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Teilchenphysik: Quarks – der Stoff, aus dem die Teilchen sind

Ein Proton wird älter, als das Weltall existiert; es hat eine Lebensdauer von etwa 2 x 1030 Jahren. Seine hohe Stabilität ist für diese Welt verantwortlich und damit Grundlage unseres Daseins. Doch weshalb ist das Proton so stabil? Die Frage rührt an den Urgrund der Materie und bewegt die moderne Physik spätestens, seitdem Hideki Yukawa (Physiknobelpreis 1949) 1932 das mittelschwere Kernteilchen Meson - heute Pi-Meson oder Pion genannt - theoretisch vorhersagte und beschrieb. Die Suche nach dem fundamentalen Aufbau der Materie ist in vollem Gange. In den Bruchstücken zertrümmerter Protonen und Neutronen werden immer wieder neue Teilchen gefunden. Und nahezu monatlich gibt es Meldungen über exotische Teilchen, die für Mikro- und Nanosekunden existiert haben sollen. Schon in den 1950er-Jahren waren 30 Elementarteilchen bekannt.

Der Teilchenzoo wird systematisiert

Der so genannte Teilchenzoo wuchs und wuchs. Heute beherbergt er mehrere hundert subatomare Teilchen. Doch subatomar ist nicht elementar. Die echten Grundbausteine der Materie mussten noch gefunden werden. Deshalb verlangten die neuen Teilchen zunächst nach Erklärung und Einordnung aufgrund der physikalischen Gesetze.

Wenn ein Teilchen in kleinere Bestandteile zerfällt oder sich in andere umwandelt, müssen zum Beispiel Energie, Impuls, Drehimpuls (Spin) und die elektrische Elementarladung insgesamt erhalten bleiben. Dieser Sachverhalt wird mit den entsprechenden Erhaltungssätzen beschrieben. Zerfällt ein Neutron in seine Bestandteile Proton, Elektron und Antielektronenneutrino, muss also unter anderem die gesamte elektrische Ladung aller beteiligten Teilchen vor und nach der Reaktion ebenso erhalten bleiben wie die Gesamtmasse.

Das Benehmen der atomaren Bausteine Proton, Neutron und Elektron lässt sich mit den bekannten Erhaltungssätzen ausreichend beschreiben. Doch die neuen Zoomitglieder entzogen sich einer solchen Einordnung. Erhaltungssätze neuen Typs wurden nötig, in die neue Quantenzahlen einflossen, die gewissermaßen die inneren Eigenschaften der Teilchen beschreiben.

Ein vollständiger Satz an Quantenzahlen charakterisiert ein Teilchen eindeutig. Praktikablerweise führen die Physiker neue Quantenzahlen ein, wenn sich experimentell unterschiedliche Teilchen durch die vorliegenden Quantenzahlen nicht differenzieren lassen.

Werner Heisenberg (Physiknobelpreis 1932) führte auf diesem Wege die Isospinsymmetrie in die Kernphysik ein. Dadurch konnte er einige Teilchen zu Gruppen zusammenfassen. Der geniale Physiker beschrieb mit dieser Differenzierung die Unabhängigkeit der zwischen den Nukleonen - das sind Protonen und Neutronen - wirkenden Kräfte von der elektrischen Ladung.

Es blieb jedoch dem US-Amerikaner Murray Gell-Mann (Nobelpreis 1969) vorbehalten, dem Rätsel der Stabilität der Nukleonen eine Erklärung entgegenzusetzen. Gell-Mann, das Wunderkind, das Vögel, Münzen, Wörter und vieles mehr klassifizierte und mit 14 Jahren Physik studierte, konnte sich die wirklich elementaren Teilchen, den Urgrund der Materie, vorstellen.

Gleichzeitig und unabhängig von dem israelischen Forscher Yuval Ne'eman fasste er die Elementarteilchen zunächst zu Oktetten zusammen und nannte das nach einem buddhistischen Aphorismus den "Achtfachen Weg". Seine Überlegungen basieren auf einer komplizierten mathematischen Struktur, der SU(3)-Algebra. Dadurch ließen sich die Teilchen in dreieckige Multipletts einordnen (Abb. 1).

up, down, strange ...

