Wirtschaft

Apotheken 2001 – Der Wirtschaftsbericht

Die Wirtschaftsdaten für die Apotheke im Jahr 2001 belegen es erneut: die Apotheke ist kein Kostentreiber in der Gesetzlichen Krankenversicherung. Dr. Frank Diener, Geschäftsführer der Abteilung Wirtschaft und Soziales der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände Ų ABDA, stellte auf einem Presseseminar für wirtschafts- und sozialpolitische Journalisten am 14. Mai 2002 in Berlin die aktuellen Zahlen zum Apothekenmarkt 2001 vor.

Erstmals seit vielen Jahren hat sich die Zahl der Apotheken in Deutschland verringert. Mit 21 569 gab es in Deutschland 23 Apotheken weniger als im Vorjahr (Abb.1). Dies mag, wie Diener hinzufügte, zwar prozentual ein geringer Anteil sein, man erwarte jedoch, dass sich dieser Trend auch im Jahr 2002 und später fortsetzen wird. Rund 3800 Einwohner versorgt eine öffentliche Apotheke in Deutschland im Durchschnitt. Der EU-Durchschnitt liegt hier bei 3300 Einwohnern.

Daraus lässt sich ablesen, dass, entgegen einiger Medienberichte, Deutschland im EU-Vergleich keine übersteigerte Apothekenzahl hat. In der Beratungs- und Servicequalität belegen die deutschen Apotheken absolute Spitzenplätze. Dies lässt sich nicht zuletzt auf die hohe Zahl an Apothekenmitarbeitern zurückführen. So nahm die Mitarbeiterzahl in Apotheken auch im vergangenen Jahr deutlich um nahezu 1000 Arbeitsplätze zu. Damit waren im vergangenen Jahr über 137 300 Menschen in öffentlichen Apotheken beschäftigt (Abb. 1). Nimmt man das Jahr 1992 als Vergleich, so wurden seit diesem Jahr über 15 000 Arbeitsplätze mehr geschaffen.

Mengenentwicklung, Struktur und Preise

Zur Mengenentwicklung abgegebener Packungen: Im Rahmen der Selbstmedikation gaben die deutschen Apotheken im Jahr 2001 mit 610 Millionen Packungen insgesamt 10 Millionen mehr Arzneimittel ab als ein Jahr zuvor (Abb.2). Die jahresdurchschnittliche Wachstumsrate betrug in den letzten Jahren rund ein Prozent.

Bei den Arzneimittelverordnungen hat sich 2001 die Zahl der Packungseinheiten von 960 auf 990 Millionen im vergangenen Jahr erhöht. Trotz höherer Einwohnerzahl ist die Zahl der von Ärzten verordneten Arzneimittelpackungen allerdings im Jahr 2001 um 20 Prozent niedriger als zu Beginn der 90er Jahre. Betrachtet man den Pro-Kopf-Arzneimittelverbrauch in der Europäischen Union, so stellt man fest, dass er zwischen 12 und 49 Packungen variiert, wobei Deutschland mit 19 Packungen eher im Mittelfeld liegt. Davon entfallen zwölf auf ärztliche Verordnungen und sieben auf die Selbstmedikation.

Zur Mengenstruktur: Von dem im vergangenen Jahr rund 1600 Millionen Packungen entfallen 62 Prozent auf den Verordnungsmarkt, wobei 44 Prozent der Arzneimittelabgaben auf die Verordnung rezeptpflichtiger und 18 Prozent auf die Verordnung apothekenpflichtiger rezeptfreier Arzneimittel entfallen (Abb.3).

Im Bereich der Selbstmedikation entfallen 35 Prozent der Arzneimittelabgaben auf die Abgabe apothekenpflichtiger, rezeptfreier Arzneimittel und drei Prozent auf die Selbstmedikation mit frei verkäuflichen Arzneimitteln. Damit macht die Selbstmedikation im Durchschnitt rund 38 Prozent aller Medikationsvorgänge aus – ein Volumen, das, wie Diener anmerkte, nicht ignoriert werden kann. Dies sei auch ein Grund dafür, warum die ABDA einen Arzneimittelpass wolle, der die Gesamtmedikation und nicht nur die ärztlichen Verordnungen beinhalte.

