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Intrigen auf höchster Ebene? Interview mit der LAK-Präsidentin Karin Wahl

STUTTGART (ri). Bei der Vertreterversammlung am 4. Juli dieses Jahres verkündete die Präsidentin der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg, Karin Wahl, dass sie mit dem Ablauf ihrer Amtsperiode am 26. September 2002 die Präsidentschaft niederlege. Dabei äußerte sich die als sehr engagiert geltende Apothekerin kritisch über den Arbeitsalltag in der Landesapothekerkammer und in der praktischen Berufspolitik. Wir sprachen mit der Präsidentin über ihre Beweggründe, nicht mehr zu kandidieren.

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Frau Wahl, nachdem Sie ankündigten, nicht mehr als Kandidatin für das Präsidentenamt für weitere vier Jahre zur Verfügung zu stehen, haben Sie auch Vorwürfe bezüglich der Arbeitsweise in der Landesapothekerkammer erhoben. Sie sprachen von Strukturen, die nicht zu verändern seien, und bemängelten eine fehlende Streitkultur. Statt dessen seien Sie mit verdeckten Handlungen, Gerüchten und Intrigen konfrontiert und somit regelrecht gemobbt worden. Bitte erläutern Sie diese Vorwürfe.

Wahl:

Ich möchte Ihnen ein konkretes Beispiel nennen: Mir wurde vorgeworfen, dass ich im Zusammenhang mit dem Kauf des neuen Kammergebäudes Villastraße 1 Gelder veruntreut hätte. Das wurde auf der Bundesebene verbreitet, als wir kurz vor den Wahlen zum Vorstand der BAK standen. Ich war schockiert über das Gerücht. Damals konnte ich in einem an alle anderen Präsidenten gerichteten Brief das Gerede widerlegen. Mir wurde dann von einem hohen Prozentsatz der Kollegen das Vertrauen bei der BAK-Vorstandswahl ausgesprochen, sodass die Rechnung derjenigen, die das Gerücht in Umlauf gesetzt haben, nicht aufging. Aber man weiß ja, dass bei solchen Gerüchten immer etwas hängen bleibt. Erst vor vierzehn Tagen wurde ich auf Bundesebene wieder darauf angesprochen. Aktuell geht das Gerücht um, ich hätte Sozialminister Repnik instrumentalisiert, weil dieser in Berlin im Zusammenhang mit der Apothekengesetzesnovelle gegen einen von mir selbst sehr stark unterstützten Kompromiss zwischen ABDA und ADKA gestimmt hat. Es ist völlig absurd, aber mit dieser Verleumdung will man mir unterstellen, dass ich zwei Gesichter habe, etwa nach dem Motto, vorneherum macht sie sich für die Annäherung an die ADKA stark und hintenherum ist sie dagegen. Wer mich kennt, weiß, dass das völliger Quatsch ist und ich über Minister Repniks Absichten überhaupt nicht informiert war. Ein weiteres Beispiel: Offensive Öffentlichkeitsarbeit wurde mir als selbstbezogener Aktionismus unterstellt. Ohne zu wissen, wie die Medien funktionieren, haben die Kritiker ignoriert, dass wir mit einer starken Medienpräsenz viele Themen der Apothekerschaft transportieren konnten.

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Ihre Beziehung zum LAK-Vorstand war allem Anschein nach äußerst problematisch. Wie beurteilen Sie die Rolle des Vorstandes?

Wahl:

