Arzneimittel und Therapie

Lebertherapie: Strategie gegen profibrogene Zytokine

Noch immer fehlen effektive Therapieregimes, um einer Fibrosierung der Leber wirksam entgegenzuwirken. Endstation Lebertransplantation heißt es dann für viele Leberpatienten. Und das Warten auf ein Spenderorgan beginnt. Das könnte sich in einigen Jahren ändern. Dann werden die ersten klinischen Studien zur zytokinbasierten Lebertherapie erwartet. Sie versucht, profibrogene Zytokine gezielt zu neutralisieren oder sich die antiinflammatorische Wirkung von Zytokinen zu Nutze zu machen. Das Hauptaugenmerk richtet sich derzeit auf Strategien gegen den TGF(transforming growth factor)-beta.

Viren, Alkohol, Toxine, Cholestase, Autoimmunreaktion: Die Liste der Noxen, die der Leber gefährlich werden können, ist lang. Leberentzündung und Leberfibrose, die den allmählichen Funktionsverlust des Organs nach sich zieht, können die schwerwiegenden Folgen sein. Noch gibt es keine wirklich effektiven Therapieregimes. Kein Wunder also, dass intensiv nach Strategien gesucht wird. Das Augenmerk richtet sich dabei insbesondere auf die hepatischen Sternzellen, die bei der Fiebrosierung eine wesentliche Rolle spielen. Aktiviert durch die verschiedenen Noxen verwandeln sie sich zu Myofibroblasten, proliferieren und produzieren in großen Mengen extrazelluläre Matrix wie Kollagen, Proteoglykane und Glykoproteine. Zugleich, so das Ergebnis zahlreicher Untersuchungen, setzen sie profibrogene Zytokine frei. Dieser Prozess gilt als zentrales Ereignis in der Pathogenese der Leberfibrose, ihn zu unterbinden als vielversprechender Therapieansatz.

Therapieziel: Profibrogene Zytokine neutralisieren

In den letzten Jahren konnten bestimmte "Masterzytokine" definiert werden, die die Fibrosierung entscheidend steuern. Dazu gehören der PDGF (platelet derived growth factor) und, wahrscheinlich noch maßgeblicher, der TGF (transforming growth factor)-beta. Hauptansatzpunkt ist es nun, diese Zytokine bei chronischen Entzündungen und Fibrosierungsprozessen in der Leber zu neutralisieren. Dieses Ziel lässt sich auf verschiedenen Wegen erreichen. Diskutiert wird die Neutralisation von TGF-β durch lösliche Rezeptoren oder durch die direkte Blockade der Rezeptoren.

Es wird aber auch darüber nachgedacht, den von TGF-β induzierten Signaltransduktionsweg in den hepatischen Sternzellen zu hemmen. Fast noch komplizierter scheint es, die Wirkung von PDGF auf Lebersternzellen zu beeinflussen. Werden sie aktiviert, exprimieren sie PDGF-Rezeptoren, über die der Wachstumsfaktor zahlreiche Signalketten lostritt, an deren Ende u. a. Chemotaxis und Zellproliferation stehen. Entscheidend für diese Aktivierung der Zelle sind die Änderung des intrazellulären pH-Wertes sowie der Einstrom von Calcium über einen Kanal, der noch nicht im Detail bekannt ist. Genau dort wird eine Möglichkeit gesehen, gezielt einzugreifen: Nach genauer Aufklärung des Calciumkanals könnten spezifische Calciumkanalblocker entwickelt werden, die die Wirkung von PDGF in diesen Zellen unterbinden.

Gezielter und organ-spezifischer Eingriff ist lebenswichtig

Besonders kompliziert wird der Eingriff auf Zytokinebene, da das Netzwerk der Zytokine, darunter auch TGF-β und PDGF, an einer Flut von physiologischen Prozessen beteiligt sind. So ist TGF-β beispielsweise ein wesentliches Tumorsuppressorzytokin. Eine umfassende Neutralisation könnte mit einem erhöhten malignen Risiko einhergehen. Um solche weitreichenden Nebenwirkungen auszuschließen bzw. gering zu halten, muss daher möglichst zielgerichtet und organspezifisch therapiert werden.

Eine dauerhafte Neutralisation gilt nicht als empfehlenswert. Es wird daher versucht, Zytokinantagonisten bzw. eine entsprechende genetische Information direkt in die erkrankte Leber zu bringen und dafür zu sorgen, dass sie nur exprimiert werden, wenn Fibrosierungsprozesse ablaufen. Dabei bedienen sich die Wissenschaftler zellspezifischer Promotoren oder Promotoren, die nur im Krankheitsfall angeschaltet werden. Ihr Ziel: Genkonstrukte in Myofibroblasten zu bringen, die unter Kontrolle von Promotoren stehen, welche spezifisch in diesen Zellen angeschaltet werden.

Günstig: Supplementierung antiinflammatorischer Zytokine

Die zytokinbasierte Lebertherapie hat aber nicht nur Antizytokinstrategien im Auge. Denn manche Zytokine wirken entzündungshemmend, sodass man sich von deren Supplementierung einen günstigen Effekt auf chronische Leberentzündung und Fibrosierung verspricht. So soll der Hepatozytenwachstumsfaktor HGF (hepatocyte growth factor) den TGF-β-Spiegel reduzieren und dem Fibrosierungsprozess entgegenwirken.

Antiinflammatorisch wirken außerdem Interleukin 10 sowie Interferon-α und -γ. Sie können sich möglicherweise nicht nur bei chronischen Hepatitiden, sondern auch bei entzündlich bedingten Fibrosierungsprozessen günstig auswirken. Als interessanter Ansatzpunkt gelten auch so genannte Designerzytokine, wie die Fusion des Zytokins mit dem Interleukin-6-Rezeptor. Im Körper stimuliert es die Leberregeneration und wirkt hepatoprotektiv.

Myofibroblasten in die Apoptose treiben

Ein weiterer interessanter Ansatzpunkt zur Bekämpfung der Fibrose ist der Anschub der Apoptose aktivierter Lebersternzellen. Entgegen früherer Annahmen scheint der fibrotische Prozess durchaus reversibel zu sein. Diese Normalisierung des Gewebes geht einher mit der Apoptose aktivierter hepatischer Sternzellen und, damit verbunden, einem Abfall von Metalloproteasen-Inhibitoren und einem dementsprechenden Anstieg der Kollagenase-Aktivität. Die Reduktion von Lebersternzellen durch die Aktivierung von Apoptose-Mechanismen führt zumindest im Tierversuch zu einem Rückgang der Fibrosierung.

Quelle Falk Symposium No 125: "Cytokines in Liver Injury and Repair", Hannover, 30. September und 1. Oktober. 2001.

Noch immer fehlen effektive Therapieregimes, um einer Fibrosierung der Leber wirksam entgegenzuwirken. Endstation Lebertransplantation heißt es dann für viele Leberpatienten. Das könnte sich in einigen Jahren ändern. Dann werden die ersten klinischen Studien zur zytokinbasierten Lebertherapie erwartet. Sie versucht, profibrogene Zytokine gezielt zu neutralisieren oder sich die antiinflammatorische Wirkung von Zytokinen zu Nutze zu machen. Das Hauptaugenmerk richtet sich derzeit auf Strategien gegen den TGF(transforming growth factor)-beta.

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