Die Preisentwicklung bei den Arzneimitteln gestaltete sich mit plus 1% im vergangenen Jahr moderat. Legt man das Preisniveau des Jahres 1992 mit dem Indexwert von 100 zu Grunde, so erreichte das vergangene Jahr einen Wert von 96,6 (Abb.4).

Betrachtet man hingegen den Lebenshaltungskostenindex, stellt man eine völlig andere Entwicklung fest. Dieser ist in den letzten zehn Jahren kontinuierlich angestiegen und hat mittlerweile einen Indexwert von 118,5 erreicht. Die Schere zwischen diesen Indizes klafft von Jahr zu Jahr weiter auseinander. Diener wörtlich: "Länder, die erfolglos am Arzneimittelvertrieb experimentieren, beneiden uns darum."

Umsatz und Umsatzstruktur

Der Gesamtumsatz der Apotheke ist im Jahr 2001 um 7,5% auf 29,3 Mrd. Euro gestiegen (Abb.5). Unter Gesamtumsatz der Apotheke versteht man dabei alle Arzneiverordnungen für gesetzlich und privat krankenversicherte Personen, die komplette Selbstmedikation sowie die kompletten Umsätze mit Hilfsmitteln und mit Produkten aus dem apothekenüblichen Ergänzungssortiment.

Betrachtet man die Umsatzstruktur so dominiert hier eindeutig der Verordnungsmarkt mit insgesamt 79,5%, wobei er sich zusammensetzt aus der Verordnung von rezeptpflichtigen Arzneimitteln (69,5%) und apothekenpflichtigen rezeptfreien Arzneimitteln (10%). Der restliche Bereich des Gesamtumsatzes setzt sich in erster Linie aus dem Bereich OTC zusammen. Zu nennen sind hier 12,5% apothekenpflichtige rezeptfreie Arzneimittel, 1,5% freiverkäufliche Arzneimittel, 3% Ergänzungssortiment und 3,5% Medicalprodukte. Dieser OTC-Bereich macht also insgesamt rund 20,5% des Apothekenumsatzes aus (Abb.6).

Betriebswirtschaftliche Ergebnisse und die typische Apotheke

Eine Fortsetzung des Trends nach unten zeigen die betriebswirtschaftlichen Ergebnisse für 2001, die das Kölner Institut für Handelsforschung ermittelte. Für das gesamte Leistungsspektrum ist die Handelsspanne, also die Differenz zwischen Verkaufs- und Einstandspreisen bezogen auf den Bruttoumsatz von 27% in 2000 auf 26,7% in 2001 gesunken. Seit 1992 ist hier ein kontinuierlicher Rückgang festzustellen (Abb.7).

Bei den Gesamtkosten einschließlich des kalkulatorischen Unternehmerlohns sowie der Zinsen für das eingesetzte Eigenkapital kommt man im Jahr 2001 auf eine Größe von 25,3% der Bruttoumsätze. Aus der Differenz von Handelsspanne und Gesamtkosten ergibt sich die Umsatzrendite, bezogen auf den Bruttoumsatz, die 2001 bei 1,4% lag und damit 0,4 Prozentpunkte über dem Wert von 2000.

Was bedeutet dies nun für eine typische Apotheke? Die ABDA hat sich bei dieser Betrachtung seit 1992 dafür entschieden, die typische Apotheke anhand des häufigsten Wertes abzubilden. Damit gelingt eine Darstellung, die für eine möglichst große Zahl von Apotheken zutreffend ist. Die typische Apotheke liegt in Deutschland demnach in der Umsatzgrößenklasse von 0,75 bis 1 Million Euro (Abb.8). Da neben dieser Umsatzgrößenklasse ebenfalls stark besetzte Umsatzgrößenklassen liegen, ist diese Betrachtung geeignet, wie Diener hervorhob, die betriebswirtschaftliche Situation für eine sehr große Zahl der Apotheken sinnvoll abzubilden.

