delegierten war zudem der Kauf des Hauses eine Fehlinvestition. Dr. Krauss: "Wenn man Schulnoten für die Leistungen der ABDA vergeben müsste, so wären die im untersten Drittel angesiedelt."
Mangelnde Leistungen der ABDA
In der diesem Diskussionspunkt vorangegangenen Debatte um die Neuregelung der Rabatte war ein solch konkretes Leistungsdefizit deutlich geworden. So hatte Rechtsanwalt Ulrich Laut darauf hingewiesen, dass die Rechtslage bei der Ermittlung der Höhe der Rabatte deswegen problematisch sei, weil man dazu Daten gegenüber der Pharmaindustrie bzw. gegenüber dem Großhandel offen legen müsste: "Dies ist kein hessisches Problem, sondern ein bundesrepublikanisches. Da hätte ich mir schon eine Hilfestellung seitens der ABDA gewünscht!"
Beitragszahlungen an die ABDA gekürzt
Offensichtlich teilte die Mehrheit der Delegierten die Meinung über die mangelnden Leistungen der Standesorganisation, denn der Antrag, die Beitragszahlungen für die ABDA um die Hälfte zu kürzen, wurde bei einer Gegenstimme und vier Enthaltungen von 20 Befürwortern angenommen. Lediglich eine Einschränkung wurde in den Antrag zusätzlich aufgenommen: Das Geld, das zurückgehalten wird, soll mit einem Sperrvermerk im Haushalt "geparkt" werden. Sobald ein "turn around" bei der Arbeit der ABDA erkennbar ist, wäre es somit auch möglich, den ausstehenden Betrag problemlos zu überweisen.
Im Verlauf der Diskussion wurden Stimmen laut, die eine "Zertifizierung der ABDA" forderten, bzw. es wurde die Ansicht vertreten, dass die "Standesorganisation auf den Prüfstand" müsse. Nachdem sich der Delegierte Dr. Dieter Steinbach dagegen aussprach, mit Geldkürzungen auf die mangelnden Leistungen der Standesorganisation zu reagieren und einwarf, man solle die ABDA als "die Mehrheit der Mitgliedsorganisationen begreifen und folglich mit einer qualifizierten Mehrheit Veränderungen erreichen", äußerte ein Delegierter die Meinung, dass dieses Verhalten in demokratischen Organisationen durchaus sinnvoll sei, man aber bei der ABDA im Hinblick auf das Demokratie-Verständnis Zweifel haben könne. Einigkeit herrschte jedoch in der Frage, dass es auch in der Öffentlichkeit ein falsches Signal wäre, aus der Standesorganisation auszutreten.
Rechtsanwalt Ulrich Laut wies darauf hin, dass die ABDA ein nicht eingetragener Verein sei und somit als Reaktion auf die zurückgehaltenen Beiträge rein rechtlich gesehen ein "Rauswurf" der hessischen Landesapothekerkammer ebenso möglich sei, wie eine Klage. Kammerpräsidentin Dr. Gabriele Bojunga zeigte sich von der Möglichkeit des Rauswurfs allerdings wenig beeindruckt: "So lange die in Berlin noch die Hälfte der Gelder bekommen, werden sie das nicht tun!"
Mehr Transparenz gefordert!
Bojunga forderte im Hinblick auf die Beitragsgelder "Finanztransparenz": Denn wir sind dem hessischen Sozialministerium gegenüber verpflichtet, nachzuweisen, dass die Gelder, die auf Bundesebene eingesetzt werden, auch im Sinne der Landesebene nützlich sind." Die Forderung des Sozialministeriums sei schon einmal gestellt worden und die ABDA sei dieser Forderung bis heute noch nicht nachgekommen. Die Präsidentin machte deutlich, dass sie in dieser Frage nicht nachgeben werde und auch in Sachen Öffentlichkeitsarbeit bei ihrem nächsten Berlin-Besuch Rechenschaft erwarte.
Grundsätzlich zeigten sich die Delegierten über die Höhe der Abgaben von 29,07 Prozent, die an die Standesorganisation abgeführt werden, unzufrieden. Obwohl direkte Vergleiche u.a. wegen anderer Mitgliederzahlen kein optimaler Maßstab seien, verwies die Präsidentin darauf, dass beispielsweise die Ärzte lediglich acht Prozent, die Zahnärzte nur 15 Prozent und die Tierärzte ebenfalls nur 16 Prozent an ihre Standesorganisationen abgeben.
Eine Änderung der Beitragsordnung wurde auf der Versammlung ebenfalls beschlossen. War bisher die Anzahl der in der Apotheke beschäftigten Personen die Grundlage, auf der die einzelnen Beiträge berechnet wurden, so soll dies nun auf der Basis des Umsatzes geschehen. Dieses System, das in den restlichen Bundesländern schon länger praktiziert wird, dient nach Überzeugung der Befürworter insbesondere der Entlastung der kleineren Apotheken, die in diesen politisch schwierigen Zeiten ums Überleben kämpfen. Rechtsanwalt Laut verwies darauf, dass es bei dieser Änderung nicht darum gehe, insgesamt mehr Einnahmen zu erzielen, sondern dass es sich lediglich um eine Umverteilung der Beiträge zugunsten von mehr Gerechtigkeit handle: "Wenn wir uns tatsächlich verrechnet haben, dann werde ich das zusätzliche Geld zurück überweisen", versprach der Jurist.
"Sturmtief Ulla"
In der beiden Beschlüssen vorausgegangenen Diskussion um die Folgen der von "Sturmtief Ulla" eingeleiteten Maßnahmen wurde auch auf die gesamtvolkswirtschaftlichen Schäden auf der Grundlage der von der Treuhand Hannover ermittelten Zahlen hingewiesen. So erwartet die Steuerberatungsgesellschaft aufgrund der für Apotheken prognostizierten Gewinnrückgänge folgende Steuerverluste: 230 Millionen Euro Umsatzsteuer, 200 Millionen Gewerbesteuer und 450 Millionen Euro Einkommensteuer. Die Summe der Steuerverluste würde sich demnach auf 880 Millionen Euro belaufen. Erweitert man das Szenario um den Punkt "Entlassungen" und bezieht beispielsweise u.a. den Rückgang der Sozialabgaben bzw. den Zusatzaufwand für die Arbeitslosengelder mit ein, dann muss mit einem volkswirtschaftlichen Schaden von 1,170 Milliarden Euro gerechnet werden.
Streik?
In der Frage, inwieweit ein Streik sinnvoll sei, herrschte eine gewisse Unsicherheit. So waren etliche der Delegierten der Ansicht, dass man auf keinen Fall "die letzten unserer Verbündeten, die Patienten" vergraulen sollte. Abgesehen von Rechtsfragen, die mit einem Streik verbunden sind, wurde von Dr. Hans Rudolf Diefenbach auf die zu befürchtende Unsolidarität der Apotheker untereinander hingewiesen: "Die Solidarität darf nicht an der Ladenkasse enden."
Eine Idee, die zwar nicht zuende diskutiert wurde, die aber weitgehend positive Resonanz fand, bestand darin, sich örtlich abzusprechen und die Apotheken stundenweise gestaffelt geöffnet zu halten. Gleichzeitig sollte auf einem Platz eine Versammlung stattfinden, anlässlich derer den Kunden die Situation der Apotheker erläutert wird. Im Sinne einer funktionierenden Öffentlichkeitsarbeit sollte auch das positiv besetzte Wort "Rabatt" durch "Zwangsabgaben" ersetzt werden.
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