Große Teile des Vorstandes wollten mich kontrollieren. Denen war ich zu unbequem, ich habe ein Arbeitstempo vorgelegt, das nicht nur im Vorstand als störend empfunden wurde. Man hätte es gerne ein wenig geruhsamer gehabt – und das bei den gegenwärtigen Problemen der Apothekerschaft. Die Kontrollversuche gingen sogar so weit, dass ich nicht mehr spontan Interviews geben sollte. Ich hätte nach den Vorstellungen mancher Vorstände zuerst eine Genehmigung einholen sollen. "Der Vorstand führt die Geschäfte", wurde mir auch bei dringlichen Angelegenheiten vorgehalten, obwohl ich satzungsgemäß die Entscheidungsmacht für eilige Vorgänge habe. So kann das ja wohl nicht gehen. Als ich dann dem Vorstand anbot, die Anzahl der Sitzungen zu erhöhen, um einen intensiveren Gedankenaustausch zu fördern, wurde dieser Wunsch mehrheitlich abgelehnt. Hinzu kommt auch die Größe des Vorstandes: 13 Personen. Dabei zeigen Untersuchungen wie die von Simon Garrod, Professor für Psychologie an der Universität von Glasgow, dass Gruppen ab sieben Personen unübersichtlich werden und dadurch in der Zusammenarbeit oder bei Abstimmungen deutlich seltener Einmütigkeit erzielt werden kann. Der Vorstand hat aber mehrheitlich abgelehnt, sich von der Vertreterversammlung verkleinern zu lassen. – Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit bei denjenigen Vorstandskolleginnen und -kollegen bedanken, die mich zu jeder Zeit aktiv unterstützt haben. Die gab’s nämlich auch.

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In der Vertreterversammlung wurde auch heftig über das Thema "Sponsoring" gestritten. Sie setzten sich für die Möglichkeit des Sponsoring ein. Warum?

Wahl:

Ganz einfach deshalb, weil wir sonst mit unseren Mitteln etliche Aktionen, auch in der Aus-, Fort- und Weiterbildung, nicht mehr durchführen können. Oder wir belasten die Geldbörsen der Mitglieder noch mehr und erhöhen die Beiträge. Das will ja wohl niemand. Der Sponsoring-Streit ist ein Beispiel dafür, wie interessierte Kreise gezielt Unruhe verbreiten. Da hat es diesen Kreisen nämlich nicht gepasst, dass wir bei der vom Südwestrundfunk organisierten überaus erfolgreichen Radtour "Tour de Ländle" unter dem Präventionsgedanken mit eingestiegen sind und nicht sie. Der Neidfaktor spielt dabei eine große Rolle. Aber zur Sache: Zwei Firmen haben uns angeboten, diese Aktion, die den Apothekerinnen und Apothekern vor Ort, im Fernsehen und im Hörfunk insgesamt mehr als 2,5 Millionen Kontakte verschaffen, zu unterstützen. Sie wollten das Event in der Form fördern, dass sie ihre finanzielle Unterstützung direkt an den Sender schicken. Damit wäre unser Aufwand um gut ein Drittel geringer geworden. Wir wären in diesem Fall mit dem Geld nicht einmal in Berührung gekommen – eine Dominanz der "Sponsoren" wäre also niemals möglich gewesen. Außerdem werden viele unserer Aktionen schon seit Jahren unterstützt, ohne dass wir uns deswegen auf irgendeine Art in Richtung des Partners verbiegen. Unser erfolgreicher "Zucker-Bus" beispielsweise fährt jahrelang mit Hilfe finanzieller Mittel von außen durch die Lande und kein Mensch hat sich jemals darüber aufgeregt. Dann wäre da auch noch der Begriff des "Sponsorings". Mit dem Reizwort können Sie durchaus Totschlagargumente für den Ausverkauf der Kammer finden. Dabei handelt es sich um eine partielle, eng definierte Zusammenarbeit oder Förderung, die überall inzwischen problemlos praktiziert wird, wenn auf die Spielregeln geachtet wird.

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Sie haben sich auch darüber beklagt, dass in der Landesapothekerkammer immer wieder dieselben Seilschaften an der Macht sind. Wie könnte man nach Ihrer Ansicht Geklüngel vermeiden?

Wahl:

