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Biopatent-Richtlinie: Ärztekammer, Greenpeace und Misereor gegen Patente auf Le
Die Frage nach der Patentierung biologischen Materials wird denkbar kontrovers diskutiert. Die einen verbinden mit der Biotechnologie großen Chancen und Hoffnungen – gerade bei der Heilung von Krankheiten. Andere sehen erhebliche ethische Widersprüche und in Patenten auf Lebewesen und Genome eine große Gefahr.
Otmar Kloiber, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der BÄK, hat eine klare Meinung: Die EU-Biopatent-Richtlinie ist schlicht schlecht und muss grundsätzlich neu verhandelt werden. "Sie verdient keine Umsetzung in nationales Recht", so Kloiber. Für die Ärzteschaft gehöre das Wissen um die menschliche Anatomie und das Genom des Menschen der Gemeinschaft – es handle sich eben nicht um ein Handelsgut eines Einzelnen.
Kloiber hat vor allem eine potenzielle Erschwerung der medizinischen Versorgung im Blick – nicht zuletzt durch erhebliche Verteuerungen. Es müsse Klarheit darüber bestehen, dass lediglich für Verfahren und einzelne Verfahrensschritte zur Herstellung gentechnisch veränderter Medikamente Verwertungsrechte geltend gemacht werden können. Menschliche Gene oder Gensequenzen seien dagegen keine Erfindungen, sondern Erkenntnisse über natürliche Gegebenheiten, die sich einer Patentierung entziehen sollten.
Genau dies aber lasse die EU-Richtlinie zum Schutz biotechnologischer Erfindungen zu, so Kloiber. Sorge bereitet ihm die Möglichkeit, Krankheitserreger patentieren zu lassen. Beispiel: Die US-Firma Myriad hält Patente auf die "Brustkrebsgene". Zwar habe die Firma keine Tests auf die Brustkrebsdisposition allein entwickelt – doch nun verlange sie Lizenzgebühren von allen, die die Tests einsetzen, so Kloiber.
Parlament wird "ausgetrickst"
Dass sich BÄK, Greenpeace und Misereor gerade jetzt zusammenfinden, hat den Hintergrund, dass bereits ein Gesetzentwurf des Bundesministeriums für Justiz zur Umsetzung der Richtlinie vorliegt. Eine "Mogelpackung" wie der Patentexperte Christoph Then von Greenpeace meint: Der Entwurf gebe vor, die Patentierung menschlicher Gene erheblich einzuschränken – wer genauer hinsieht, könne jedoch erkennen, dass die geplanten Regelungen im Kern völlig ungeeignet seien.
"Das Parlament wird hinters Licht geführt", meint Then. Ihm werde vermittelt, die Umsetzung sei eilig, da die Europäische Kommission mit einer Klage mitsamt millionenschwerer Geldbuße drohe. Tatsächlich sei eine Klage noch nicht eingereicht. Zudem werde der Bundestag ausgetrickst, indem gesagt wird, die Biopatent-Richtlinie werde beim Europäische Patentamt in München de facto ohnehin schon angewendet. Was zwar stimme, so Then, die Richtlinie aber nicht besser mache.
Erklärung von Berlin
In ihrer gemeinsamen "Erklärung von Berlin" fordern die drei Organisationen die Bundesregierung und den Bundestag auf, konkrete Schritte zur Neuverhandlung der Richtlinie 98/44 zu unternehmen. Sie berufen sich dabei auf das Votum der Enquete-Kommission des Bundestages "Recht und Ethik der modernen Medizin" vom 25. Januar 2001. Hiernach dürfen sich Patente auf biotechnologische Erfindungen nur auf die erfinderische Leistung erstrecken.
Zudem sollten Patente weder DNA-Sequenzen noch Lebewesen oder deren Teile umfassen. Das Stoffpatent ist demnach kein adäquates Instrument zum Schutz geistigen Eigentums bei lebenden Systemen. Weiterhin soll die Bundesregierung auch über die EU hinaus eine Begrenzung des Patentschutzes anstreben, wie es die Enquete-Kommission "Globalisierung der Weltwirtschaft" in ihrem Schlussbericht vom 12. Juni 2002 empfiehlt.
Im Rahmen einer Revision des TRIPS-Abkommens der Welthandelsorganisation gilt es, Lebewesen, einschließlich Mikroorganismen, Gene und Pflanzen, generell von der Patentierung auszuschließen.
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