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Die Seite 3
In einer wütenden, vor allem aber entlarvenden Attacke gegen die DAZ hat der Leiter der Hauptstadtredaktion der Pharmazeutischen Zeitung gezeigt, wes Geistes Kind er ist (PZ 2003, Nr. 1/2, S. 14). Indirekt und wohl ungewollt hat er dabei fundamentale Unterschiede deutlich gemacht – zwischen seiner PZ und unserer DAZ.
Für diese öffentliche Klarstellung darf man dankbar sein. Aktueller Stein des Anstoßes: In unserer DAZ vom 19. Dezember erschien – als Flugblatt beigelegt – eine Anzeige (!), in der ABDA-Präsident Friese zum Rücktritt aufgefordert wird. Die Initiatoren der Aktion treten in der Anzeige offen auf und werden namentlich genannt. Wer die Forderung unterstützen wolle, möge dies per Fax der ABDA kundtun – so der Wunsch der Friese-Kritiker.
So weit, so gut – und eigentlich in einem demokratischen Gemeinwesen kein Grund zu besonderer Erregung. Sollte man meinen. Doch weit gefehlt. Thomas Bellartz nimmt die Anzeige zum Anlass, in einem PZ-Kommentar zu einem Rundumschlag auszuholen. Dabei nimmt er nicht vorrangig die Rücktrittsforderer ins Visier.
Ziel der Attacke ist die böse DAZ, der die Anzeige beilag. Obwohl die DAZ einerseits (er meint wohl: in redaktionellen Meinungsbeiträgen) die Geschlossenheit des Berufsstandes heraufbeschwöre, räume sie andererseits "gegen Bezahlung" Leuten Raum ein, die einen Keil in den Berufsstand treiben wollten. Sie wolle mit Opposition Auflage machen. Das sei "journalistisch fragwürdig". Ein klassisches Selbsttor. Denn "journalistisch fragwürdig" und obendrein peinlich ist das Selbstverständnis, das der PZ-Redakteur mit seinem Angriff auf die DAZ zum Ausdruck bringt.
Die Rücktrittsforderung mag man für sinnvoll oder für verfehlt halten (meine Meinung dazu kann man in der AZ 48 vom 25. November nachlesen). Das ist gar nicht das Thema. Thema ist vielmehr, dass der PZ-Redakteur es offensichtlich für normal hält und von uns verlangt, gegenüber Anzeigenkunden Zensur auszuüben.
ABDA-kritische Stimmen – so die Botschaft – sind mundtot zu machen. Dass dies geht: die PZ beweist es – sogar im redaktionellen Teil. Über die fraktionsübergreifenden Rücktrittsaufforderungen aus der Kammer Nordrhein und aus dem Hessischen Apothekerverband hat die PZ z. B. mit großer Verspätung erst berichtet, als der Gesamtvorstand der ABDA "nach intensiver Diskussion des Für und Wider eines Rücktrittes" mit 29 Ja-Stimmen bei fünf Nein-Stimmen und vier Enthaltungen dem Präsidenten das Vertrauen ausgesprochen hatte.
An solchen Spielchen wird sich die DAZ auch in Zukunft nicht beteiligen. Eine Politik des Verschweigens und Ausgrenzens ist unsere Sache nicht. Wir stehen für Toleranz, Pluralität, Offenheit. Und wir bleiben bei unserer klaren Trennung von redaktioneller Berichterstattung und Kommentierung einerseits und Anzeigen andererseits. Meinungen zu unterdrücken und Anzeigenkunden zu zensieren – das überlassen wir auch in Zukunft anderen, die es mit bewährten und beschützenswerten publizistischen Grundsätzen nicht so ernst nehmen.
Dass der gelernte Journalist Bellartz von solchen Grundsätzen noch nichts gehört hat, erscheint unwahrscheinlich. Er wird auch wissen, dass die PZ (die sich selbst als "Zentralorgan" bezeichnet) immer wieder unter den Verdacht geraten ist, so etwas wie die "Prawda" der ABDA zu sein. Merkt er nicht, dass er solchen Vorwürfen nur weitere Nahrung gibt, wenn er die Herausgeber der DAZ angreift, weil sie sich nicht als Oberzensoren – pro oder contra ABDA – einspannen lassen?
Dass wir uns dazu nicht hergeben, signalisiert nicht zuletzt den Unterschied zwischen einer vermeintlich und einer wirklich unabhängigen Zeitung; zwischen einer PZ, die kammerfinanziert und ungefragt jedem Apothekenleiter ins Haus geschickt wird, und einer DAZ, die bei praktisch gleicher Auflage auf der Basis freiwillig bezahlter Abonnements allein durch Leistung überzeugen muss – nein besser: darf.
"Prinzipiell gefährlich" für uns Apotheker ist (anders als Bellartz meint) nicht, wenn in einer Fachzeitung deutlich wird, dass es in einer schwierigen Situation in wichtigen Fragen innerhalb der Berufsgruppe auch Auffassungsunterschiede gibt; gefährlich ist auch nicht, dass es solche Unterschiede – wie fürchterlich – sogar noch gibt, nachdem Gremien der Berufsorganisationen irgendwann, irgendwo, irgendwie abgestimmt haben.
Prinzipiell gefährlich ist vielmehr die miefige Provinzialität, die meint, solche Auffassungsunterschiede gelte es um der Geschlossenheit willen auf jeden Fall tot zu schweigen. Geschlossenheit kann wertvoll sein. Aber Geschlossenheit als Ergebnis publizistischer Manipulation wird in der politischen Auseinandersetzung eher zum Handikap.
Klaus G. Brauer
Zensur oder Toleranz?
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