Rechtsprechung aktuell

Apothekengesetz: Unzulässige Zusammenarbeit zwischen Arzt und Apotheker

Die Mitbelieferung von Individualrezepten bei der Anforderung von Praxisbedarf durch einen Apotheker ist als unzulässige Vereinbarung auf Zuweisung von Verschreibungen gemäß § 11 Apothekengesetz zu werten. Zur Überprüfung, in welchem Umfang Verschreibungen aus einer bestimmten Arztpraxis in den Apotheken jeweils eingelöst worden sind, können anonymisierte Listen der Krankenkassen herangezogen werden. (Apotheker-Berufsgericht Niedersachsen, Urteil vom 8. November 2000, Az.: BG 3/00)

Der beschuldigte Apotheker betreibt am Stadtrand, in ca. 5 km Entfernung zu einer im innerstädtischen Bereich liegenden Arztpraxis für Gefäßchirurgie, seine Apotheke. Der Arzt dieser Praxis bezieht seinen Praxisbedarf aus der Apotheke des Beschuldigten. In dem Gebäude der Arztpraxis befindet sich eine Apotheke, weitere Apotheken sind im näheren Umfeld angesiedelt.

Aufgrund von anonymisierten Listen der AOK ergab sich, dass der ganz überwiegende Anteil des vom Arzt aufgrund von Individualrezepten verordneten hochpreisigen Arzneimittels "Prostavasin" in der Apotheke des Beschuldigten eingelöst worden ist. Die im Haus der Arztpraxis gelegene Apotheke erzielte mit diesem Arzneimittel einen Umsatz, der vergleichsweise weniger als 10% des Umsatzes des Beschuldigten betrug. Nach Überzeugung des erkennenden Gerichts hat sich der beschuldigte Apotheker einer Berufspflichtverletzung schuldig gemacht, indem er mit dem Arzt stillschweigend Absprachen traf, die die Zuführung von Überweisungen zum Gegenstand hatten.

Angesichts der Tatsache, dass sich im Praxisgebäude eine Apotheke befinde und die Apotheke des Beschuldigten 5 km entfernt liege, sei die Rezepteinlösung nur so erklärbar, dass direkt aus der Arztpraxis Rezepte in die Apotheke des Beschuldigten gelangt seien. Auch sei gänzlich unglaubhaft, dass die Patienten, die aus einem weiten Umkreis die Praxis des Arztes aufsuchten, aufgrund der angeblich verkehrsgünstigen Lage die Apotheke des Beschuldigten wählten, denn nur eine einzige Zufahrt führe an dessen Apotheke vorbei und in unmittelbarer Umgebung seien weitere vier Apotheken angesiedelt. Hinzu komme, dass fast ausschließlich Prostavasin-Verordnungen in der Apotheke des Beschuldigten eingelöst worden seien.

Indem der Beschuldigte Rezepte für Prostavasin mit der Anforderung des Praxisbedarfs mitbelieferte, habe er stillschweigend mit dem Arzt eine Vereinbarung getroffen und damit gegen § 11 Apothekengesetz verstoßen. Der Leistungswettbewerb zwischen den Apotheken werde in wettbewerbswidriger Weise verfälscht, wenn ein Arzt, abgesehen von hier nicht vorliegenden Notfällen, auch aus Freundlichkeit oder Hilfsbereitschaft gegenüber kranken, alten oder gehbehinderten Patienten die von ihm ausgefüllten Rezepte unmittelbar zur Auslieferung an die Patienten übergebe. Es wurde daher eine Geldbuße in Höhe von DM 30 000,00, welche sich an der Gewinnabschöpfung orientierte, verhängt.

Kastentext § 11 Apothekengesetz

Erlaubnisinhaber und Personal von Apotheken dürfen mit Ärzten oder anderen Personen, die sich mit der Behandlung von Krankheiten befassen, keine Rechtsgeschäfte vornehmen oder Absprachen treffen, die eine bevorzugte Lieferung bestimmter Arzneimittel, die Zuführung von Patienten, die Zuweisung von Verschreibungen oder die Fertigung von Arzneimitteln ohne volle Angabe der Zusammensetzung zum Gegenstand haben.

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