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- DAZ 14/2004
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Therapiebeobachtung
D. Notter et al.Therapie von Schlafstörungen
Therapie von Schlafstörungen
Schlafstörungen treten in den westlichen Industrieländern mit einer Häufigkeit von 20 bis 30% auf. Bei etwa der Hälfte der Betroffenen liegen schwere – und somit behandlungsbedürftige – Schlafstörungen vor [1]. Mit steigendem Alter nimmt die Häufigkeit von Schlafbeschwerden zu, wobei Frauen in allen Altersklassen häufiger über Schlafstörungen berichten als Männer. Andauernde oder sich wiederholende Schlafstörungen können die Befindlichkeit und die Leistungsfähigkeit am Tag massiv beeinträchtigen.
Neben nichtmedikamentösen Maßnahmen werden zur Therapie von Schlafstörungen häufig pflanzliche Arzneimittel, die meist Extrakte der Baldrianwurzel (Valeriana officinalis) enthalten, eingesetzt. Die vorliegende offene, prospektive Anwendungsbeobachtung hatte zum Ziel, die Wirksamkeit und Sicherheit des Baldrian-Hopfen-Extraktes Ze 91019 in Abhängigkeit von Schweregrad sowie Dauer und Ursachen der Schlafstörungen unter Praxisbedingungen zu untersuchen.
Außerdem sollten mit dieser Erhebung die Hauptursachen für die Schlafstörungen, der Wirkungseintritt des Prüfpräparates und die Beeinflussung der einzelnen Schlafparameter erfasst werden [2].
Methodik Patienten
Bei 60 niedergelassenen Schweizer Ärzten wurde von Mai 2001 bis September 2002 die offene Therapiebeobachtung durchgeführt. Verwertbare Fragebögen lagen von 144 Patienten vor. Die in die Studie aufgenommenen Patienten waren zwischen 11 und 91 Jahre alt, der Frauenanteil betrug 62%. Die Patienten waren gemäß der Empfehlung des Herstellers angehalten, vier Wochen lang abends ungefähr eine Stunde vor dem Zubettgehen 1 bis 2 Dragees des Prüfpräparates einzunehmen.
Prüfpräparat
Das Prüfpräparat Ze 91019 (Handelsname: Alluna®) setzt sich zusammen aus 250 mg eines standardisierten Baldrianwurzel-Trockenextraktes (Extraktionsmittel: Methanol 45%, Droge-Extrakt-Verhältnis 4-6:1, standardisiert auf mind. 0,15% Valerensäuren) und 60 mg eines standardisierten Hopfenzapfen-Trockenextraktes (Extraktionsmittel: Methanol 45%, Droge-Extrakt-Verhältnis 5-7:1, standardisiert auf mind. 0,4% Flavonoide, berechnet als Rutin).
Beurteilung durch Ärzte und Patienten
Vor der Behandlung wurden die Art, Stärke beziehungsweise Häufigkeit der Schlafstörungen sowie die möglichen Auslösefaktoren, die bisherige Medikation, zusätzliche Erkrankungen und ihre medikamentöse Therapie mittels eines Fragebogens erfasst.
Die Ärzte beurteilten vor und nach der Behandlung den Schweregrad der Schlafstörung. Nach Therapieende gaben sie mittels eines Fragebogens ihre Einschätzung bezüglich der Veränderungen der Schlafdauer und -qualität während der Therapie sowie der Wirksamkeit und Verträglichkeit des Präparates an.
Die Patienten bewerteten die Schlafdauer und -qualität in der Nacht und die Befindlichkeit am Tag, jeweils vor Behandlungsbeginn und nach Behandlungsende. Hierzu beurteilten sie auf einer Visual-Analog-Skala (0 – 10) acht Variablen, von denen vier den Schlaf betrafen (Einschlafgeschwindigkeit, Schlafdauer, Aufwachhäufigkeit, Erholsamkeit des Schlafes) und vier weitere sich auf den Zustand am Tag bezogen (Befindlichkeit, Ausgeglichenheit, Energiegeladenheit und Leistungsfähigkeit). Die Patienten mussten nach Therapieende ebenfalls die Verträglichkeit des Präparates und den allgemeinen Therapieerfolg beurteilen.
