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Leistungspflicht von Kassen: Bundesausschuss setzt auf Transparenz
"Prügelknabe der Politik"
Nach Worten von Dr. Rainer Hess, seit Januar Chef des Bundesausschusses und damit an der Spitze der so genannten gemeinsamen Selbstverwaltung im Gesundheitswesen, ist das Gremium Prügelknabe der Politik für unbeliebte Entscheidungen. Das sei so gewollt, aber auch sinnvoll, sagte Hess gegenüber "Gesundheit und Gesellschaft", der Zeitschrift des AOK-Bundesverbands. Die Gesundheitspolitiker könnten immer nur den großen Rahmen vorgeben, Details jedoch beschließe der Bundesausschuss, dessen Mitglieder nah an der Praxis seien und das Gesundheitswesen selbst gestalteten. Entschieden wird zum Beispiel über Ausschlüsse aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) oder über neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden. Im Ausschuss sitzen neben Vertretern der Ärzte, Krankenkassen und Krankenhäuser neuerdings auch Patientenvertreter, letztere zwar mit Mitberatungs- aber ohne Stimmrecht. Die Apothekerschaft ist darin nicht vertreten.
Hess sprach in dem in der Februar-Ausgabe veröffentlichten Interview von einem Drahtseilakt zwischen der medizinischen Versorgung nach modernen Erkenntnissen und den ökonomischen Zwängen. In Zeiten knappen Geldes müsse der Bundesausschuss den Ausgleich zwischen notwendigen Leistungen einerseits und dem Ausschluss unwirtschaftlicher Leistungen andererseits finden. Dabei habe beispielsweise die Ausgestaltung der Chroniker-Regelung zu Jahresbeginn gezeigt, wie sehr das Gremium mit diesen "hoch politischen Entscheidungen" im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehe.
Da die Krankenkassen unwirtschaftliches nicht finanzieren könnten, drohten zunehmend Konflikte, die der Ausschuss aushalten müsse. Gefragt, ob das Bundesgesundheitsministerium als Aufsichtsbehörde das Gremium nicht an die kurze Leine lege, antwortete der promovierte Jurist, dass die Politik es sich manchmal zu einfach mache, wenn sie eine Leistung aus dem GKV-Katalog ausschließe, aber die Selbstverwaltung über Ausnahmen befinden lasse. Hess kündigte eindeutige Positionen des Bundesausschusses an, die für die Politik auch unangenehm sein könnten. Er hält schnelleres Arbeiten als bisher für möglich, zumal seine Organisation jetzt mit einem eigenen Verwaltungshaushalt ausgestattet sei. Bis zur Arbeitsfähigkeit beispielsweise des neuen Qualitäts- instituts sei es jedoch noch ein Kraftakt.
Neues unabhängiges Institut
Nach Worten des Juristen errichtet der gemeinsame Bundesausschuss das neue Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit, das gleichwohl unabhängig sein werde. Die Wissenschaftler sollten ihre Expertenmeinung unabhängig von Kassen, Ärzten oder Klinikvertretern abgeben. Die Institutsmitarbeiter müssten allerdings in die Arbeitsgänge des Ausschusses eingebunden werden. Beteiligung von Kranken Der Vorsitzende erwartet im Übrigen durch die Beteiligung der Patienten-Vertreter in Einzelfällen eine schwierigere Durchsetzung von Beschlüssen. Er begrüßt die Mitberatung von Kranken gleichwohl, weil es vor dem Vorwurf schütze, der Ausschuss arbeite "im stillen Kämmerlein".
Keine Mitsprache der Industrie
Im Gegensatz dazu sprach er sich gegen die Mitsprache der Arzneimittelhersteller aus. Solange sich die Industrie nicht in die Sozialpflicht nehmen lasse, verfolge sie ihre eigenen Interessen und poche auf die Freiheit des Marktes. Der Bundesausschuss dagegen trage die ökonomische Verantwortung für das Gesamtsystem der Krankenversicherung. Daher bleibe für die pharmazeutischen Unternehmen nur das Recht auf Anhörung, aber nicht auf Mitsprache.
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