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- DAZ 25/2002
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Arzneimittel und Therapie
Therapie mit Lipidsenkern: Neue Diskussion um Nebenwirkungspotenzial
Der Herzinfarkt ist nach wie vor die häufigste Todesursache in Europa. In Deutschland sterben pro Jahr etwa 175 000 Personen an arteriosklerotisch bedingten Erkrankungen der Herzkranzgefäße einschließlich des akuten Myokardinfarkts. Umso wichtiger ist eine rechtzeitig einsetzende Lipidsenkung mit einem modernen und sicheren Lipidsenker. Vor allem Hochrisikopatienten mit multiplen Gefäßschäden und Diabetiker profitieren von einer derartigen Therapie.
Nutzen ist gut belegt
Simvastatin ist mit den jetzt über sieben Jahre ausgewerteten Daten aus der mehr als 4000 Patienten umfassenden 4S-Studie [Scandinavian Simvastatin Survival Study, Lancet 344, 1383 – 1389 (1994)] das Statin mit der längsten kontrollierten Anwendungserfahrung. Die Ergebnisse dieser Studie – 42% Reduktion der koronaren Mortalität und 30% Reduktion der Gesamtmortalität – haben dazu geführt, dass Simvastatin auch zur Prävention schwerwiegender koronarer Ereignisse bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit und Hypercholesterinämie zugelassen worden ist. Diese Ergebnisse sind auch durch die Heart Protection Study an über 20 000 Patienten bestätigt worden.
Unterschiede in der Pharmakologie
Die zugelassenen Statine unterscheiden sich allerdings hinsichtlich ihrer pharmakologischen Charakteristika zum Teil deutlich voneinander. Die unterschiedlichen pharmakokinetischen Kenngrößen aber sind letztlich auch für eventuell auftretende Begleiterscheinungen verantwortlich.
Vor allem die in der Leber exprimierten Enzyme der Cytochrom-P-450-Familie (CYP-P-450) sind an der Verstoffwechselung verschiedener Statine beteiligt. Dies betrifft in erster Linie die aus Pilzen gewonnenen Statine Lovastatin und Simvastatin. Diese Wirkstoffe, aber auch Atorvastatin und das mittlerweile vom Markt genommene Cerivastatin, werden überwiegend über CYP3A4 metabolisiert.
Nachteilig wirkt sich hier aus, dass fast 50% der gegenwärtig in der klinischen Praxis eingesetzten Medikamente ebenfalls über dieses Enzym abgebaut werden. Hierzu gehören Substanzen wie Ciclosporin A, Erythromycin, Midazolam, Nifedipin, Verapamil oder Amiodaron. Je mehr Wirkstoffe über diesen Stoffwechselweg abgebaut werden, umso langsamer können einzelne Substanzen aus dem Körper eliminiert werden. Die Gefahr gefährlicher Nebenwirkungen, wie Myopathien, steigt. Bei gleichzeitiger Anwendung von Statinen wie Simvastatin und anderen Substanzen, die über dasselbe Enzymsystem (CYP3A4) in der Leber metabolisiert werden, ist daher besondere Sorgfalt bezüglich der Dosierung geboten.
Bei Kombination vorsichtig dosieren
Nach neuesten Erkenntnissen scheint das Risiko für eine Myopathie mit Simvastatin 80 mg bei gleichzeitiger Therapie mit Amiodaron, einem Antiarrhythmikum der Klasse III, erhöht zu sein. In einer laufenden klinischen Prüfung in England wurden bei sieben der Patienten, die gleichzeitig Amiodaron und Simvastatin 80 mg eingenommen hatten, Zeichen einer Myopathie beobachtet.
Die Firma MSD Dieckmann Arzneimittel GmbH empfiehlt daher jetzt, bei gleichzeitiger Anwendung mit Amiodaron eine Dosis von 20 mg Simvastatin nicht zu überschreiten. Bei bestehender Kombinationstherapie von Amiodaron und Simvastatin wird empfohlen, die Therapie mit Amiodaron beizubehalten und die Dosis von Simvastatin auf maximal 20 mg/Tag zu beschränken.
Generell sollten Patienten, die eine Therapie mit Simvastatin beginnen, über das Risiko einer Myopathie aufgeklärt und aufgefordert werden, unklare Muskelschmerzen, -empfindlichkeiten oder -schwäche umgehend mitzuteilen. Ein Creatininkinase-Spiegel über dem Zehnfachen des oberen Normwertes sowie unklare Muskelschmerzen zeigen eine Myopathie an.
Fluvastatin ist gut kombinierbar
Besser kombinierbar soll nach einer Pressemitteilung der Novartis AG dagegen der CSE-Hemmer FluvastatinFluvastatin sein, ein synthetisches Statin. Es wird zwar ebenfalls über Enzyme aus der Cytochrom-P-450-Familie metabolisiert, das entscheidende Enzym ist aber CYP2C9. Daher kann man Fluvastatin nach Angabe von Novartis mit Arzneimitteln kombinieren, die über CYP3A4 eliminiert werden, und damit mit dem Großteil der in der Praxis gebräuchlichen Medikamente. Zusätzlich soll die Retardgalenik für die Dosierung von 80 mg für eine kontrollierte Wirkstofffreisetzung sorgen und hohe Plasmaspiegel vermeiden.
Dies wird nach Aussage von Novartis durch die Analyse von Daten von fast 9000 Patienten unterstrichen, welche erst kürzlich publiziert worden sind. Ausgewertet wurden dabei die Daten von Patienten, die entweder Plazebo, oder den CSE-Hemmer Fluvastatin in der Dosierung von 20 mg, 40 mg oder 80 mg in der Retard-Formulierung erhalten hatten. Dabei sollen Erhöhungen der Creatin-Phosphokinase (CPK) als Hinweis auf eine Myopathie insgesamt selten gewesen und nicht häufiger aufgetreten sein als unter der Plazebo-Behandlung. hel
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