Arzneimittel und Therapie

Insulinpflichtiger Diabetes: Insulin pumpen statt spritzen

Die kontinuierliche Insulinversorgung über eine Pumpe ist nichts Neues. Die Geräte sind jedoch in den letzten Jahren technisch ausgereifter und zum Teil sehr klein geworden ("wie ein Kartenspiel", "nur 80 g Gewicht"). Sie werden am Gürtel, in Hemd- oder Hosentasche getragen. Ein Katheter mit einer feinen Nadel stellt die Verbindung zum Körper her. Er wird meist in der Bauchregion platziert und alle ein bis zwei Tage gewechselt. Die Insulinpumpe wird mit einer Ampulle Normal- oder Analoginsulin gefüllt. Die Voraussetzungen für eine Pumpentherapie sowie ihre Vor- und Nachteile gegenüber der intensivierten konventionellen Insulintherapie waren Thema eines Symposiums bei der 38. Jahrestagung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft.

Eine Insulinpumpe führt Insulin kontinuierlich entsprechend einer einprogrammierten, stündlich variablen 24-Stunden-Basalrate zu. Für den nahrungsabhängigen Insulinbedarf setzt die Pumpe auf Knopfdruck einen Bolus frei. Für eine Insulinpumpentherapie sind vor allem solche Patienten geeignet, die diese technisch aufwändige und invasive Behandlungsmethode auch selbst wünschen und bereit sind, an Schulungen teilzunehmen. Auf diese Weise kann die Abbruchquote niedrig gehalten werden.

Rund 40 000 Pumpenträger in Deutschland

Heute tragen weltweit rund 200 000 Menschen eine Insulinpumpe, davon etwa 130 000 in den USA und 40 000 in Deutschland. Mit der kontinuierlichen subkutanen Insulininfusion (= Fachausdruck für die Insulinpumpe) kann grundsätzlich jeder Insulinmangel-Patient behandelt werden. Bestimmte Diabetiker profitieren jedoch besonders von der Pumpe (Tab. 1).

Es gibt zahlreiche Studien zur Insulinpumpentherapie, darunter jedoch viele älter als zehn Jahre und mit heute veralteten Pumpen. Die Studien waren mit einer Teilnehmerzahl von 5 bis 150 relativ klein und mit einer Dauer von 3 bis 24 Monaten relativ kurz. Seit 1979 wurden nur zwölf randomisierte Studien durchgeführt, in denen die Insulinpumpentherapie mit der intensivierten konventionellen Insulintherapie verglichen wurden.

Zwei Metaanalysen

In einer im vergangenen Jahr veröffentlichten Metaanalyse von zwölf Studien mit 301 Patienten wurden ausschließlich randomisierte, kontrollierte Studien berücksichtigt, in denen Pumpentherapie und intensivierte Insulintherapie verglichen wurden. Eine kürzlich veröffentlichte Metaanalyse von 52 Studien zur Insulinpumpentherapie mit insgesamt 1547 Patienten erfasste auch nicht randomisierte Studien.

Beide Metaanalysen kamen zu folgenden Ergebnissen:

  • Die Blutzuckereinstellung wird mit der Pumpe verbessert. HbA1c (in älteren Studien HbA1) war in den randomisierten Studien um durchschnittlich 0,5 % und in den nicht randomisierten um durchschnittlich 0,95 % gegenüber der Spritzentherapie verringert.
  • Der Insulintagesbedarf sank mit der Pumpe. Die Metaanalyse randomisierter Studien ergab einen Rückgang um 14 %, entsprechend 7 I. E.
  • Hypoglykämien waren nicht häufiger als unter der Spritzentherapie, in den meisten randomisierten Studien sogar seltener.
  • Obwohl in der Pumpe nur schnell wirksame Insuline verwendet werden, scheint die Ketoazidose-Rate nicht erhöht zu sein.
  • Die kontinuierliche subkutane Insulininfusion geht mit einer leichten Zunahme des Körpergewichts um 1,5 bis 2,5 kg einher.

Weniger eindeutig ist der Effekt auf die Lebensqualität. Mit Hilfe spezieller Fragebögen wurde in einer Studie mit 50 Patienten gezeigt, dass die freiwillig durchgeführte Pumpentherapie mit einer höheren Lebensqualität assoziiert ist als die intensivierte konventionelle Insulintherapie mit multiplen Injektionen.

Pumpen in der Pädiatrie

Relativ neu ist die Anwendung der Insulinpumpe bei Kindern und Jugendlichen. Im Jahr 1995 waren in Deutschland noch keine 50 Insulinpumpenträger in dieser Altersgruppe dokumentiert, im Jahr 2002 immerhin schon 791. In Deutschland beschäftigt sich die Arbeitsgemeinschaft "Insulinpumpentherapie im Kindes- und Jugendalter" damit, Patientendaten auszuwerten, Qualitätsstandards zu erarbeiten und Empfehlungen für Behandlung und Schulung zu entwickeln.

