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- DAZ 10/2003
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Die Seite 3
Der Rohentwurf des Gesundheitsreformgesetzes macht bereits seine Runde. Wie erwartet, sieht er weitreichende Änderungen in der Arzneimittelversorgung vor – die unter dem Stichwort Liberalisierung verkauft werden.
Da soll das Mehrbesitzverbot aufgehoben werden (jeder Apotheker darf maximal fünf Apotheken besitzen), der Versandhandel mit Arzneimitteln soll freigegeben und die Arzneimittelpreisverordnung modifiziert werden (Aufhebung der festen Preise für den Selbstmedikationsbereich, weitere Reduzierung der Aufschläge), außerdem sollen sich die Krankenhausapotheken für die ambulante Versorgung öffnen – um nur die wichtigsten Änderungen zu nennen, die in der Diskussion stehen.
Zwar soll das jetzt geltende Beitragssatzsicherungsgesetz in einigen Punkten wieder aufgehoben werden, eine spürbare Erleichterung für Apotheken ließe sich daraus freilich nicht ableiten, wenn sich diese Änderungen denn im endgültigen Gesetz wiederfinden sollten.
Unsere Arzneimittelversorgung soll also irgendwie anders geregelt werden, aber, so meine ich, es wird damit keineswegs besser. Bisher habe ich noch keinen einzigen Grund gehört, der solche Änderungen, wie angedacht, rechtfertigen könnte. Sollte es der Regierung um Einsparungen gehen, ließen sich diese besser, vernünftiger und vor allem einfacher umsetzen.
Es war und ist bereits unerträglich, wie man sich mit dem Beitragssatzsicherungsgesetz verkünstelte. Ganz abgesehen davon, dass mit diesem Gesetz wohl kaum ein Beitragssatz einer Krankenkasse gesichert, dafür aber unser heutiges Apothekensystem massiv geschwächt und das Abrechnungssystem enorm verkompliziert wurde. Da der Großhandel seinen Rabattanteil der Apotheke aufbürdet, werden die Apotheken über Gebühr belastet – ein Faktum, das die Regierung so nicht sehen will, wie aus einem Wortprotokoll einer Fragestunde im Deutschen Bundestag hervorgeht (siehe Seite 18).
Nach Auskunft der Parlamentarischen Staatssekretärin Marion Caspers-Merk sei dafür gesorgt, dass jede Stufe ihre Rabattstrukturen selber tragen müsse und nicht die Apotheke am Ende alle Rabattierungsvorgänge. Wirklich? Mir liegen andere Informationen aus der Praxis vor, z. B. Rabattkürzungen des Großhandels für die Apotheken um drei bis vier Prozentpunkte.
Wo und wie ist dafür gesorgt, dass dies nicht geschieht? Die Staatssekretärin ist bis heute die Antwort schuldig geblieben. Da nützt es wohl auch wenig, wenn sie ankündigt, dass die Apotheke die Rechnung des Großhändlers um diesen Betrag kürzen kann, sollte der Großhandel den Apotheken diesen Abschlag bei den Abrechnungen nicht gewähren.
Und: Wie steht es eigentlich mit dem Datenschutz bei diesem Gesetz? Müssten da nicht jedem Datenschutzbeauftragten die Haare zu Berge stehen, wenn er erkennt, wie hier Daten zwischen Industrie, Großhandel und Apotheken offen gelegt werden müssen, um die Rabatte abrechnen zu können?
Die Industrie freut sich über soviel Transparenz, sie weiß jetzt ohne Einschaltung teurer Marktforschungsinstitute, in welcher Apotheke ihre Produkte und wie viele dort landen. Hat sich der Datenschutz mit diesen Fragen befasst und die Wege der für die Rabattabrechnung benötigten Datenströme kontrolliert? Lässt sich über diesen Weg das Gesetz aushebeln? (Wenn nicht: Noch gibt es die Hoffnung, dass ein Normenkontrollverfahren mit einer höchstrichterlichen Entscheidung dieses Gesetz außer Kraft setzt.)
Anders, aber auf keinen Fall besser wird unsere Arzneiversorgung, wenn der Versandhandel zugelassen werden sollte. Mir ist nach wie vor nicht erklärlich, warum die Regierung so verbissen an dieser Änderung festhalten will. Selbst über ein mögliches Einsparvolumen kann sie keine Aussage machen, wie die Parlamentarische Staatssekretärin in der bereits zitierten Fragestunde eingesteht.
Vielleicht erkennt die Regierung ja auch, dass der Versandhandel wahrlich nicht zu einer "unverzichtbaren Verbesserung der Arzneimittelversorgung" beiträgt. Wir haben in dieser Ausgabe wieder einen Fall veröffentlicht, dokumentiert von einer Apotheke, wo ein Patient einen "Ausflug zu DocMorris unternahm, lange auf eine Arzneisendung warten musste, sein Geld abgebucht wurde und schließlich ein falsches Arzneimittel erhielt (siehe Seite 22). Nur ein Einzelfall? Anders, aber eben nicht besser.
Caspers-Merk deutet allerdings an, dass auch unsere Apotheken eine Chance erhalten können beispielsweise durch die Einführung der in Niedersachsen anlaufenden Hausapothekermodelle. Darin sieht sie "die Eröffnung einer neuen Struktur" – ein Lichtblick, den wir verfolgen sollten. Wir sollten uns jetzt nicht entmutigen lassen, noch ist das Reformgesetz nicht spruchreif, noch gibt es Einflussmöglichkeiten – und die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat lassen hoffen.
Peter Ditzel
Nur anders, aber nicht besser
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