Zustand der Patienten vor der Behandlung
Als häufigste Schlafstörungen (Mehrfachnennungen waren möglich) gaben die Patienten mit jeweils knapp 80 Prozent Einschlafstörungen und nicht erholsamen Schlaf an. Etwa die Hälfte der Patienten nannte außerdem Durchschlafstörung mit Langzeiterwachen, morgendliches Früherwachen und Durchschlafstörungen mit Kurzerwachen.
Als häufigste Ursache der Schlafstörungen (Mehrfachnennungen waren erlaubt) gaben die Ärzte bei knapp 80% der Patienten psychologische Ursachen an, wobei hier vor allem Stress genannt wurde. Am zweithäufigsten (47%) lagen die Gründe im psychiatrischen Bereich, wobei hauptsächlich Depressionen und Angsterkrankungen angegeben wurden.
Durchschnittlich litten die Patienten seit fast zwei Jahren an Schlafstörungen. Den Schweregrad der Schlafstörung beurteilten die Ärzte bei 34% der Patienten als leicht, bei 54% als mittelschwer, bei 11% als schwer und bei einem Patienten fehlten hierzu die Angaben (Abb. 1).
Ergebnisse der Behandlung
Nach der vierwöchigen Therapie mit dem Baldrian-Hopfen-Extrakt Ze 91019 konnten die Ärzte bei 41% der Patienten eine Besserung feststellen, und bei weiteren 26% der Behandelten konnte keine Schlafstörung mehr diagnostiziert werden, und der Anteil der Patienten mit mittleren oder schweren Schlafstörungen ging stark zurück (Abb. 1).
Die stärkste Verbesserung (71%) der Schlafstörungen konnte bei Durchschlafstörungen mit Kurzerwachen erzielt werden. Bei Einschlafstörungen, der häufigsten Insomnieart, kam es bei 67% der Fälle zu einer Verbesserung. Von den Patienten mit psychologisch bedingten Schlafstörungen, der häufigsten Ursache der Schlafstörungen, sprachen 67% auf die Prüfmedikation an.
Patienten, deren Schlafbeschwerden zu Beginn der Therapie vom Arzt als leicht eingestuft worden waren, profitierten erwartungsgemäß am meisten von der Therapie: Etwa die Hälfte von ihnen war nach vier Wochen beschwerdefrei. Doch auch bei über der Hälfte der Patienten mit schweren Schlafstörungen konnte nach der Therapie eine Besserung der Beschwerden oder Beschwerdefreiheit diagnostiziert werden (Abb. 2).
Die Schlafstörungen besserten sich bei etwa 40% der Patienten bereits innerhalb von fünf Behandlungstagen, bei 26,4% zwischen dem 5. und 10. Behandlungstag und bei 14,6% nach dem 10. Behandlungstag. Die mittlere Schlafdauer verlängerte sich um ungefähr eine Stunde von durchschnittlich 5 Stunden 49 Minuten vor der Behandlung auf durchschnittlich 6 Stunden 35 Minuten nach der Behandlung.
Die Eigenbeurteilung der Patienten mittels der zehnteiligen Visual-Analog-Skala ergab, dass nach Therapieende 79% der Patienten besser einschlafen konnten, 78% ihren Schlaf als erholsamer empfanden, 71% länger schlafen konnten und 68% weniger häufig aufwachten als vor der Behandlung (Abb. 3).
Am Tag nach Behandlungsende fühlten sich im Vergleich zum Tag vor der ersten Einnahme des Prüfpräparates 75% der Patienten insgesamt besser, 76% energiegeladener, 71% leistungsfähiger und 68% ausgeglichener (Abb. 4). Die Verträglichkeit des Baldrian-Hopfen-Präparates bewerteten jeweils 92% der Ärzte und der Patienten mit Werten über 8 auf der zehnteiligen Visual-Analog-Skala.
