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Frauen und Sucht: Gewalterfahrungen begünstigen Süchte bei Frauen
Eine Million Frauen konsumieren Arzneimittel in problematischer Weise bzw. sind medikamentenabhängig. 2,5 Millionen Frauen sind abhängige Raucherinnen. Eine jüngst veröffentlichte Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Ursachen für weibliche Suchterkrankungen häufig Gewalterfahrungen in der Kindheit sowie körperlicher und sexueller Missbrauch sind.
Die im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung von Professorin Christel Zenker am Bremer Institut für Präventionsforschung und Sozialmedizin durchgeführte Studie stützt sich auf Daten, die in Suchtfachkliniken gewonnen wurden.
An der Studie beteiligten sich Frauen, die legale oder illegale Suchtmittel konsumieren oder unter Essstörungen leiden. Auch Frauen, die mehrere Suchtstoffe konsumieren (Polysüchtige) nahmen teil. Bei etwa drei Viertel aller Frauen startete die Sucht mit dem Alkohol. Von den Frauen, die illegale Drogen konsumieren, hatten 45 Prozent mit Alkohol, 26 Prozent mit Cannabis und 15 Prozent mit anderen illegalen Drogen begonnen. Die Polysüchtigen begannen ihren Konsum zumeist bereits im Kindes- und frühen Jugendalter zwischen zwölf und 15 Jahren. Die Alkoholikerinnen stiegen dagegen erst im Alter von 17 bis 35 Jahren ein.
Fast 50 Prozent haben körperliche Gewalt erfahren
Fast zwei Drittel der Frauen stammen aus Familien mit Suchtproblemen. Als Motiv für ihre Sucht nannten die Frauen am häufigsten, dass sie negative Erfahrungen vergessen wollen oder die Lebenswirklichkeit als belastend empfinden. Dabei zeigt die Studie einen Zusammenhang zwischen Suchterkrankungen und erlebten Gewalterfahrungen und Suizidversuchen auf: Knapp die Hälfte aller Frauen hatte öfter körperliche Gewalt erfahren.
Etwa ein Drittel aller Frauen erlebte sexuelle Gewalt bereits vor dem 16. Lebensjahr, wobei knapp die Hälfte der Täter aus der eigenen Familie kam. Von den betroffenen Frauen hatten fast 50 Prozent die Gewalt nur in der Kindheit, 4 Prozent als Erwachsene, 22 Prozent in allen Lebensphasen erfahren. Fast drei Viertel der Frauen meinen, dass sie sich in ihrem Leben zuviel haben gefallen lassen; entsprechend beschreiben sie auch ihre Kindheit als von Anpassung geprägt.
Als Suchtursache wird zu zwei Dritteln eine mangelnde Ich-Stärke und Durchsetzungsfähigkeit genannt. Auch die Suizidbelastung drogenabhängiger Frauen ist mit 33 Prozent sehr hoch. Suizidversuche in Kindheit und Jugend haben am häufigsten die jüngsten der behandelten Frauen sowie die Polysüchtigen gemacht.
Die Studie ist in der Schriftenreihe des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung erschienen und ist im Buchhandel oder direkt beim Nomos-Verlag, Baden-Baden, erhältlich.
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