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Pharmazeutisches Recht
Qualitätssicherung bei der Versorgung von Heimbewohnern 1
I Präambel II Geltungsbereich III Zuständigkeiten IV Pharmazeutische Dienstleistungen IV-1 Versorgung des Heimbewohners IV-2 Bearbeitung der Rezepte und sonstiger Arzneimittelbestellungen IV-3 Abgabe IV-4 Abrechnung V Pharmazeutische Qualitätssicherung V-1 Prüfung der Arzneimittelvorräte, Dokumentation V-2 Schulung des Pflegepersonals V-3 Entsorgung der Arzneimittel VI Zusammenarbeit mit dem Pflegeheim VI-1 Prozessbeschreibungen im Rahmen des Qualitätsmanagementsystems des Heims VII Qualitätsmanagementsystem der Apotheke VIII Literatur
Anlagen 1) Einwilligungserklärung zur Speicherung gesundheitsbezogener und arzneimittelbezogener Daten des Heimbewohners in der Apotheke 2) Protokoll über die Prüfung der Arzneimittelvorräte 3) Teilen von Tabletten 4) Verabreichung von Arzneimitteln über die Sonde 5) Schulung des Pflegepersonals
I Präambel
Nach § 12a Apothekengesetz, der am 27. August 2003 in Kraft treten wird, sind Apotheker verpflichtet, bei der Versorgung der Bewohner von Heimen im Sinne § 1 Heimgesetz mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten mit dem Heimträger einen behördlich zu genehmigenden Vertrag zu schließen. Ziel ist die weitere Verbesserung der Versorgung der Heimbewohner mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten.
Soweit über die gesetzlichen Vorgaben hinaus weitergehende Leistungen zwischen dem Heim und der Apotheke vereinbart werden, sind diese ebenfalls schriftlich festzulegen und der Behörde zur Genehmigung vorzulegen.
Zur Umsetzung entsprechender Verträge hat die Bundesapothekerkammer vorliegende Empfehlungen erarbeitet. Damit steht den Apothekern eine Empfehlung für die Durchführung pharmazeutischer Tätigkeiten zur Versorgung der Bewohner der Heime mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten sowie zur Zusammenarbeit mit der Einrichtungsleitung, dem Pflegepersonal und den Ärzten zur Verfügung.
II Geltungsbereich
Das Apothekengesetz sieht ausdrücklich vor, dass Verträge gemäß § 12a die freie Wahl der Apotheke durch den Heimbewohner nicht einschränken dürfen. Der Heimträger hat daher sicherzustellen, dass dem Apotheker nur Verordnungen für Heimbewohner zugeleitet werden, die diese nicht selbst einlösen wollen beziehungsweise können oder die keine andere öffentliche Apotheke benannt haben, in der die Verordnung eingelöst werden soll.
III Zuständigkeiten
Der Apotheker muss die ordnungsgemäße Versorgung der Bewohner des Heims mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten gewährleisten. Gleichermaßen hat er dies auch für die Kontrolle, Dokumentation sowie die Information und Beratung zu gewährleisten, die durch ihn selbst oder durch pharmazeutisches Personal erfolgen muss. Um auch außerhalb der Öffnungszeiten der Apotheke im Bedarfsfall die ordnungsgemäße Versorgung sicher zu stellen, muss dem Heimträger der jeweils gültige Notdienstplan der Apotheken zur Verfügung gestellt werden.
Sowohl Apotheke als auch Heim sollten gegenseitig ständige Ansprechpartner sowie deren Vertreter benennen.
Im Falle der Aufteilung der Versorgung der Heimbewohner auf zwei beziehungsweise mehrere Apotheken müssen die Zuständigkeiten der an der Versorgung beteiligten Apotheken umfassend und klar abgegrenzt werden. Dies betrifft zum Beispiel die Versorgung der Heimbewohner mit Arzneimitteln und (apothekenpflichtigen) Medizinprodukten oder die Überprüfung der ordnungsgemäßen, bewohnerbezogenen Aufbewahrung der Arzneimittel durch das Heim.
Mit der ordnungsgemäßen Übergabe der Arzneimittel an den Heimbewohner beziehungsweise stellvertretend an das zuständige Pflegepersonal beginnt gemäß der einschlägigen Bestimmungen des Heimgesetzes die Verantwortlichkeit des Heimträgers für die weitere Versorgung der Heimbewohner.
IV Pharmazeutische Dienstleistungen
IV-1 Versorgung des Heimbewohners Für die Arzneimittelversorgung und die dazu erforderliche Beratung der Heimbewohner gelten die gleichen Grundsätze wie für die Patienten in der Apotheke.
