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BKK für Heilberufe: Wer saniert die BKK für Heilberufe?
Die BKK für Heilberufe informierte die Öffentlichkeit am 11. Februar mit einer Pressemeldung über die personelle Veränderung. Demnach hätten die bisherigen Vorstände Hansjoerg Schulten und Klaus Möller den Verwaltungsrat aus persönlichen Gründen und auf eigenen Wunsch um Versetzung in den Ruhestand gebeten. Daraufhin habe der BKK-Landesverband Nordrhein-Westfalen Jochem Schulz kommissarisch mit den Vorstandsaufgaben betraut.
Von der Vorzeige- zur Sanierungskasse
Für einen problematischeren Hintergrund dieses Wechsels spricht ein Bericht der "Ärzte Zeitung" vom 14. Februar. Demnach sei das Defizit der BKK für Heilberufe nach der letzten Beitragserhöhung von 270 Mio. Euro auf 200 Mio. Euro zurückgegangen, doch habe sie zuletzt die Gehälter ihrer Mitarbeiter nicht mehr auszahlen können. Daraufhin habe der BKK-Landesverband die Liquidität sichergestellt. Der Verband sei unmittelbar an der Sanierung beteiligt.
Als Hintergrund für die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Krankenkasse wird immer wieder ihr rasantes Wachstum genannt. Sie war im Juli 1996 mit einem Beitragssatz von 11,9% gestartet und ist inzwischen mit 460 000 Mitgliedern die größte BKK in Nordrhein-Westfalen. Bei diesem Wachstum wurden offenbar verstärkt "ungünstige Risiken" angezogen. Denn im August 2002 hatte der Beitragssatz bereits 12,9% erreicht und musste auf 13,9% angehoben werden.
Warum Jochem Schulz?
Vor diesem Hintergrund erscheint es konsequent, wenn der BKK-Landesverband einen Vorstand beruft, der in Veröffentlichungen von Krankenkassenseite als "konsequenter Sanierer und harter Sparer" bezeichnet wird. Unter Apothekern dagegen, die sich oft gerade dieser Krankenkasse besonders verbunden fühlen, hat die Entscheidung erhebliche Irritationen ausgelöst. Denn unter den Leistungsanbietern im Gesundheitswesen ist Jochem Schulz bisher immer wieder durch langwährende Rechtsstreitigkeiten der BKK Berlin aufgefallen.
Dies hatte sogar schon das ARD-Magazin Panorama beschäftigt, wie auf dessen Internetseite zur Sendung vom 10. Januar 2002 nachzulesen ist. Dort werden diverse Fälle aufgelistet, in denen die BKK Berlin Rechnungen von Krankenhäusern, Pflegediensten und anderen Leistungserbringern nicht bezahlt habe – insgesamt angeblich über einen Betrag von 45 Mio. Euro. In diesem Zusammenhang wird auch Herbert Schulz erwähnt, Vorstand der BKK Hamburg und Zwillingsbruder seines Berliner Kollegen, der ebenfalls zahlreiche Rechnungen von Leistungserbringern nicht bezahlt haben soll.
Die Kassenärztliche Vereinigung Berlin berichtet auf ihrer Internetseite, dass Krankenhäuser mit der BKK Berlin über ausstehende Rechnungen in zweistelliger Millionenhöhe streiten. Auf Antrag des Berliner Apothekervereins hat das Berliner Sozialgericht am 1. März 2002 in einer einstweiligen Anordnung gegen die BKK Berlin beschlossen, dass diese verordnete Hilfsmittel nach den Vereinbarungen des Liefervertrages genehmigungsfrei bezahlen müsse und nicht einseitig von dem zwischen den Verbänden geschlossenen Vertrag abweichen dürfe.
Im Juli 2002 stellte jedoch das Landessozialgericht Berlin fest, dass die BKK Berlin sich noch nach der erstinstanzlichen Gerichtsentscheidung auf den Standpunkt gestellt habe, sie wolle ihr rechtswidriges und nicht vertragsgemäßes Verhalten fortsetzen. Mittlerweile wird ein neuer Liefervertrag mit dem BKK-Landesverband Ost ohne die BKK Berlin verhandelt.
Apotheker- und Ärztebank in der Kritik
Angesichts der Auswahl des neuen Vorstandes der BKK für Heilberufe wird in Kreisen der Leistungserbringer Kritik an der Deutschen Apotheker- und Ärztebank geäußert. Denn diese Bank hatte bei der Gründung der BKK eine Anschubfinanzierung geleistet. Ihr Vorstandssprecher Werner Wimmer ist Mitglied des Verwaltungsrates der Krankenkasse. Beide Unternehmen haben ihren Sitz in Düsseldorf.
Gegenüber der DAZ erklärte der Pressesprecher der Deutschen Apotheker- und Ärztebank jedoch, die Bank sei für die Personalentscheidung bei der BKK nicht verantwortlich. Diese Entscheidung gehe allein auf den BKK-Landesverband zurück, da dieser auch für die Krankenkasse hafte. Aus Sicht der Bank sei die Krankenkasse nur als ein Kunde zu betrachten, so dass weitere Äußerungen nicht möglich seien.
Langfristig muss der Verwaltungsrat entscheiden
Der BKK-Landesverband sieht sich dagegen keineswegs als alleiniger Entscheidungsträger für die Krankenkasse. Theo Giehler, Vorstandsmitglied des BKK-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen, machte gegenüber der DAZ deutlich, dass die Berufung von Schulz eine kurzfristige Entscheidung zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der Krankenkasse war. Die Berufung gelte nur bis zum 18. März. Der Landesverband habe Schulz für diese Aufgabe vorgeschlagen. Dabei habe auch seine kurzfristige Verfügbarkeit eine Rolle gespielt, doch habe er weiterhin seine Aufgabe in Berlin.
Mit dieser Interimslösung sei keine Vorfestlegung für die Wahl eines neuen Vorstandes getroffen worden. Langfristig könne nicht der BKK-Landesverband, sondern nur der Verwaltungsrat der Krankenkasse entscheiden. Dieser trete am 18. März wieder zusammen. Der Beirat, der wegen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten gegründet wurde und dem auch Giehler angehört, wirke nur an der Sanierung mit und mache Vorschläge. Giehler betonte, dass er an der grundsätzlichen Sanierungsfähigkeit der BKK für Heilberufe keine Zweifel habe.
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