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Arzneimittel und Therapie
Impfschutz vor FSME: Zeckenbiss mit unerwünschten Nebenwirkungen
Das "Säugetier" Zecke
Die FSME-Erkrankung wird durch einen Virus der Familie der Flaviviridae ausgelöst, der unter anderem durch infizierte Zecken übertragen wird. Hauptsächliches Erregerreservoir sind Kleinsäuger wie z. B. Mäuse, aber auch Vögel, Rehe und Rotwild. Zecken halten sich bevorzugt in feuchten Wiesen, im Gebüsch oder auch in Laub- und Mischwäldern auf, in Höhen über 1500 m sind sie selten zu finden.
Anders als oftmals vermutet lassen sich die Zecken nicht von Bäumen auf ihre Opfer herunterfallen, sondern harren in Gräsern oder in Sträuchern bis zu einer Höhe von ca. 1,5 Metern so lange aus, bis sie von einem Menschen oder Tier abgestreift werden. Oft wandern sie über Stunden über den Körper des Opfers, bis sie eine gut durchblutete Stelle zum Angreifen finden. Bevorzugt ist beispielweise die Leistengegend und auch der Haaransatz. Hat sich die Zecke für einen geeigneten Ort entschieden, beißt sie sich bis zu zwölf Tage lang in ihrem Wirt fest.
Die Zecke baldmöglichst entfernen
Da der Speichel betäubend auf die Wunde wirkt, bleibt der Saugakt mitunter unbemerkt. Anders als das für die Lyme-Borreliose verantwortliche Bakterium Borrelia burgdorferi, welches sich im Darm der Zecke aufhält, befinden sich die FSME-Viren in deren Speicheldrüse. Somit werden die Viren sofort nach dem Biss übertragen, ein schnelles Entfernen des Tiers bietet demnach keinen Schutz.
Dennoch muss die Zecke baldmöglichst mit einer Zeckenzange entfernt werden, ohne sie zu quetschen. Die Wunde sollte anschließend gründlich desinfiziert werden. Das Tier darf keinesfalls mit Öl oder Klebstoff beträufelt werden, da die Zecke im Todeskampf noch mehr Viren in den Körper ausstoßen kann.
Die Aktivität der Zecken ist nicht das ganze Jahr über gleichbleibend. Zwar erfolgen zwei Drittel der Erkrankungen zwischen Juni und August, Vorsicht geboten ist jedoch ca. von März bis November, je nach Witterung können auch andere Jahreszeiten betroffen sein.
Neben der Zecke gibt es noch weitere Übertragungswege für den FSME-Virus: Rohmilch sowie Rohmilchprodukte von infizierten Ziegen, Schafen oder Kühen können ebenfalls eine Gefährdung darstellen. In Deutschland, wo die Milch in der Regel pasteurisiert ist, ist dieser Weg der Übertragung sehr selten, in Osteuropa jedoch spielt er noch eine Rolle. Die Ansteckung durch eine an FSME erkrankte Person hingegen ist nicht möglich.
Verlaufsformen der FSME
Nicht jeder, dem der FSME-Virus übertragen wurde, muss automatisch auch eine Frühsommer-Meningoenzephalitis entwickeln. Bricht die Krankheit dennoch aus, verläuft sie zumeist biphasisch. Bei ca. 30 Prozent der infizierten Personen kommt es im Mittel nach zehn Tagen (eine Inkubationszeit von vier Tagen bis vier Wochen ist möglich) zu Krankheitserscheinungen.
Die erste Phase (Prodromalphase) zeichnet sich durch eher unspezifische, grippeähnliche Symptome wie Fieber, Kopfschmerzen, allgemeines Krankheitsgefühl und – vor allem bei Kindern – mitunter durch Bauchschmerzen aus. Einige der Patienten sind nach überstandener erster Phase wieder gesund, bei einem Teil der Erkrankten kann jedoch nach einem fieberfreien Intervall in einer zweiten Phase (Manifestationsphase) das zentrale Nervensystem (ZNS) in Mitleidenschaft gezogen werden. Nicht in jedem Fall geht der zweiten Phase eine Prodromalphase voraus.
In der Manifestationsphase kann es zu unterschiedlichen Verlaufsformen kommen. Von der isolierten Meningitis sind ca. 50 Prozent der Patienten betroffen. Diese Hirnhautentzündung, die mit hohem Fieber, Kopfschmerzen und Übelkeit einhergeht, hat die günstigste Prognose, sie heilt in der Regel folgenlos ab.