Von etwa einer halben Million Typ-1-Diabetikern in Deutschland sind 15 000 jünger als 14 Jahre und 25 000 jünger als 20 Jahre. Kinder sind keine kleinen Erwachsenen, abhängig vom Alter und Entwicklungsstand haben sie ganz unterschiedliche Bedürfnisse. Bei diabetischen Kindern und Jugendlichen geht es nicht nur darum, akute Stoffwechselentgleisungen und Folgeerkrankungen zu verhindern, sondern auch eine normale körperliche und psychosoziale Entwicklung zu gewährleisten.

Ganz niedrige Basalraten bei Kindern

Kinder besitzen im Allgemeinen eine höhere Insulinsensitivität und einen geringeren Insulinbedarf als Erwachsene. Die Basalrate ist mit 0,25 I. E. pro kg Körpergewicht bei Kindern vor der Pubertät und mit 0,45 I. E. pro kg Körpergewicht bei Jugendlichen sehr niedrig. Tageszeitliche Schwankungen des Insulinbedarfs fehlen bei Kindern unter fünf Jahren praktisch ganz.

Es gibt keine generelle untere Altersgrenze für die Pumpentherapie. Zu den Voraussetzungen für eine Pumpentherapie bei Kindern oder Jugendlichen gehören:

  • Kostenzusage der Krankenkasse (genau wie bei Erwachsenen)
  • Akzeptanz der Pumpe (Fremdkörper) und der notwendigen Blutzuckerkontrollen, Katheterwechsel und Ambulanzbesuche
  • Bereitschaft zur Teilnahme an einer Pumpenschulung (das gilt für Patient, Familie und andere betreuende Personen)
  • Verhinderung von Manipulationen an der Pumpe (Tastensperre)
  • Qualifizierte ambulante Weiterbetreuung

Wichtigstes Therapieziel: Dawn-Phänomen meiden

Von den Teilnehmern der Insulinpumpen-Arbeitsgemeinschaft wurden als Therapieziele am häufigsten Vermeidung des Dawn-Phänomens (bei Jugendlichen) sowie verbesserte Flexibilität und Motivation genannt (siehe Abb.). Auch bei Kindern konnte unter der Pumpe eine etwas niedrigere Hypoglykämierate und ein geringerer Insulintagesbedarf gezeigt werden als unter der Spritzentherapie. Eine Verbesserung der HbA1c-Werte konnte im Mittel allerdings noch nicht erreicht werden.

Die kontinuierliche Insulinversorgung über eine Pumpe ist nichts Neues. Die Geräte sind jedoch in den letzten Jahren technisch ausgereifter und zum Teil sehr klein geworden. Es wird kontinuierlich Insulin gefördert und so der Insulingrundbedarf entsprechend einer einprogrammierten Basalrate gedeckt. Die Pumpe erlaubt individuell eine bessere Behandlung des Diabetes mellitus; durch die bessere Stoffwechseleinstellung hilft sie, Akutkomplikationen wie Hypoglykämien, aber auch Spätkomplikationen zu vermeiden.

Tab. 1: Indikationen zur Insulinpumpentherapie
  • Hyperglykämie oder labile Stoffwechsellage trotz engagiert durchgeführter Therapie mit multiplen Injektionen
  • schwere Hypoglykämien, besonders auch nachts
  • Dawn-Phänomen
  • unregelmäßiger Lebensrhythmus, zum Beispiel Schichtarbeit, mit unzureichendem Erfolg der Therapie mit multiplen Injektionen
  • präkonzeptionell oder in der Schwangerschaft bei unzureichendem Erfolg der Therapie mit multiplen Injektionen
  • ausgeprägte symptomatische Spätkomplikationen, die eine normoglykämische Stoffwechsellage erfordern

    Dawn-Phänomen

    "Morgenphänomen": steigender Insulinbedarf in den frühen Morgenstunden

Intensivierte konventionelle Insulintherapie (Basis-Bolus-Therapie) Ein- bis dreimal täglich wird ein Verzögerungsinsulin injiziert, um den Basalbedarf zu decken. Vor bzw. zu den Hauptmahlzeiten wird ein Normalinsulin gespritzt. Voraussetzungen sind eine mehrmals tägliche Blutzuckerselbstmessung und eine dem Blutzuckerwert und der Nahrungsmenge angepasste Dosierung. Pens erleichtern die häufigen Injektionen.

Einen Insulinpumpenvergleich findet man im Internet unter www.diabetesnet.com

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