Die Daten im Einzelnen (Abb.9): Die typische Apotheke erzielte im Jahr 2001 einen Bruttoumsatz von 1 078 000 Euro. Von diesem Bruttoumsatz ist die gesetzliche Mehrwertsteuer abzuführen, im Jahr 2001 waren dies 149 000 Euro. Hier betonte Diener, dass sich gegenüber 1992 der Bruttoumsatz zwar um 30% erhöht hat, die Mehrwertsteuerabführung jedoch um satte 46%. Daran lässt sich erkennen, dass die 16-prozentige Mehrtwertsteuerbelastung der Arzneimittel weder in den europäischen Kontext noch zum deutschen Gesundheitswesen passt. Zieht man die Mehrwertsteuer vom Bruttoumsatz ab, gelangt man zum Nettoumsatz, der 2001 für die typische Apotheke bei 929 000 Euro lag. Der Wareneinsatz ist im vergangenen Jahr auf 641 000 Euro angestiegen. Zieht man diesen Betrag vom Nettoumsatz ab, gelangt man zum Rohertrag der Apotheke, für 2001 liegt er für die typische Apotheke bei 288 000 Euro. In den vergangenen zehn Jahren hat sich dieser Rohertrag um insgesamt knapp 24% erhöht.

Von dem Rohertrag sind die Personalkosten für die Angestellten abzuziehen. Bei dieser Rechnung des Instituts für Handelsforschung ist kein kalkulatorischer Unternehmerlohn eingerechnet. Die Personalkosten lagen im vergangenen Jahr bei 110 000 Euro. Im Vergleich zu 1992 sind diese Arbeitgeberkosten für das Apothekenpersonal mit 34% deutlich stärker als der Rohertrag der Apotheke gestiegen. Die sonstigen Kosten, zu denen die Kosten für Raum und Einrichtung, Fremdkapital, Zinsen, diverse Sachkosten, Gewerbesteuer usw. zählen, haben bei der typischen Apotheke im Jahr 2001 einen Betrag von 99 000 Euro erreicht. Zieht man Personal- und sonstige Kosten vom Rohertrag ab, gelangt man zum Einkommen vor Steuern, das demnach bei 79 000 Euro lag. Damit ist über den Gesamtzeitraum seit 1992 das zu versteuernde Einkommen um 11% angestiegen, was einer jahresdurchschnittlichen Rate von rund 1% entspricht.

Dieses Vor-Steuer-Einkommen des Apothekenleiters darf allerdings nicht mit einem Arbeitnehmer-Bruttogehalt verwechselt werden. Der Apothekenleiter muss auf dieses Einkommen nicht nur die Einkommensteuer abführen, sondern auch seine Absicherung für den Krankheitsfall, für die Berufsunfähigkeit sowie für die Altersvorsorge vollständig selbst finanzieren. Als Selbstständiger ist er nicht gegen Arbeitslosigkeit versichert und trägt persönlich das volle wirtschaftliche Haftungsrisiko für die Apotheke. Zugleich ist das zu versteuernde Einkommen Entgelt für das eingesetzte Eigenkapital und die Arbeitszeit des Apothekenleiters.

Der Marktpartner GKV

Ein Blick auf den Marktpartner Gesetzliche Krankenversicherung (GKV), dem größten Marktpartner der Apotheken. Von dem Gesamtumsatz von 29,3 Mrd. Euro (ohne Mehrwertsteuer) entfallen 69% auf die GKV (einschließlich Patientenzuzahlung). 55% der Packungsabgaben, also knapp 880 Millionen verordnete Arzneimittel, werden für die Versicherten der Gesetzlichen Krankenkassen getätigt (Abb.10).