Meningoenzephalitis mit schweren neurologischen Ausfällen
Rund 40 Prozent leiden an der Meningoenzephalitis, die zusätzlich das Hirngewebe betrifft. Der Verlauf ist hier langwieriger und ernsthafter, es tritt eine deutliche Bewusstseinstrübung auf bis hin zur Bewusstlosigkeit. Unter anderem ist die Beeinträchtigung von Koordination und Bewegungsabläufen typisch, in schweren Fällen kann es zu Lähmungserscheinungen kommen.
Teilweise sind die Betroffenen lange Zeit gesundheitlich eingeschränkt. Am gefährlichsten ist die Myelitis, bei der das Rückenmark angegriffen wird. Verbunden damit ist zumeist eine Entzündung des Gehirns oder der Nervenwurzeln (Radikulitis).
Ca. zehn Prozent der Patienten entwickeln diese Verlaufsform, bei der mit schweren neurologischen Ausfällen zu rechnen ist. Es kann zu komatösen Zuständen kommen, auch die Atmung wird häufig in Mitleidenschaft gezogen. Bleibende Schäden sind möglich. Die Myelitis hat eine Letalität von zehn Prozent, die allgemeine Letalität der FSME liegt bei einem Prozent.
In den letzten Jahren erkrankten in Deutschland jährlich 100 bis 300 Patienten an FSME. Alle Altersgruppen sind betroffen; auffällig ist, dass Männer doppelt so häufig erkranken wie Frauen. Der Verlauf der Krankheit korreliert mit dem Alter der Betroffenen: Kinder haben in der Regel eine gute Prognose, aber auch hier gibt es Ausnahmen.
Infizierte Zecken breiten sich aus
Die Zahl der infizierten Zecken ist regional verschieden. Als Endemiegebiete gelten in Deutschland derzeit große Teilgebiete Bayerns und Baden-Württembergs sowie kleinere Bereiche in Hessen, Rheinland-Pfalz und Thüringen. Neuere Untersuchungen weisen jedoch darauf hin, dass die bisherigen Einschätzungen nicht ganz zutreffend sind. Bisher hat das Robert Koch-Institut (RKI) anhand dokumentierter Krankheitsfälle versucht, Risiko- und Hochrisikogebiete zu definieren.
Genauer wurden diese Zahlen durch das im Januar 2001 in Kraft getretene Infektionsschutzgesetz, welches die Laboratorien verpflichtet, FSME-Infektionen zu melden. In Baden-Württemberg wurden unabhängig davon seit einigen Jahren flächendeckend Waldarbeiter und Forstbedienstete auf Antikörper gegen FSME getestet; die Daten von ca. 2 000 – ungeimpften – Personen konnten verwendet werden. Die gewonnenen Ergebnisse wiesen auf eine deutlich weiter gestreute Verbreitung des FSME-Virus hin, als auf Grund der Erkrankungszahlen angenommen.
Impfindikation für den Süddeutschen Raum
Bestätigt wurde dies durch Untersuchungen von über 9000 Zecken auf eine mögliche Infektion in Gebieten Baden-Württembergs. Es zeigte sich, dass die Zeckeninfektionsrate in den "Nicht-Endemiegebieten" eine Höhe erreicht, die früher den Hochrisikogebieten zugerechnet wurden. Die FSME-Schutzimpfung ist mittlerweile für Besucher und Bewohner, die Zecken exponiert sind, in ganz Baden-Württemberg empfohlen.
Für Bayern fehlen noch entsprechende Untersuchungen, es ist aber anzunehmen, dass sich dort ein ähnlicher Sachverhalt wiederspiegelt. Die ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt derzeit die FSME-Impfung als Reiseimpfung für Auslandreisende in Risikogebiete sowie als Indikationsimpfung für "Personen, die in FSME-Risikogebieten Zecken exponiert sind oder Personen, die durch FSME beruflich gefährdet sind".
Bezüglich der Risikogebiete beruft sich die STIKO auf die Angaben des RKI. Es gibt jedoch Expertenmeinungen, die auf Grund der neuen Erkenntnisse bei entsprechender Exposition eine Impfindikation für den gesamten Süddeutschen Raum ohne eine Unterteilung in Risikogebiete für sinnvoll halten.
Außerhalb Deutschlands gehören im europäischen Raum Österreich, das Baltikum, Polen, Tschechien, Ungarn, Albanien, Slowenien, Slowakei, Russland und Kroatien zu den gefährdeten Gebieten, aber auch Süd-Schweden, Süd-Norwegen, Frankreich, das Elsass, die Schweiz und weitere Gebiete sind betroffen. Generell sollten vor Reisen im In- und Ausland die jeweils neuesten Erkenntnisse berücksichtigt werden.
