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APV: Hält Naturkosmetik was sie verspricht?

Naturkosmetik liegt im Trend Ų diesen Eindruck vermitteln die Umsatzzahlen für. In Apotheken, Reformhäusern und im Naturwarenhandel wurde im Jahr 2002 ein Umsatz von insgesamt 310 Millionen Euro mit Naturkosmetikprodukten erzielt. Das scheint noch steigerungsfähig zu sein, berücksichtigt man z. B. die Ergebnisse einer Umfrage der Harting & Tovar GmbH, nach denen fast jede zweite Konsumentin in Deutschland natürlicher Kosmetik den Vorzug geben würde. Da Naturkosmetik ein interessanter Markt für Kosmetikhersteller und Apotheker ist, veranstaltete die APV am 13./14. Februar in Nürnberg ein Seminar, in dem Fragen rund um Entwicklung, Herstellung, Qualitätssicherung und Anwendung von Naturkosmetik behandelt wurden. Das Seminar fand parallel zur BioFach statt, der weltweit größten Messe für den Bio-Markt, sodass die Seminarteilnehmer sich gleich vor Ort einen Überblick über den Naturkosmetik-Markt verschaffen konnten.

Was ist Naturkosmetik eigentlich? An dieser (fast trivialen) Frage scheiden sich die Geister, wie Dr. Günther Hanke erläuterte. Nachdem gerade in den 80er-Jahren Bücher über "Naturkosmetik zum Selber-Rühren" Hochkonjunktur hatten und in diesem Gebiet viel Wildwuchs entstanden ist, sind in den letzten Jahren einige Expertenpapiere zum Thema Naturkosmetik entstanden.

Eine Kommission des Europarates hat im Jahr 2000 eine Guideline verabschiedet, in der einige Anforderungen an diese besonderen Kosmetika enthalten sind. Dort werden z. B. sehr speziell die Konservierungsmittel benannt, die in Naturkosmetika enthalten sein dürfen, ebenso Emulgatoren – beides Substanzklassen, die auch in herkömmlichen Kosmetika Probleme mit der Verträglichkeit bereiten können.

Ähnliche Kriterien legt auch eine Leitlinie des Bundesverbandes deutscher Industrie- und Handelsunternehmen für Arzneimittel, Reformwaren, Nahrungsergänzungsmittel und Körperpflegemittel e.V. (BDIH) an, unter dessen Logo "Kontrollierte Natur-Kosmetik" Hersteller ihre geprüften Produkte vertreiben dürfen.

Dermatologische Wirksamkeitsprüfungen

Neben guter Verträglichkeit soll Naturkosmetik auch wirken – und muss es sogar, denn auch für Naturkosmetik gilt der § 27 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes (LMBG), der die Werbung mit wissenschaftlich nicht gesicherten Wirkungsangaben verbietet. In Naturkosmetika eingesetzte Wirkstoffe werden häufig als entzündungshemmend, antioxidativ, feuchtigkeitsregulierend und gegen Falten wirksam ausgelobt.

Dr. Ulrike Heinrich vom Institut für experimentelle Dermatologie der Universität Witten-Herdecke stellte in ihrem Vortrag etablierte und neuartige Methoden vor, die für Studien mit Kosmetika eingesetzt werden.

Neben In-vitro-Methoden für den Nachweis der Wirksamkeit gibt es auch teilweise relativ neue nicht-invasive In-vivo-Methoden, die für dermatologische Prüfungen mit Naturkosmetik eingesetzt werden können. Mit ihrer Hilfe ist es möglich, physiologische und pathologische Zustände der menschlichen Haut zu charakterisieren. Nicht-invasiv bedeutet, dass zum einen die Belastung für den Probanden minimiert wird, zum anderen aber auch, dass die Messung selbst keinen Einfluss auf die Hautfunktion hat.

Der Fortschritt im Bereich der Messtechnik hat dazu geführt, dass es nicht nur möglich ist, Oberflächenphänomene zu charakterisieren, sondern auch Untersuchungen in tieferen Schichten vorzunehmen.

Hydratation und Elastizität

Welche Parameter lassen sich nun erfassen? Mit Hilfe des Corneometers lässt sich der Hydratationszustand der Haut ermitteln. Das Messprinzip beruht auf der Tatsache, dass das trockene Stratum corneum ein dielektrisches Medium ist. Wird es feucht, ändern sich die dielektrischen Eigenschaften. Da sich die Dielektrizitätskonstante von Wasser erheblich von der der meisten anderen Stoffe unterscheidet, handelt es sich um eine sehr empfindliche Methode.

Bei der kapazitativen Messmethode reagiert der Messkondensator auf die eingebrachten Proben mit unterschiedlichen Kapazitätsänderungen, je nach Wassergehalt. Bei der Messung muss beachtet werden, dass Rückstände des aufgetragenen Produktes zu einer Verfälschung der Ergebnisse führen, da in diesem Fall lediglich der Wassergehalt des Produktes gemessen wird.

Ein weiterer Parameter, auf den man in Werbeaussagen für Naturkosmetik häufig stößt, ist die Hautelastizität. Auch hier gibt es erfassbare Größen, um das Ausmaß der Verbesserung durch das applizierte Produkt quantitativ fassen zu können. Das Messprinzip des Cutometer ist die sogenannte Saugmethode, bei der im Gerät ein Unterdruck erzeugt wird. Dadurch wird die zu messende Hautstelle durch den Unterdruck in die Öffnung der Messsonde gezogen. Die Eindringtiefe der Haut in die Öffnung wird durch ein optisches Messsystem berührungslos erfasst. Je elastischer die Haut ist, desto weiter kann sie in das Gerät hineingezogen werden.

Oberflächen- und Gewebestruktur

Was Anwenderinnen von einem Produkt am ehesten erwarten, beschreiben Fachleute mit dem Ausdruck "Verbesserung der Oberflächenstruktur der Haut", sprich glattere und weniger faltige Haut. Die Oberflächenstruktur wird mit dem bildanalytischen Verfahren SELS (Surface Evaluation of Living Skin) dargestellt.

Dabei werden unter Spezialbeleuchtung mit einer eigens entwickelten Videokamera direkt Bilder von der Haut aufgenommen und mittels Software vier klinische Parameter ausgewertet:

  • die Hautglätte,
  • die Hautrauhigkeit,
  • die Schuppigkeit der Haut,
  • die Faltigkeit der Haut.

So kann die Wirkung des verwendeten Kosmetikums direkt visualisiert werden.

Will man mit den Untersuchungen mehr in die Tiefe gehen, bietet sich die Ultraschalluntersuchung an. Durch die Entwicklung von hochauflösenden Geräten können auch dermatologische Fragestellungen beantwortet werden, da einzelne Gewebestrukturen differenziert werden können. Ein eindrucksvolles Beispiel ist die Darstellung von lichtgealterter Haut (Photoaging). Durch die UV-Einstrahlung können auch geordnete Kollagenstrukturen in der Unterhaut zerstört werden, die dann deutlich als echoarme Strukturen im Ultraschallbild erkennbar sind.

Die Beispiele zeigen, dass mit Hilfe moderner Messmethoden die Wirkung von Naturkosmetika durchaus belegt werden kann, wenn sie vorhanden ist. Anwender und Fachleute brauchen sich deswegen nicht länger mit vagen Aussagen aus den Hochglanzprospekten der Kosmetikhersteller begnügen, sondern können Nachweise für die Wirksamkeit der Präparate verlangen.

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