IV-2 Bearbeitung der Rezepte und sonstiger Arzneimittelbestellungen Die Apotheke schaltet sich nicht in die Rezeptanforderung beim Arzt durch das Heimpersonal oder den -bewohner beziehungsweise die Verordnung des Arztes ein. Verschreibungspflichtige Arzneimittel dürfen von der Apotheke nur nach Vorlage der ärztlichen Verordnung abgegeben werden.
Um Irrtümer zu vermeiden, sollten auch im Rahmen der Selbstmedikation verlangte Arzneimittel schriftlich angefordert werden. Soweit die Abgabe von Arzneimitteln, apothekenpflichtigen Medizinprodukten und sonstigen Produkten in einer (elektronischen) Kundenkartei der Apotheke bewohnerbezogen dokumentiert werden soll, bedarf dies der schriftlichen Einwilligung des Heimbewohners. Das Muster einer Einwilligungserklärung ist Anlage 1 zu entnehmen.
Über die nach § 17 Abs. 5 Apothekenbetriebsordnung vorgeschriebene Prüfung hinaus sollte jede ärztliche Verordnung auf folgende Punkte überprüft werden: – Doppelverordnung – Prüfung auf Wechselwirkungen (im Falle der Verordnung eines neuen Arzneimittels [Arzneistoffs]).
Die Prüfung sollte sinngemäß auch bei Arzneimitteln durchgeführt werden, die im Rahmen der Selbstmedikation angefordert werden.
Ergibt sich ein Rücksprachebedürfnis mit dem Arzt nicht unmittelbar aus der vorgelegten Verordnung, sondern aus Erkenntnissen, die der Apotheker im Rahmen seiner Berufsausübung über den Patienten erlangt hat, bedarf es dafür einer schriftlichen Einwilligung des Heimbewohners (Anlage 1). Sofern die Medikation geändert wird, obliegt dem Arzt die Information des Pflegepersonals, um eine entsprechende Korrektur der Pflegedokumentation zu gewährleisten.
Die Arzneimittel und apothekenpflichtigen Medizinprodukte müssen in der Apotheke mit dem – Namen des Heimbewohners und dem – Lieferdatum versehen werden.
Darüber hinaus empfiehlt es sich aus Gründen der Arzneimittelsicherheit, ggf. folgende Angaben zu machen: – Name der Lieferapotheke (insbesondere, wenn mehr als eine Apotheke die Bewohner des Heims versorgen) – besondere Lagerungshinweise – Einnahmehinweise.
Um die ordnungsgemäße Verteilung der Arzneimittel, (apothekenpflichtigen) Medizinprodukte sowie sonstiger Produkte im Heim zu gewährleisten, empfiehlt es sich, diese in der Apotheke wohnbereichsbezogen in geeignete Behältnisse zu verpacken.
IV-3 Abgabe Nach § 17 Abs. 4 Apothekenbetriebsordnung sind Verschreibungen von Personen, die zur Ausübung der Heilkunde, Zahnheilkunde oder Tierheilkunde berechtigt sind, unverzüglich auszuführen.
IV-4 Abrechnung Aus organisatorischen Gründen sollte die Einzelabrechnung eines jeden Vorganges mit dem Heimbewohner vermieden werden. Es empfiehlt sich, die Kosten für Arzneimittel, (apothekenpflichtige) Medizinprodukte, die auf Privatrezept für den Bewohner abgegeben werden, sowie die Zuzahlungen in einem festen Turnus, zum Beispiel einmal monatlich, mit dem Heimbewohner abzurechnen. Um ein ordnungsgemäßes Abrechnungsverfahren zu gewährleisten, sollten sich der Apotheker Heimleitung und Apotheker gegenseitig beim Management der Zuzahlungsbefreiungen unterstützen.
V Pharmazeutische Qualitätssicherung
V-1 Prüfung der Arzneimittelvorräte, Dokumentation Der Apotheker muss die für den Heimbewohner zentral vorrätig gehaltene Arzneimittel und apothekenpflichtigen Medizinprodukte regelmäßig gemäß der vertraglichen Vereinbarungen überprüfen.
Im Interesse einer hochstehenden Qualität der Arzneimittelversorgung sind mindestens halbjährliche Überprüfungen zu empfehlen. Der Zeitpunkt der Überprüfung der Arzneimittelvorräte in den Wohnbereichen sollte mit der Wohnbereichsleitung vereinbart werden. Über die Prüfung ist ein Protokoll in zweifacher Ausfertigung zu erstellen: – eine Ausfertigung für die Apotheke – eine Ausfertigung für den Heimträger. Das Muster eines Prüfprotokolls ist in Anlage 2 aufgeführt.