Da es plötzlich möglich war, die Elementarteilchen in eine dem Periodensystem ähnliche geordnete Struktur zu bringen, lag es nahe, dass es dazu eine Unterstruktur geben müsse. Diese hypothetischen Bausteine der Materie nannte Gell-Mann "Quarks", nach den jungen Kerlen ("Three quarks for muster Mark") in James Joyces "Finnegan's Wake". Der Name hat Bestand, obwohl sein Kollege Georg Zweig sie "Asse" nennen wollte.

Nach Gell-Mann sollte die Materie aus den drei Quarks "up", "down" und "strange" bestehen (Abb. 2). Proton, Neutron und die bekannten Mesonen ließen sich damit erklären. Doch bald wurde klar, dass das Konzept der drei Quarks Schwächen aufwies. Gell-Mann erweiterte seine Vorstellungen zur dreidimensionalen SU(4)-Algebra und postulierte ein viertes Quark, das er "charm" nannte. Durch dieses Denkschema wurde es möglich, neue Teilchen wie das Omega zu postulieren (Abb. 1).

Als gleichzeitig mit der Vorstellung dieser Hypothese 1974 das Meson J/Psi entdeckt wurde, das die zwanzigfache Masse eines Pions hat und aus einem charm-anticharm-Quarkduplett besteht, wurde schnell offenbar, dass es noch weitere Mesonen geben musste, deren Eigenschaften recht genau vorhergesagt werden konnten. 1978 wurde überraschend ein Meson entdeckt, das die zehnfache Masse eines Protons hat und dessen Eigenschaften nicht anders als mit der Existenz eines fünften, "bottom" oder "beauty" genannten Quarks erklärt werden konnte.

Man glaubte inzwischen zu wissen, dass Quarks nur in Paaren auftreten. Deshalb wurde für das noch unentdeckte sechste Quark bereits der Name "top" reserviert. Dessen Entdeckung ließ aber bis 1995 auf sich warten; "top" besitzt die aberwitzig große Masse von 175 Protonen.

Damit ist die Quarkfamilie komplett. Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit gibt es neben den sechs bekannten Quarks und deren Antiteilchen keine weiteren Quarkpaare (Abb. 2).

Quarks - Bausteine der Mesonen und Baryonen

Der Quarkforschung kommt bisher keine praktische Bedeutung zu. Das kann sich aber ändern. Denn die Vorgänge im Atomkern werden noch nicht ganz verstanden.

Alle Teilchen, die aus Quarks aufgebaut sind, nennt man Hadronen, die sich in Mesonen (mittlere Teilchen) und Baryonen (schwere Teilchen) unterteilen. Die Baryonen bestehen jeweils aus drei Quarks; dazu zählen Proton und Neutron. Die Mesonen bestehen jeweils aus einem Quark und einem Antiquark (Abb. 3, Tab. 1).

Die Mesonen vermitteln die starke Kraft, die die Kernteilchen zusammenhält, so wie das Photon für die elektromagnetische Wechselwirkung verantwortlich ist. Etwa 1020-mal pro Sekunde fliegen Pion-Mesonen zwischen den Nukleonen hin und her. Sie zerfallen mit der Geschwindigkeit, die das Licht braucht, um die Distanz eines Atomkerndurchmessers zu durchlaufen - das sind 10-8 bis 10-23 Sekunden - und entstehen immer wieder neu.

Diese Vorgänge können mit dem Quarkmodell anschaulich erklärt werden. Es passt sich nahtlos in das Standardmodell ein, das beschreibt, wie die elementaren Teilchen organisiert sind und wie sie miteinander interagieren.

Infrage gestellt wird das Quarkmodell nun jedoch durch das Teilchen Ds(2317), ein Meson, das Anfang 2003 in Kalifornien entdeckt wurde. Es ist eines der theoretisch vorausgesagten acht charm-and-strange-Mesonen. Im Vergleich zu den bereits nachgewiesenen vier Teilchen dieser Gruppe ist es aber zehn Prozent zu klein. Sollte sich diese Abweichung von der theoretisch geschätzten Masse bestätigen, müsste die bisherige Theorie der Quarks überdacht werden.

