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Eröffnungsveranstaltung Pharmacon Davos: Den Umbruch als Chance begreifen
Metzger erinnerte daran, dass es in der Vergangenheit bereits mehrfach Reformen gab, die mit teilweise schmerzhaften Einschnitten für die Apotheken verbunden waren. Im Gegensatz zu der nun vom Runden Tisch, der Monopolkommission, der E-Commerce-Kommission des Deutschen Bundestages, dem Sachverständigenrat, den Krankenkassen und dem Bundesministerium für Gesundheit unisono geforderten Liberalisierung des Arzneimittelmarktes sei bei all diesen Reformen allerdings niemals die Strukturfrage im Grundsatz gestellt worden. Die jetzigen Reformbestrebungen seien somit weit ernster für den Berufsstand als alle bisherigen, und umso stärker müsse und werde man sich dagegen wehren.
Gerechtfertigt wird der Kampf gegen Arzneimittelversandhandel und für den Erhalt der Individualapotheke Metzger zufolge nicht nur aufgrund von wohlverstandenen Eigeninteressen, sondern auch nachgewiesenermaßen im Interesse der Bürgerinnen und Bürger. Schließlich habe die von der ABDA initiierte Bevölkerungsbefragung mit ihren 7,7 Millionen Unterschriften "Pro Apotheke" eindrucksvoll gezeigt, dass die Bürger sich auch künftig eine wohnortnahe persönlich verantwortete Individualapotheke wünschen.
Kämpferisch sagte der BAK-Präsident: "Und deshalb lassen wir nicht nach mit unserem Einsatz für den Erhalt der Individualapotheke, weil wir der festen Überzeugung sind, dass bei allem notwendigem Wandel damit ein Höchstmaß an Versorgungsqualität erhalten bleiben wird."
Das Vorschaltgesetz ist nicht hinnehmbar
Metzger räumte ein, dass man die Zwänge der Bundesregierung – die Transferleistungen für immer mehr alte Menschen bei gleichzeitig sinkenden Einnahmen sicherzustellen – natürlich anerkenne und sich auch keiner Fortentwicklung zur Lösung der enormen Probleme verweigere. Was jedoch mit dem Vorschaltgesetz umgesetzt worden sei, könne man nicht hinnehmen.
"Eine hervorragende Versorgungsleistung wird durch die Apotheken flächendeckend Tag und Nacht erbracht. Da kann eine Bundesregierung nicht mit einem Federstrich einer ganzen Berufsgruppe möglicherweise bis zur Hälfte des Einkommens entziehen, um die Defizite der Kassen auszugleichen", schimpfte er. Da die verantwortlichen Politiker dies jedoch offenbar anders sehen und im Vorfeld keinerlei Argumenten zugänglich waren, werde nun das Bundesverfassungsgericht zu prüfen haben, ob das Vorschaltgesetz überhaupt rechtlich aufrecht zu erhalten sei.
Verhinderung des Systembruchs dank ABDA
Der BAK-Präsident verteidigte in diesem Zusammenhang die Arbeit der ABDA: "Ich habe in den letzten Tagen viele Gespräche mit zutiefst empörten Kolleginnen und Kollegen geführt. Die gefühlte Ohnmacht macht Wut, Verzweiflung. Ich habe großes Verständnis dafür, sind wir doch alle von Sorge um die Zukunft erfüllt. Aber sie darf uns nicht den Sinn für das Mögliche und Machbare verstellen. Denn die Bundesregierung hat bei der Umsetzung des Vorschaltgesetzes den Einfluss aller Verbände der Heilberufe bewusst ausgeschaltet."
Dennoch habe die ABDA als einziger Interessenvertreter einige Erleichterungen durchsetzen können. So sei ihr die Streichung von zwei vorgesehenen Rabattstufen und daraus resultierend eine Reduzierung der jährlichen Belastung von etwa 7500 Euro pro Apotheke zu verdanken. Des Weiteren habe der Gesetzgeber – ihrer Argumentation folgend – nicht an seinen ursprünglichen Plänen festgehalten, auch Einzelverträge zwischen Krankenkassen und Apotheken über Einzelrabatte sowie variable Patientenzuzahlungen zuzulassen.
Reformvorschlag in den nächsten Wochen
Diese Erleichterungen, so Metzger, seien natürlich noch nicht ausreichend, "aber wir geben hier keineswegs auf und werden nicht warten, bis das Verfassungsgericht alle Fragen zum Vorschaltgesetz beantwortet und die verschiedenen Kommissionen ihre Ansichten zur Gesundheitsreform vorgestellt haben. Wir gehen schon in den nächsten Wochen auf die Bundesregierung mit einem Reformvorschlag zu, der die Arzneimittelversorgung wirtschaftlich gestaltet, aber das Grundprinzip der heilberuflich verantworteten Individualapotheke erhält."
Daneben wird sich die Standesvertretung Metzger zufolge auch intensiv auf die Debatte um die Zukunft der Arzneimittelversorgung vorbereiten müssen, um auf die von der Bundesregierung angedachten Deregulierungsmaßnahmen wie Versandhandel, Mehrbesitz, Aufhebung der Arzneimittelpreisverordnung, Abschöpfung der Naturalrabatte und Verträge zwischen Einzelapotheken oder Gruppen mit einzelnen Krankenkassen nicht nur zu reagieren, sondern auch agierend eingreifen zu können.
Ein Mehr an Pharmazie – zu einem gerechten Lohn
"Unser Angebot an die Gesellschaft kann wohl nur ein Mehr an Pharmazie sein", wies Metzger bereits die Richtung. So könnte die pharmazeutische Betreuung nutzbringend in die Disease Management Programme eingebracht und der Versandhandel durch das Konzept der "Hausapotheke" und des "Home-Delivery-Service" für die Patienten uninteressant werden.
Allerdings stellte Metzger klar, dass dieses Mehr an Pharmazie nicht ohne gerechten Lohn gefordert werden kann. "Wer heute die Entscheidung zwischen einer rein wettbewerblich orientierten Billigdistribution und der wohnortnahen Individualversorgung durch Leistungsentzug vorwegnimmt, bahnt der Billigdistribution zu Lasten der Versorgungsqualität den Weg", warnte er. "Ich möchte aber, dass die Apothekerin, der Apotheker weiterhin neutraler Sachwalter der Patienteninteressen bleiben, immer dann, wenn es um das Arzneimittel geht. Und das sollte auch das Interesse einer verantwortlichen Gesundheitspolitik sein."
"Wir stehen am Anfang eines Jahres, das für die Arzneimittelversorgung in Deutschland zur Zäsur werden kann." Mit diesen Worten umriss Johannes Metzger, Präsident der Bundesapothekerkammer bei seiner Eröffnungsrede zum 33. BAK-Fortbildungskongress am 12. Januar in Davos die Situation, wie sie sich für die Apothekerschaft durch das Vorschaltgesetz und die weiteren Reformpläne der Bundesregierung darstellt. Trotz einer ungerechtfertigten, übermäßigen und unmäßigen finanziellen Belastung für den Berufsstand versuchte er Hoffnung zu machen, dass sich das Berufsbild dennoch zukunftssicher gestalten lässt, "wenn wir den Umbruch als Chance begreifen."
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