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- AZ 51/2003
- Liebes Christkind
Glosse
Liebes Christkind,
Du findest mich kleines Apothekerlein vollkommen verzweifelt vor. Wie kommt's, dass Du Dich in diesem Jahr nicht wirklich um uns arme Apothekers gekümmert hast? Dabei habe ich Dich doch schon seit Jahren gebeten, ein wachsames Auge auf uns zu werfen und auf das, was Ulla und Horst und ihre Mannschaften mit uns vorhaben. Jetzt haben sie uns aus unserem Apo-Paradies vertrieben und in die Eiseskälte von Versandhandel, Mehrbesitz, Preiskalkulation geschickt und dazu noch alle Rabatte genommen.
Dabei war ich doch artig, dass es kracht. Die kleine Abda-Wegda-Geschichte - das gehörte doch einfach dazu. Mal ein bisschen anregen zum Nachdenken über alte Zöpfe, das darf und muss schon sein. Und siehste, auf einmal singen alle Lobeshymnen auf die ABDA und wollen in dieser unwirtlichen Zeit enger zusammenkuscheln. Alle klopfen sich gegenseitig auf die Schultern und singen "Oh du fröhliche". Das ist doch was!
Du hast recht, mit dem GMG hätte auch alles schlimmer kommen können. Immerhin könnte ich, wenn ich wollte, jetzt tolle Arzneipäckchen packen unter hohen Sicherheitsauflagen mit Rückverfolgungsmöglichkeiten und Callcenter. Will ich aber nicht. Immerhin könnte ich jetzt bis zu vier Apos haben - will ich aber auch nicht. (Ganz abgesehen davon, dass mir meine Bank das Geld nicht gäbe.) Immerhin könnte ich jetzt freie OTC-Preise kalkulieren, Sonderangebote machen und den billigen Jakob spielen. Will ich aber erst recht nicht. Immerhin bekomme ich sagenhafte 6 Euro 10 plus drei Prozent für jede GKV-Packung - wenn das nichts ist! Ich hab' das mal rechnen lassen - wenn Du das dem bösen Stern nicht weiter sagst, verrate ich Dir, dass ich mein Zweitauto, mit dem ich Homeservice mache und zum Golfplatz fahre, im nächsten Jahr noch nicht verkaufen muss.
Ja, ich weiß, liebes Christkind, dass ich nicht unzufrieden sein darf. Ich will mich auch im neuen Jahr anstrengen. Ich mache gerade mein Hausapotheker-Diplom! Da wäre ich stolz, wenn ich Dein Hausapothekerlein sein dürfte. Ich würde Deine Arzneimittel noch gründlicher checken, sie Dir persönlich vorbei bringen und Dir noch mindestens fünf Prozent extra geben. Weil Du's bist - natürlich auf alles. Keine Angst, das hole ich schon wieder rein, ich kooperiere nämlich. Das ist nichts Unanständiges, wie Du vielleicht denkst. Da lasse ich nur von meinem Großhändler, der mir keine Rabatte mehr geben kann, besser einkaufen und mich marketingmäßig beraten. Keine Angst, ich werde das Dachmarken-Gedöns schon nicht mitmachen. Da bin ich meiner Marke, dem roten Apotheken-A, treu.
Du siehst, wie ich mich anstrenge! Dafür wünsche ich mir von Dir: Gib mir und meinen Mitarbeitern die Kraft, bei jedem Kunden mindestens einen Satz zu sagen, wenn möglich auch den richtigen. Dann wird Dein Stern - und nicht der böse aus Hamburg - das ganze Jahr über mir leuchten.
Dein Apothekerlein Peter
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