Zum einen sollte immer der Grundsatz der Ehrlichkeit und der Wahrheit gelten, egal ob es sich um Mitglieder des Vorstandes oder um die Geschäftsführung handelt. Zum anderen ist das natürlich auch ein Problem, das mit der speziellen Wahlordnung in Baden-Württemberg zu tun hat. Die Wahlbezirke sind in die vier Bezirke Nord-Württemberg, Süd-Württemberg, Nord-Baden und Süd-Baden untergliedert. Die Apotheker können immer nur Delegierte aus ihrem Bezirk wählen. Wer dann von diesen Delegierten in den Vorstand kommt, wird ohne Berücksichtigung der eigentlich aus der Wahl resultierenden Stimmen von den Delegierten selbst bestimmt. Das bedeutet, dass jemand, der unter den Delegierten die meisten Freunde hat, auch in den Vorstand kommen kann. Es kann also sein, dass eine Person, die nur ganz knapp die Hürde zum Delegierten geschafft hat, zum ganz wichtigen Vorstandsmitglied wird, während jemand, der mit großer Mehrheit von der Basis als Delegierter gewählt wurde, außen vor bleibt. Man braucht sich nur einmal die Wahlergebnisse der letzten Wahlen anschauen und vergleichen, wer sich von denjenigen mit den höchsten Stimmen im Vorstand ausfindig machen lässt. Durch diese Politik – ich nenne es eine Politik der Erbhöfe – werden engagierte Leute von vorneherein ausgebremst, weil sie resignierend sagen, da komme ich ja sowieso nicht in den Vorstand hinein. Außerdem leidet die Wahl in den Gremien auch unter der Einflussnahme anderer Organisationen, die auch die Kammerarbeit beeinflussen wollen.

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Frau Wahl, Sie haben in der Vergangenheit auch Kritik an der Art der Aufwandsentschädigung für die Ehrenämter geübt. Was läuft aus Ihrer Sicht dabei falsch?

Wahl:

Bei der Aufwandsentschädigung gibt es eine Grundsumme, die der Präsident als zwölffach multiplizierte Summe, der Vizepräsident als sechsfach multiplizierte Summe erhält. Vorstandsmitglieder, die einem Ausschuss vorsitzen, erhalten einen Faktor zwischen 0,5 und 2,5, ungeachtet der Sitzungshäufigkeit ihrer Ausschüsse. Weil die persönlichen Hintergründe und die jeweilige Rollen-Definition der Ämter sehr unterschiedlich sind, sollten keine pauschalen, sondern leistungsbezogene Aufwandsentschädigungen ausbezahlt werden. Ich belaste meine Apotheke, weil ich mehr Personal einstellen musste, um die Kammerarbeit machen zu können. Das deckt die Aufwandsentschädigung lange nicht ab. Das habe ich aber gerne gemacht, weil mir die Arbeit Spaß gemacht hat. Aber finanziell halten Sie das nur eine begrenzte Zeit durch. Mein Vorschlag geht dahin, dass solche Aufwendungen nachgewiesen werden müssten, sodass nach tatsächlichen Bedürfnissen abgerechnet werden kann. Zumindest ca. 80 Prozent dieser mir objektiv entstehenden Kosten sollten gedeckt werden. Die Vizepräsidentin unseres Landes ist eine angestellte Apothekerin, bei der der Aufwand beispielsweise für die Vertretungen nicht anfällt. Dies ist eine ganz andere Situation als die meinige. In jedem Fall muss man genau hinschauen, wie die einzelne Situation tatsächlich aussieht, anstelle allen einfach nur eine Pauschale zu gewähren.

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Ist das jetzt der endgültige Abschied von Karin Wahl?

Wahl:

Ich habe das in der Vertreterversammlung am 4. Juli ziemlich deutlich gemacht: Wenn sich nicht grundlegend etwas ändert, sei es in der Zusammenarbeit, sei es in bestehenden Strukturen, werde ich für eine weitere Amtszeit nicht zur Verfügung stehen. Natürlich gibt es für den Berufsstand noch viele Ziele zu erreichen. Natürlich habe ich noch große Pläne, die es umzusetzen gilt, aber in so einer Position nicht unter solchen Umständen. Mein großer Dank gilt den Apothekerinnen und Apothekern, die mich unterstützt haben, und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der LAK-Geschäftsstelle.

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Frau Wahl, wir bedanken uns für das Gespräch!

Bei der Vertreterversammlung am 4. Juli dieses Jahres verkündete die Präsidentin der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg, Karin Wahl, dass sie mit dem Ablauf ihrer Amtsperiode am 26. September 2002 die Präsidentschaft niederlege. Dabei äußerte sich die als sehr engagiert geltende Apothekerin kritisch über den Arbeitsalltag in der Landesapothekerkammer und in der praktischen Berufspolitik. Wir sprachen mit der Präsidentin über ihre Beweggründe, nicht mehr zu kandidieren. 

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