Interessant ist eine Betrachtung der Wertschöpfungsanteile in der GKV-Arzneimittelversorgung, die sich 2001 weiter zu Gunsten der Industrie und zu Lasten der Vertriebsstufen verschoben haben. In der GKV-Arzneimittelversorgung ist die Handelsspanne, also der Wertschöpfungsanteil der Apotheken um 0,6 Prozentpunkte auf 19,4% zurückgegangen. Gegenüber 1978, dem Startjahr der Arzneimittelpreisverordnung, ist damit die Apothekenhandelsspanne in der GKV-Versorgung von 28,4% auf 19,4% zurückgegangen (Abb.11). Ein weiterer deutlicher Rückgang der Apothekenhandelsspanne ist für das Jahr 2002 vorprogrammiert wegen der Erhöhung des gesetzlichen Apothekenabschlages an die GKV von 5 auf 6%.

Rechnet man den Großhandelsanteil von 8,5% hinzu, ergaben sich im Jahr 2001 Gesamtvertriebskosten in der GKV-Versorgung von 27,9% – im Vergleich zu 1978 ebenfalls ein deutlicher Rückgang, denn damals lag dieser Anteil noch bei 37,9%. Stattlich ist dagegen die Zahl des Nicht-Vertriebsanteils bei den GKV-Arzneimittelausgaben, also der kumulierte Anteil der Industrie und des Staates, der 1978 bei 62,1% lag, im vergangenen Jahr auf 72,1% angestiegen ist. Zerlegt man die Wertschöpfungsanteile in ihre einzelnen Preissegmente, zeigen sich weitere interessante Aspekte (Abb.12). So fällt der Apothekenanteil von 29,3% im unteren bis auf 11,5% im oberen Preissegment.

Dies heißt: mit steigendem Preis steigen die Nicht-Vertriebskosten und dementsprechend fällt der Vertriebskostenanteil. Also gerade in den Preisbereichen, in denen Arzneimittelinnovationen eingeführt werden und in denen sich die so genannte Strukturkomponente abspielt, ist der Vertriebsanteil noch deutlich niedriger als im Durchschnitt. Diener schlussfolgerte daraus: "Wer die Diskussion um die Kosten der Arzneimittelversorgung auf eine Vertriebsdiskussion reduziert, verkennt die Gesamtsituation."

Die GKV-Versicherten haben im vergangenen Jahr 1,94 Mrd. Euro an Arzneikostenzuzahlung geleistet, also ebenso viel wie im Jahr zuvor (Abb.13). Relativ betrachtet ist dieser Patientenanteil in der GKV-Arzneimittelversorgung jedoch auf 10% gesunken. Denn: je nach Normpackungsgröße ist ein Patientenanteil von 4, 4,50 bzw. 5 Euro vorgesehen. Doch bezogen auf die Gesamtzahl der 880 Millionen Arzneimittelverordnungen in der GKV ist im Durchschnitt eine Patientenzuzahlung von nur 2,20 Euro je Verordnung angefallen. Und in jedem zweiten Fall sind die GKV-Rezepte komplett von dieser Zuzahlung befreit. Daran lässt sich erkennen, so Diener, dass die Politik zwar gern und vollmundig von verstärkter Mitverantwortung der Patienten rede, aber das Gegenteil davon tue. Vor diesem Hintergrund forderte Diener auf, eine Überprüfung der bestehenden Zuzahlungsregelungen dringend vorzunehmen.

Die GKV-Ausgaben für Arzneimittel stiegen im vergangenen Jahr um rund 10% auf 21,4 Mrd. Euro (Abb.14). Der Zuwachs erklärt sich durch die politisch gewollte Auflösung des Rationierungsstaus, der durch die seit 1993 andauernde Budgetierungsphase entstanden war.