Pentaquarks

Seit mehr als 30 Jahren ist vermutet worden, dass es Teilchen geben muss, die aus fünf Quarks bestehen. Vor fünf Jahren hatten deutsche und russische Forscher die Eigenschaften eines solchen Teilchens berechnet. Der experimentelle Nachweis eines Pentaquarks ist vor kurzem japanischen Forschern gelungen.

An der Universität Osaka wurde ein Kohlenstoffblock mit hochenergetischen Gammastrahlen beschossen. Nach langen Mühen gelang es, das Verschmelzen eines Mesons und eines Neutrons zu einem Pentaquark zu detektieren. Der Nachweis des schon nach 10-20 Sekunden wieder zerfallenen Pentaquarks gelang nur über die Bruchstücke: ein Neutron und ein positives Kaon.

Takashi Nakano, der Leiter der Gruppe, hofft, dass die Entdeckung die Theorie über das junge Universum kurz nach dem Urknall befruchten werde. Es sei sehr unwahrscheinlich, Pentaquarks irgendwo im Universum zu finden, höchstens in einem Schwarzen Loch.

Farbladung

Jedes Quark kann als rot, gelb oder blau bezeichnet werden. Diese Farbladung - eine recht neue Quantenzahl - spielt eine ähnliche Rolle wie die elektrische Ladung. Sie hält die Quarks z. B. in einem Proton zusammen. Die dazugehörigen acht Austauschteilchen werden Gluonen genannt. Nach der Theorie gilt die starke Wechselwirkung, die immerhin die stärkste Kraft des Universums darstellt, als Rest dieser sehr starken Farbkräfte.

Das Streben nach der großen Synthese zur supernuklearen Wechselwirkung, das heißt nach einer einheitlichen Theorie der elektromagnetischen, der schwachen und der starken Wechselwirkungen, wirft viele Fragen auf. Unter anderem geht es darum, ob ein Quark in ein Lepton übergehen kann, und vor allem darum, warum das Proton so stabil ist.

Literatur

Károly Simonyi: Kulturgeschichte der Physik. Harry Deutsch, Frankfurt am Main, 1990. Volkard Linke: Quarks, Grundbausteine der Materie. Vortrag an der Freien Universität Berlin, 1995.

Leptonen Elektronen, Positronen, Myonen, Tauonen und Neutrinos bestehen nicht aus Quarks. Sie gehören zur Gruppe der Leptonen (leichte Teilchen). Die Leptonen sind in gewisser Weise die Schwestern der Quarks. Auch sie sind wahrhaft elementare Teilchen.

Exotische Atome Es wird an Atomen gearbeitet, bei denen die Elektronen durch verhältnismäßig langlebige negative Elementarteilchen ersetzt werden, beispielsweise durch ein negatives Kaon oder auch ein Antiproton. Solche exotischen oder Meson-Atome haben verschobene Energieniveaus und würden sich z. B. hervorragend für die Erhellung der Atomstruktur eignen.

Quarkstern Tübinger Astronomen haben mit dem Röntgenobservatorium Chandra einen Stern entdeckt, der möglicherweise neue Erkenntnisse über die Struktur der Materie liefert. Er strahlt wie ein Festkörper mit einer Temperatur von 700 000 °C, ist also hundertmal heißer als die Sonne, hat aber einen ungewöhnlich kleinen Durchmesser von nur 11 km.

Die Dichte des Objektes RXJ1856.3-3754 scheint noch dichter zu sein als die Materie der Atomkerne, demnach könnte es kein extrem massereicher Neutronenstern sein. Es wird deshalb vermutet, dass der Stern aus freien Quarks besteht.

Quarks im Netz

Quark-Theorie www2.slac.stanford.edu/vvc/ theory/quarks.html Fermi-Laboratorium www.fnal.gov/ Grundlagen der Teilchenphysik www.didaktik.physik.uni-erlangen.de

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