Pharmakologische Grundlagen der Therapie
Der in der vorliegenden Untersuchung geprüfte Baldrian-Hopfen-Extrakt Ze 91019 war in der Vergangenheit Gegenstand zahlreicher Studien. So zeigte Ze 91019 in pharmakologischen Untersuchungen einen GABA-ergen Effekt [3], eine agonistische Wirkung am Adenosin-A1-Rezeptor [4] sowie eine dosis- und zeitabhängige Normalisierung des EEG-Frequenzmusters [5, 6].
Außerdem wird eine Beeinflussung der serotoninergen beziehungsweise dopaminergen Neurotransmission angenommen. In verschiedenen klinischen Untersuchungen wurde darüber hinaus auch gezeigt, dass das Prüfpräparat die Struktur des Schlafes normalisiert, dass es zu keinem Hang-over, zu keiner Gewöhnung, Abhängigkeit oder Tagessedation kommt und dass keine Interaktion mit Alkohol am Morgen nach der Einnahme beobachtbar ist [5–9].
Therapieziele erreicht
Wenn man als Therapieziel ganz allgemein eine Verminderung der Schlafbeschwerden anstrebt, dann ergibt sich aus den Untersuchungsergebnissen, dass es in allen drei Schweregraden zu einer Verbesserung der Schlafbeschwerden kam (Abb. 2). Patienten mit mittelschweren Schlafstörungen sowie Patienten mit Durchschlafstörungen mit Kurzerwachen haben dann am stärksten von der Therapie profitiert.
Wenn man als Therapieziel "keine Insomnie" annimmt, dann haben erwartungsgemäß vor allem diejenigen Patienten von der Baldrian-Hopfen-Therapie profitiert, die vor der Behandlung unter einer leichten Schlafstörung gelitten hatten. Bis zum Therapieende haben sich die acht bewerteten Variablen (Einschlafgeschwindigkeit, Schlafdauer, Aufwachhäufigkeit, Erholsamkeit des Schlafes, Befindlichkeit, Ausgeglichenheit, Energiegeladenheit und Leistungsfähigkeit) bei etwa 70 bis 80% der Patienten verbessert (Abb. 3 und 4). Dabei ist hervorzuheben, dass die Schlafdauer sich im Mittel um eine Stunde erhöhte und die Tagesbefindlichkeit sich deutlich verbesserte.
Mit dieser Therapiebeobachtung konnte unter Praxisbedingungen die ausgezeichnete Wirksamkeit und Verträglichkeit der Behandlung von Schlafstörungen unterschiedlichen Schweregrades gezeigt werden. Der Baldrian-Hopfen-Extrakt Ze 91019 ist besonders gut zur Behandlung von Schlafstörungen leichten und mittleren Grades und zum Wiedererreichen der vollen Leistungsfähigkeit am Tage geeignet.
Literatur
[1] Hajak G, Rüther E (1995) Insomnie – Schlaflosigkeit. Springer-Verlag, Heidelberg. [2] Notter D, Brattström A, Morandell D, Polasek W (2003) Phytothérapie 3: 9–13. [3] Rodenbeck A, Simen S, Cohrs S (1998) Somnologie 2: 26–31. [4] Müller CE, Schumacher B, Brattström A, Abourashed EA, Koetter U (2002) Life Sciences 1: 1939–1949. [5] Füssel A, Wolf A, Brattström A (2000) European Journal of Medicinal Research 6: 385–390. [6] Flesch P (1997) Geriatrie-Praxis 8 (Suppl. 1): 21–23. [7] Kammerer E, Brattström A, Herberg KW (1996) Der Bayerische Internist 16: 32–36. [8] Brattström A (1996) Forschende Komplementärmedizin 3: 188–195. [9] Vonderheid-Guth B, Todorova A, Brattström A, Dimpfel W (2000) European Journal of Medicinal Research 5: 139–144.
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