Vor diesem Hintergrund rechnet man für das laufende Jahr mit einem deutlich geringeren Anstieg. Rechnet man allein die Monatsumsätze des 1. Quartals auf das Gesamtjahr 2002 hoch, ergibt sich ein Anstieg der GKV-Ausgaben von 1,4%. Ursache hierfür sind die Neuregelungen des Arzneimittelausgaben-Begrenzungsgesetzes, vor allem die Erhöhung des gesetzlichen Apothekenabschlages von 5 auf 6% ab 1. Februar 2002. Interessant auch ein Überblick über die vergangenen Jahre: seit 1992 sind die Arzneimittelausgaben der Gesetzlichen Krankenkassen damit im Jahresdurchschnitt um knapp 3% gestiegen, was im Vergleich zu der seitherigen Entwicklung der Gesamtausgaben der GKV unterdurchschnittlich ist.

Interessant ist die Frage, wie viel die Gesetzlichen Krankenkassen eigentlich für die Benutzung des Systems "öffentliche Apotheke" mit allen ihren Dienstleistungen ausgeben. Diener brachte es auf die Frage: "Wieviel Apothekenrohertrag steckt in den Arzneimittelausgaben der Gesetzlichen Krankenkassen?" Im Jahr 2001 war in den GKV-Arzneimittelausgaben ein Apothekenrohertrag von 4,15 Mrd. Euro enthalten (Abb.15). Dieses "Benutzungsentgelt" für die öffentliche Apotheke betrug 1992 bereits 3,76 Mrd. Euro, hat sich also im Gesamtzeitraum bis 2001 nur um insgesamt 10% erhöht. Stellt man dem die Zeitreihe für die Arzneimittelausgaben der Gesetzlichen Krankenkassen gegenüber, so sind diese von 16,6 Mrd. Euro im Jahr 1992 auf 21,4 Mrd. Euro im Jahr 2001 angestiegen. Ein Zuwachs, der mit fast 29% erheblich stärker ist als das Benutzungsentgelt für die Gesamtleistung aller öffentlichen Apotheken. Dieser Apothekenrohertrag von 4,15 Mrd. Euro entspricht – mathematisch zwingend – der Apothekenhandelsspanne von 19,4% in der GKV-Arzneimittelversorgung.

Diener kommentierte dies mit der Überlegung, dass jeder, der für einen geänderten Vertriebsweg für Arzneimittel plädiere, belegen sollte, dass das von ihm alternativ vorgeschlagene System mit insgesamt günstigeren Benutzungskosten auskommt. Denn eine neue Arzneimitteldistribution sei noch lange nicht als vorteilhaft begründet, wenn sie punktuell Arzneimittelproduktbereiche verbillige, sie müsste insgesamt die Gesamtzahl von 4,15 Mrd. Euro unterbieten. Von niemandem, der sich für den Versandhandel ausspreche, sind bisher solche Zahlen vorgelegt worden. Diener hierzu wörtlich: "Deshalb werden wir nicht müde zu fragen, wo die harten Daten und Fakten sind, die die Vorteilhaftigkeit eines Systemswechsels belegen. Dass man mit Rosinenpickerei einzelne Produkte billiger distribuieren kann, bestreitet niemand. Doch die Leistungsfähigkeit eines Systems ist am Gesamtergebnis zu messen und da ist unsere Performance nicht zu toppen!"

Die Benutzungskosten für das System "öffentliche Apotheke" lassen sich auch anhand der durchschnittlichen GKV-Arzneimittelpackung betrachten. Je GKV-Durchschnittspackung gerechnet ist der Apothekenrohertrag von 3,85 Euro im Jahr 1992 auf 5,30 Euro im Jahr 2002 gestiegen (Abb.16). Ein Zuwachs je Packung von 38% in neun Jahren. Stellt man dieser Zeitreihe den durchschnittlichen Packungspreis in der GKV-Arzneimittelversorgung gegenüber, so zeigt sich, dass diese von 16,12 Euro im Jahr 1992 auf 28,76 Euro im Jahr 2001 angestiegen ist, mithin ein Zuwachs von über 75%. Der Packungspreis wächst also, wie diese Zahlen zeigen, mehr als doppelt so stark wie der Apothekenrohertrag. Daraus lässt sich ableiten, dass nicht die Benutzung des Vertriebsweges Apotheke das Kernproblem in der Arzneimittelversorgung sein kann.

