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DAZ aktuell
Apothekenkooperation parmapharm: Mit dem Schutz- und Trutzbündnis wird es ernst
Der Zentralregulierungsumsatz ist im Jahr 2002 gegenüber dem Vorjahr um 39,5 % auf 74 Mio. Euro gestiegen. Die Kooperation hat wieder einen Überschuss erwirtschaftet und überwiegend an die Gesellschafter ausgeschüttet. Neben der Zahl der Mitgliedsapotheken nahm auch die Zahl der Industriepartner weiter zu. Den Apotheken wurden wiederum Marketing-Pakete, Seminare, Workshops, Erfa-Gruppen und diverse Leistungen in Zusammenarbeit mit den Industriepartnern angeboten.
Über einige inhaltliche und personelle Veränderungen bei der Mitgliederversammlung berichtete die DAZ bereits (siehe DAZ 20). Der bisherige Beiratsvorsitzende Wolf-Peter Krause, Preetz, wird künftig als Sprecher für politische Angelegenheiten und Außendarstellung tätig sein. Außerdem wurde er zum Ehrenvorsitzenden ernannt.
Krause wandte sich an den beiden Tagen der Versammlung in zwei Vorträgen an die Kooperationsmitglieder. Zunächst analysierte er die politische und wirtschaftliche Lage der Apotheken, am nächsten Tag erläuterte er, welche Konsequenzen die Kooperation für ihre Geschäftspolitik aus der Situation ziehen wird.
Reform stärkt Krankenkassen- und Gewerkschaftsmacht
Die Gesundheitspolitik steuere derzeit auf einen unumkehrbaren Schritt zum Krankenkassenstaat zu. Daraufhin bewegten sich die freiberuflichen Ärzte und Apotheker zwischen Depression und Explosion.
Die parmapharm unterstütze die Position der ABDA und teile deren politische Analyse. Die Arzneimittelpreisverordnung sollte als Verbraucherschutz verteidigt werden und diene überdies dem Ansehen der OTC-Arzneimittel. Bedingungen für Reformen der Preisbildung seien vollständige Ertragsneutralität und gesicherte Dynamisierung.
Wenn es den Politikern tatsächlich um Kostensenkung gehe, seien die Arzneimittelpreisverordnung und der Kassenrabatt naheliegende Ansatzpunkte, nicht aber die Forderung nach Versandhandel. Zudem habe Wolfgang Schmeinck als BKK-Bundesvorsitzender im vorigen Jahr geäußert, wenn die Apotheker 9 bis 10 % Rabatt gewähren würden, wäre die Diskussion um Versandhandel und andere Themen beendet. Doch nun – bei einem Rabatt von etwa 11 % – gehe sie erst richtig los.
Als Hintergrund vermutet Krause daher eine politische Zielsetzung der rot-grünen Koalition, das Gesundheitswesen als Wachstumsmarkt des Jahrhunderts unter die bürokratische Kontrolle von Krankenkassen und Gewerkschaften zu bringen. Denn die 4,1 Millionen Beschäftigten mit niedrigem Organisationsgrad seien beim Wandel zur Dienstleistungsgesellschaft ein verlockendes Ziel.
Was droht beim Systembruch?
Der Versandhandel führe praktisch automatisch zu Fremd- und Mehrbesitz. Dann würden viele Apotheken unter das Dach von Ketten und Franchise-Systemen flüchten. Dabei werde der Geschäftswert der Apotheken dramatisch sinken. Die Tätigkeit als Geschäftsführer werde angesichts des Drucks der Zentrale nervenaufreibend sein.
Dagegen biete sich die Apothekenkooperation parmapharm als Alternative an. Deren Gesellschafter wollten auch bei einem Systemwechsel als selbstständige Apotheker überleben. Dann würden die Gesellschafter gemeinsam einkaufen und eigene Verträge mit Krankenkassen abschließen. Entscheidend hierfür sei die Marktbedeutung der Kooperation. Sie werde umso erfolgreicher sein, je besser sie die Fläche in ganz Deutschland abdecke.
parmapharm sucht Krankenkassenverträge
Der Kampf um Krankenkassenverträge sei durch die Verträge zum Hausapothekenmodell bereits jetzt eröffnet. Denn damit habe die ABDA die Doktrin aufgegeben, die Verträge seien für alle Apotheken gleichermaßen da. Es könnten wohl alle Apotheken dem Vertrag beitreten, doch werde eine gewisse Hürde errichtet.
Mittlerweile verhandle auch die parmapharm mit zwei großen Krankenkassen. Die Kooperation werde einen Vertragsabschluss suchen. Mit über 800 Mitgliedern sitze die parmapharm "in der ersten Reihe beim Kassenvertragspoker". Beim Aufkommen von Ketten würden solche Verträge überlebenswichtig.
Neue Außendarstellung: Gesund ist bunt
Als weitere Neuigkeit beschloss die Mitgliederversammlung, künftig unter einer neuen Dachmarke in der Öffentlichkeit aufzutreten. Gegenüber der bisherigen Geschäftspolitik stellt dies einen Paradigmenwechsel dar. Die Mitglieder der Kooperation würden an sich selbst den Anspruch stellen, die besten Apotheken zu bieten. Daher solle die Dachmarke "Gesund ist bunt" zu einem Gütesiegel werden.
Dies ergebe hohe Ansprüche an die Qualifikation des gesamten Teams und an die Ausstattung der Apotheken. Die Versammlung beschloss daher ein umfangreiches Anforderungsprofil mit detaillierten Bedingungen, die die Mitgliedsapotheken künftig erfüllen müssen. Als Elemente enthält es das Beratungsprofil, die Dienstleistung, den Service, die Team-Qualifikation und das Management. Leistung und Darstellung sollten sich wesentlich vom Durchschnitt der Apotheken abheben.
Weitere Vorteile der Kooperation im Falle eines Systemsbruchs seien die logistischen Möglichkeiten in der Zusammenarbeit mit Großhändlern und Marktpartnern und der hohe Organisationsgrad. Dies zeige sich beispielsweise an den 22 lokalen Arbeitskreisen.
Zur weiteren Stärkung der Organisation beschlossen die Mitglieder künftig einen Mitgliedsbeitrag zu leisten, mit dem die Arbeit der Geschäftsstelle unterstützt wird. Sollte es zum Versandhandel kommen, werde eine bundesweite Zentrale eingerichtet, die die Aufträge an die Mitgliedsapotheken aufgrund der geographischen Lage verteilt.
Kooperation als Gesinnungsgemeinschaft
Nach Ansicht von Krause werde es nun ernst mit der Aufgabe der parmapharm als Schutz- und Trutzbündnis. Die entscheidende Nagelprobe sei die Verbindlichkeit von Entscheidungen. Dies stelle einen Zielkonflikt zur Individualität dar und sei nur durch den gemeinsamen Nutzen für die Mitglieder zu rechtfertigen. Der wesentliche Vorteil der Kooperation sei die gemeinsame Überzeugung der Mitglieder in einer "Gemeinschaft von Gesinnungsfreunden".
In einem Gastvortrag stellte Karl-Rudolf Mattenklotz, Präsident der Apothekerkammer Nordrhein, die Position der ABDA zu den politischen Herausforderungen dar. Er zeigte die langfristige Entwicklung der Reformen im Gesundheitswesen auf. Offenbar gebe es auch jetzt noch Möglichkeiten zur politischen Einflussnahme. Die Apotheker sollten daher den Kontakt zu Abgeordneten suchen und ihre Argumente vorbringen.
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