Schutz durch die aktive Immunisierung
Neunzig Prozent aller Infektionen mit einer Frühsommer-Meningoenzephalitis erfolgen in der Freizeit. Eine kausale Therapie der Erkrankung ist nicht möglich, lediglich die Symptome können behandelt werden. Schutz vor dem Ausbruch einer FSME bietet die aktive Immunisierung durch eine Impfung. Nachdem im März 2001 auf Grund schwerer Nebenwirkungen der FSME-Impfstoff für Kinder vom Markt genommen wurde, gab es ca. ein Jahr lang keine Möglichkeit, Kinder unter zwölf Jahren gegen die Krankheit zu impfen.
Mit der Zulassung von Encepur® Kinder der Firma Chiron Behring im Dezember 2002 ist mittlerweile wieder eine Impfmöglichkeit für Kinder zwischen dem vollendeten ersten Lebensjahr und dem vollendeten zwölften Lebensjahr gegeben. In vorausgehenden klinischen Studien wurden die Immunogenität und die Verträglichkeit des Impfstoffs für gut befunden.
Den bisher über das Spontanerfassungssystem dokumentierten Gesamtmelderaten für Nebenwirkungen zufolge scheint die Verträglichkeit der anderer Impfstoffe ähnlich zu sein. Dennoch ist eine besonders sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung für Kinder bis zum vollendeten dritten Lebensjahr angezeigt.
In klinischen Studien trat in dieser Altersgruppe Fieber über 38° C deutlich häufiger auf als bei älteren Kindern. Die aktive Immunisierung erfolgt durch inaktiviertes FSME-Virus, verglichen mit Encepur® Erwachsene ist die Antigendosis und auch das Impfstoffvolumen des Kinder-Impfstoffs halb so hoch.
Auffrischimpfungen alle drei Jahre
Geimpft werden kann zu jeder Jahreszeit. Die Impfstoffe sind bezüglich der Grundimmunisierung für zwei unterschiedliche Impfschemata zugelassen. Das konventionelle Impfschema beinhaltet drei Impfungen: zu Beginn, ein bis drei Monate später und schließlich neun bis zwölf Monate nach der zweiten Impfung.
Ist ein schneller Impfschutz gefordert, können die Spritzen am Tag null, am Tag sieben und am Tag 21 verabreicht werden. In diesem Fall ist eine weitere Impfung nach zwölf bis 18 Monaten empfohlen. Für beide Impfschemata sollten die Auffrischimpfungen alle drei Jahre erfolgen.
Während Encepur® Kinder in Deutschland der einzig zugelassene Impfstoff für Kinder ist, befinden sich für Erwachsene unterschiedliche Impfstoffe auf dem Markt. Mit der Zulassung eines weiteren Impfstoffs für Kinder (FSME immun® junior der Firma Baxter) wird im Juni dieses Jahres gerechnet.
Eine weitere Möglichkeit – die postexpositionelle Gabe von spezifischem Immunglobulin – wird von der STIKO nicht generell empfohlen, ab einem Alter von 14 Jahren kann sie jedoch erwogen werden. Allerdings sollte eine Anwendung nur erfolgen, wenn der Zeckenbiss mit Sicherheit nicht länger als 96 Stunden zurückliegt, eine späterer Gabe der Immunglobuline kann den Verlauf einer FSME ungünstig beeinflussen. Die Schutzrate ist gegenüber der aktiven Immunisierung deutlich verringert. Die Kombination von Immunglobulinen und einer aktiven Immunisierung nach einem Zeckenstich kann derzeit nicht empfohlen werden.
Um schließlich zur adulten, achtbeinigen Zecke heranzureifen, ist eine weitere Blutmahlzeit notwendig. Während männliche Tiere nur wenig Blut saugen und nach der Befruchtung rasch sterben, können weibliche Zecken auf das bis zu zweihundertfache ihres Gewichts zunehmen. Nachdem sie ihre bis zu 2000 Eier in oberflächliche Erdschichten abgelegt haben, sterben auch sie.
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Nach der Eingabe eines bestimmten Reiseziels und des Reisedatum wird eine Übersicht über die notwendigen Impfungen und die relevanten Gesundheitsrisiken im entsprechenden Urlaubsland weitgehend automatisch erstellt.
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Und sollten dann noch Fragen offen bleiben, so hilft ein integriertes Lexikon weiter.
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