Deutscher Apothekerverband: "Tiefpunkt der politischen Kultur"

Berlin (im). Die vorgesehene Gesundheitsreform beinhaltet "Schauerstücke" für den Apothekensektor. So sei beispielsweise die Begründung für die vorgesehene Freigabe des Versandhandels von Arzneimitteln geradezu "zynisch", sagte Hermann S. Keller, der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbands, am 15. Mai in Berlin. Auf dem Wirtschaftsforum des DAV kritisierte er insgesamt das geplante Gesundheitssystem-Modernisierungsgesetz mit scharfen Worten.

Keller prangerte die offizielle Begründung des Versands quasi mit einer Fürsorgepflicht für die deutschen Apotheker (bei der die Bundesgesundheitsministerin und ihre Vertreterinnen die Pharmazeuten zum aktiven Handeln auffordern, bevor der Europäische Gerichtshof entscheidet) an. Es gebe keine Chancen, wenn die deutsche Offizin mit ihrem Service und dem Vollsortiment gegen ausländische Rosinenpicker antreten müsse. Die Apotheker böten stattdessen mehr Service, schnellere Lieferung verbunden mit einer Fachberatung durch ihr bisheriges Angebot sowie neue Projekte wie das Home-Service-Konzept. In diesem Zusammenhang warb Keller für das neue ABDA-Modell einer modifizierten Arzneimittelpreisverordnung. Die Preisabhängigkeit der apothekerlichen Vergütung werde gestoppt und Rosinenpickerei durch Versandhandel erschwert.

Mehrbesitz - Augenwischerei

Für völlig unverständlich hielt der DAV-Chef die geplante Erlaubnis von Mehrbesitz in Apothekerhand von bis zu fünf Apotheken. Entweder halte die Regierung die persönliche Leitung einer Offizin für ein Qualitätsmerkmal, dann dürften Fremd- und Mehrbesitz nicht zugelassen werden, oder sie halte dies Leitbild für falsch, dann sei die Begründung auf fünf Apotheken nicht nachvollziehbar. Die Gesundheitspolitiker verschwiegen in diesem Zusammenhang, dass die Gewinner des Mehrbesitzes die Anteilseigner internationaler Apothekenketten wären.

Eine klare Aussage forderte Keller von der Spitze des Bundesgesundheitsministeriums zum Gerücht einer höheren Mehrwertsteuer. Eine höhere Steuer auf Arzneimittel wäre ein Skandal, warnte er, dagegen sei deren Senkung längst überfällig. In Berlin bezeichnete Keller darüber hinaus die Information der Bundestagsabgeordneten durch das Gesundheitsministerium über die Belastungen der Apotheken durch das Beitragssatzsicherungsgesetz als einen "Tiefpunkt der politischen Kultur". Wie später bekannt geworden war, ging man intern im Ministerium im vergangenen November von einer Weiterwälzung des Großhandelsabschlags aus, was den Parlamentariern so nicht gesagt wurde. Da unterdessen die negativen Folgen mit Zahlen belegt seien, müssten SPD und Grüne die überhöhte Belastung der Apotheken sofort zurücknehmen, forderte der DAV-Vorsitzende. Dieses Gesetz mit seinen höheren Rabatten belaste die Apotheken mit fast 900 Millionen Euro, es zerstöre Öffizinen und deren Arbeitsplätze. Lob zollte Keller im Gegensatz dazu den Rechenzentren und den Mitarbeitern im Apothekerhaus, die in kürzester Zeit die Umstellung auf das neue Inkasso-Verfahren ermöglicht hätten.

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Zitate

Statt uns mit Ihrem Verständnis zu helfen, sollten Sie einfach nur darauf verzichten, uns zu schädigen. Hermann S. Keller, Deutscher Apothekerverband, an die Adresse der Politik

Das uns widerfahrene Unrecht des Beitragssatzsicherungsgesetzes ist zurückzunehmen. Und zur Vermeidung einer weiteren Zerstörung der deutschen Apothekenlandschaft duldet diese Rücknahme keinen Aufschub Hermann S. Keller, Deutscher Apothekerverband

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