Die USA als Vorbild?

Immer wieder werden die USA als Vorbild für das Gesundheitswesen hingestellt. "Aber ist es das wirklich?" fragte Diener. Die Gesamtausgaben in Deutschland, also die Gesamtausgaben für ärztliche Verordnungen bei privat und gesetzlich Krankenversicherten einschließlich der kompletten Ausgaben für Selbstmedikationsarzneimittel sind in Deutschland von 20 Mrd. Euro im Jahr 1992 auf 28 Mrd. Euro im Jahr 2001 angestiegen, ein Zuwachs von 40% in neun Jahren (Abb.17).

Die Gesamtarzneimittelausgaben in den USA sind dagegen im gleichen Zeitraum von 67 Mrd. Euro auf 179 Mrd. Euro angestiegen, eine Zunahme um 167% in neun Jahren. Allein im vergangenen Jahr sind die Gesamtarzneimittelausgaben in den USA um 14% angestiegen, in Deutschland war der Anstieg nur halb so groß. Der Grund für dieses geradezu explosionsartige Ausgabenwachstum in den USA ist ebenso einfach wie zwingend, so Diener: Wer neben einen singulären Vertriebsweg weitere setzt, um Preisvorteile durch Vertriebskonkurrenz zu erzielen, muss jedem Vertriebsweg auch das Recht geben, mit dem Preisargument zu werben. Das heißt, mit der Vertriebsschienenvielfalt tritt unweigerlich etwas zutage, was die Amerikaner direct-to-consumer-marketing nennen. Wie sich ein solches Marketing volkswirtschaftlich äußert, zeigt das oben genannte Ergebnis.

Auch ein detaillierter Blick auf diese Zahlen lohnt sich: so sind die Ausgaben für OTC-Drugs, also die nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, in den USA von 13,6 Mrd. Euro im Jahr 1992 auf 23 Mrd. Euro angestiegen, ein Zuwachs von 70%. Die Ausgaben für Prescriptions-Drugs, also verschreibungspflichtige Arzneimittel sind in den USA von 53,6 Mrd. Euro im Jahr 1992 auf 156,3 Mrd. Euro im Jahr 2001 angewachsen (Abb.18). Allein im vergangenen Jahr war hier ein Zuwachs von 15,5% zu verzeichnen.

Dieners Fazit daraus ist eindrucksvoll:

  • In den USA betragen die gesamten Arzneimittelausgaben je Einwohner 628 Euro, in Deutschland 390 Euro, eine Differenz von 61% (Abb.19).
  • Die ärztlichen Arzneimittelverordnungskosten liegen in den USA bei 447 Euro, in Deutschland bei 330 Euro, eine Differenz von 36%.
  • Die Ausgaben für Selbstmedikation liegen in den USA bei 181 Euro, in Deutschland bei 60 Euro, eine Differenz von 202%.
  • Der durchschnittliche Preis einer ärztlich verordneten Arzneimittelpackung liegt in den USA bei 58 Euro, in Deutschland bei 29 Euro, eine Differenz von 100%.

Wer sich verantwortlich mit Pharmapolitik befasst, sollte diese Zahlen auf sich wirken lassen. Und er sollte, so Diener, das Kanzlerwort beachten: "Wer an den gewachsenen Strukturen etwas ändern will, muss zunächst beweisen, dass sich der Zustand danach für die Menschen verbessert."

Die Wirtschaftsdaten für die Apotheke im Jahr 2001 belegen es erneut: Die Apotheke ist kein Kostentreiber in der Gesetzlichen Krankenversicherung. Dr. Frank Diener, Geschäftsführer der Abteilung Wirtschaft und Soziales der ABDA, stellte auf einem Presseseminar in Berlin die aktuellen Zahlen zum Apothekenmarkt 2001 vor. 

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