Folgen des GKV-Modernisierungsgesetzes: ABDA leistet Aufklärungsarbeit

Berlin (ks). Nur einem guten Viertel (27 Prozent) der Bundesbürger ist bekannt, dass ab dem 1. Januar 2004 die Zuzahlungen für Arzneimittel steigen werden - so eine aktuelle Studie der Deutschen Angestelltenkrankenkasse DAK. Apotheken müssen sich also ab dem kommenden Jahr auf Aufklärungsarbeit einstellen: Der Sozialhilfeempfänger wird fragen, warum er nun für sein Medikament zuzahlen soll, ein anderen Kunde wird überrascht sein, wenn für die altbekannte Verordnung plötzlich zehn statt 4,50 Euro fällig werden. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände - ABDA bemüht sich schon jetzt, Patienten mit Hilfe der Publikumspresse möglichst umfassend über die Neuerungen zu informieren.

Hermann S. Keller, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbands (DAV), und Rainer Braun, ABDA-Hauptgeschäftsführer, erläuterten in einem Pressegespräch am 27. November in Berlin, welche Auswirkungen das GKV-Modernisierungsgesetz auf die Arzneimittelversorgung haben wird. Ihr Hauptaugenmerk legten sie dabei auf die neuen Zuzahlungsregelungen.

"Unlösbares Dilemma"

Ab dem neuen Jahr muss grundsätzlich jeder - von vornherein ausgenommen sind nur noch Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre - für zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnete Arzneimittel eine Zuzahlung zwischen fünf und zehn Euro leisten. Chronisch Kranke sind nicht mehr grundsätzlich befreit: Sie müssen Belege sammeln und werden erst dann befreit, wenn sie nachweisen können, dass ihre Zuzahlungen ein Prozent ihres Bruttojahreseinkommens übersteigen. Für Nicht-Chroniker gilt eine Grenze von zwei Prozent. "Wir rechnen zum Jahresbeginn in den Apotheken mit vielen und zum Teil auch unerfreulichen Diskussionen mit den Patienten", erklärte Keller. Insbesondere seien Auseinandersetzungen mit Sozialhilfeempfängern zu befürchten. Hier komme der Apotheker in ein "unlösbares Dilemma": Kann der Kunde nicht zahlen, liegt aber ein Notfall vor (worüber der Apotheker in der Regel nicht selbst entscheiden kann), so stelle die Nichtabgabe des Medikamentes rechtlich eine unterlassene Hilfeleistung dar.

Herstellerrabatt: Höherer Inkassoausfall erwartet

Keller erläuterte zudem, welche Folgen der auf 16 Prozent erhöhte Herstellerrabatt für verschreibungspflichtige Arzneimittel, die nicht unter die Festbetragsregelung fallen, auf Apotheken hat. Schon mit dem Beitragssatzsicherungsgesetz wurde den Apotheken aufgegeben, die Herstellerrabatte für die Krankenkassen einzuziehen. Bereits bis zum Ende dieses Jahres werden bei den Apothekenrechenzentren deshalb voraussichtlich Außenstände von etwa einer Million Euro aufgelaufen sein, so der DAV-Chef. Da die Rabatte 2004 nochmals steigen, fürchtet die ABDA für das kommende Jahr einen deutlichen Anstieg des Inkassoausfalls.

Neue Preisbildung

Des Weiteren erklärten Keller und Braun die neue Preisbildung in Apotheken. Keller machte deutlich, dass es sich bei dem Festaufschlag von 8,10 Euro nicht um ein ausschließliches Beratungshonorar handle, sondern dass dieser auch alle preisunabhängigen Kosten, wie Raummiete, Betriebs- und Personalkosten abdecken soll. Während Medikamente aus dem niedrigpreisigen Bereich künftig teurer für die GKV werden, verbilligen sich Arzneimittel aus dem hochpreisigen Segment. Grundsätzlich sehen sich die Apotheker durch das neue Kombimodell in ihrer heilberuflichen Funktion gestärkt, so Keller. Das neue Honorierungssystem wird vor allem von den Generikaherstellern abgelehnt. Der DAV-Vorsitzende hat dafür eine Erklärung: Ein Generikum, das heute im Durchschnitt 17 Euro kostet, wird sich 2004 auf 20,36 Euro verteuern. Der durchschnittliche Preis des Originals von 25 Euro wird auf 26,15 Euro ansteigen. Damit sinkt die Preisdifferenz auf GKV-Ebene (nach Abzug von Rabatten und Zuzahlung) von 7,28 Euro im Jahr 2003 auf 5,80 Euro im Jahr 2004. Die Preisdifferenz zum Original sei jedoch gerade das Marketinginstrument der Generikaanbieter, so Keller. Sie könnten daher künftig im Wettbewerb gezwungen sein, durch Preisabsenkung den alten Abstand wieder herzustellen.

Was die Neuerungen im OTC-Markt - den Wegfall der Erstattungsfähigkeit und die Aufhebung der Preisbindung der zweiten Hand - sowie die Einführung des eingeschränkten Apotheken-Mehrbesitzes und des Versandhandels mit Arzneimitteln betrifft, bestehe noch viel Unklarheit über die Auswirkungen.

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