Darüber hinaus empfiehlt es sich, eine Kopie für die Wohnbereichsleitung zu erstellen und die Ergebnisse der Überprüfung mit dieser zu besprechen. Um die Prüfkriterien und damit kritische Punkte bei der Lagerung der Arzneimittel, transparent zu machen, empfiehlt es sich, sollte das aktuelle Prüfprotokoll jeweils bis zur nächsten Prüfung im Arzneimittelschrank auszuhängen.
V-2 Schulung des Pflegepersonals Sollte zwischen dem Heimträger und dem Apotheker eine Vereinbarung im Sinne § 11 Abs. 1 Nr. 10 Heimgesetz getroffen sein (Beratung des Pflegepersonals über den sachgerechten Umgang mit Arzneimitteln mindestens einmal jährlich), sollte nach folgenden Grundsätzen geschult werden: – Die Basisschulung vermittelt Kenntnisse über Arzneimittel und Medizinprodukte. – Aufbauschulungen vermitteln Kenntnisse über die Anwendung der Arzneimittel und Medizinprodukte bei bestimmten Indikationen. – Art, Umfang und Dauer der Seminare sind mit der Heimleitung abzustimmen. – Der Zeitpunkt ist so abzustimmen, dass möglichst alle Pflegepersonen mindestens einmal jährlich teilnehmen können. Dabei ist auf eine sachgerechte und ökonomische Gruppengröße zu achten.
Darüber hinaus können dem Pflegepersonal sachgerechte Hinweise zum Stellen der Arzneimittel gegeben werden. Da das Teilen der Tablette und die Verabreichung der Arzneimittel über die Sonde nicht unproblematisch sind, sollte diesen Aspekten besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Es bietet sich in diesem Zusammenhang an, entsprechende Listen zu erstellen, auf die das Pflegepersonal beim Stellen der Arzneimittel zurückgreifen kann (Anlagen 3 und 4).
Über den Referateservice der ABDA ist ein Referat zum Thema "Arzneimittel in Pflegeheimen richtig verabreichen und anwenden" abrufbar. Themenvorschläge für die Basisschulung sind Anlage 5 zu entnehmen.
V-3 Entsorgung der Arzneimittel Die Apotheke kann mit dem Heimträger die Entgegennahme und sachgerechte Entsorgung der Arzneimittel vereinbaren, die nicht mehr benötigt werden beziehungsweise deren Verfallsdatum abgelaufen ist.
VI Zusammenarbeit mit dem Pflegeheim
VI-1 Prozessbeschreibungen im Rahmen des Qualitätsmanagementsystems des Heims Heime sind gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 4 Heimgesetz verpflichtet, ein Qualitätsmanagementsystem einzuführen und zu unterhalten. Zu den Prozessbeschreibungen über den Umgang mit Arzneimitteln im Heim empfiehlt sich eine vertragliche Vereinbarung über die Einbindung des Apothekers. Dabei sollten insbesondere folgende Punkte berücksichtigt werden: – Arzneimittel sind bewohnerbezogen und ordnungsgemäß aufzubewahren (§ 11 Abs. 1 Nr. 10 Heimgesetz). – Arzneimittel müssen unter Verschluss aufbewahrt werden. – Kühl zu lagernde Arzneimittel müssen in einem dafür ausschließlich vorzuhaltenden Kühlschrank aufbewahrt werden. – Der Erhalt, die Aufbewahrung und die Verabreichung der Arzneimittel sind zu dokumentieren (§ 13 Abs. 1 Nr. 5 Heimgesetz). – Das Stellen der Arzneimittel ist Aufgabe des ausgebildeten Pflegepersonals. Der Apotheker sollte – sofern Beratungsleistungen im Sinne § 11 Abs. 1 Nr. 10 Heimgesetz vereinbart sind – im Rahmen der jährlichen Schulungen sachdienliche Hinweise zum Stellen der Arzneimittel geben.
VII Qualitätsmanagementsystem der Apotheke
Die Empfehlung der Bundesapothekerkammer zur Qualitätssicherung der Versorgung der Bewohner von Heimen sollten im Rahmen der dazu im QM-Handbuch aufgenommenen Prozesse berücksichtigt werden.
VIII Literatur
(1) Wilson, O., Blanke, G.: Apotheken- und Arzneimittelrecht. Textsammlung mit Erläuterungen. 45. Ergänzungslieferung. GOVI Pharmazeutischer Verlag, Eschborn 2002. (2) Preuschhof, A., Tisch, L.: Versorgung von Heimbewohnern. Pharm. Ztg. (2003) 672–680. (3) Pieck, J.: Heimversorgung, was ist zu beachten? Deutsche Apotheker Zeitung 143 (2003) 587–599.
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