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- AZ 43/2003
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Kommentar
Peinlich, peinlich
Als die ABDA auf der Pressekonferenz vor dem Apothekertag ihr neues Konzept für die Mitgliedsapotheken ihres Internetportals "aponet.de" verkündete, stockte nicht nur mir der Atem: dafür zu werben, dass bei aponet-Apotheken Arzneimittel nicht mehr nur zur Abholung vorbestellt werden können, dass der Patient sie sich via "Home-Service" auch ins Haus bringen lassen könne - das war und ist (unabhängig von der Frage, ob ein "begründeter Einzelfall" vorliegt oder nicht) ein klarer Verstoß gegen geltendes Recht. Es ist ein Verstoß gegen die gleichen Rechtsbestimmungen, auf die sich die ABDA selbst in noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren gegen Versandapotheken immer wieder berufen hatte. Mit ein bisschen Zynismus könnte man fragen, ob die ABDA dem bald entscheidenden Europäischen Gerichtshof vielleicht signalisieren wolle, sie nehme ihre eigenen Argumente nicht mehr sonderlich ernst. Wer so mit seiner Glaubwürdigkeit und geltendem Recht spielt, darf sich nicht wundern, wenn er zur Zielscheibe einer Abmahnaktion wird.
Ein offensichtlich gefundenes Fressen für den Kollegen Dietmar Frensemeyer, Kopf des "Apothekenforums": Er bereitet seit Wochen eine Sammelklage gegen die ABDA vor - damit soll dem "ABDA-Konstrukt" das Lebenslicht ausgeblasen werden. Die Steilvorlage der ABDA für eine riesige Abmahnaktion kam ihm da gerade recht. Die Abmahnungen bedrohen freilich nicht nur die ABDA, sondern vor allem Tausende von Kollegen, die bei aponet eingeschrieben sind, mit erheblichen Kosten (pro Apotheke zwischen über 600 bis knapp 4 000 Euro). Diese Kollegen könnten sich ja per Schadenersatzklage gegen die ABDA letztlich schadlos halten, meinte Frensemeyer.
Eine Welle wütender Kollegenreaktionen hat Frensemeyer wohl klar gemacht, dass er - politisch, wahrscheinlich nicht rechtlich - überzogen hat. Sein Anwalt hat inzwischen versichert, gegen die Kollegen, die die Abmahnung nicht unterschreiben (womit 620,02 Euro Kostenübernahme fällig würden), werde nicht per einstweiliger Verfügung vorgegangen - wohl aber gegen die ABDA selbst. Beiden Seiten sei empfohlen, verbal und juristisch abzurüsten. Nach außen - weit über die Berufsöffentlichkeit hinaus - wirkt das gegenseitige Wadenbeißen und Schienbeintreten, das Bellen und Blöffen, reichlich skurril, ja geradezu peinlich.
Klaus G. Brauer
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