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Modellprojekt für Integrierte Versorgung in Stuttgart
IntegraCare® ist zwar ein lokaler Verein, die Gründungsmitglieder verstehen es aber als ein Modell, das bundesweit Schule machen könnte. Um bei einer möglichen Expansion des Modells einen Einfluss auf dessen weitere Entwicklung zu behalten, haben die Mitglieder den Namen warenzeichenrechtlich schützen lassen, erläuterte die Vorsitzende von IntegraCare®, Schwester Karin Johanna Haase, den weit über hundert anwesenden Apothekern, Ärzten und sonstigen Vertretern des Gesundheitswesens. Die Ordensschwester ist Leiterin der Krankenhausapotheke im Stuttgarter Marienhospital und hat den Verein zusammen mit 15 Stuttgarter Offizinapothekern Anfang dieses Jahres gegründet.
"Integriert" heißt Zusammenarbeit
Anlass für die Initiative der Apotheker war die Änderung der Paragraphen 140 a und b des Sozialgesetzbuchs V durch das GMG. Dem nun gültigen Wortlaut zufolge können die Krankenkassen mit einer Gemeinschaft von Ärzten, Krankenhäusern und sonstigen "Leistungserbringern" – explizit sind die Apotheken hier nicht genannt – Verträge zur integrierten Versorgung der Versicherten abschließen.
"Integriert" heißt dabei, auf eine knappe Formel gebracht: Stationärer und niedergelassener Bereich arbeiten bei der Versorgung des Patienten zusammen. Dabei sind in beiden Bereichen sowohl Ärzte als auch Apotheker beteiligt.
IntegraCare® hat standardisierte Vorgehensweisen sowohl für die Einweisung von Patienten ins Krankenhaus als auch für deren Entlassung erarbeitet, die sicherstellen, dass es an dieser Schnittstelle nicht zu einer Unterbrechung der Medikation oder zu Medikationsfehlern kommt – im Englischen nennt man dieses Konzept "seamless care", nahtlose Betreuung.
Im Ergebnis erhoffen sich alle Beteiligten, dass dadurch die Verweilzeiten im Krankenhaus kürzer werden und dass kurzfristig wiederholte Einweisungen ("Drehtür-Effekt") seltener vorkommen. Dies ist im Interesse der Patienten und ihrer Krankenversicherungen.
Die Optimierung im organisatorischen Bereich geht einher mit der Steigerung der individuellen Kompetenz, denn die Mitglieder von IntegraCare® verpflichten sich zu Qualität, Einsatz und Fortbildung; die beteiligte Krankenhausapotheke koordiniert die Fortbildungsveranstaltungen.
Von unten nach oben
IntegraCare® hatte sein Konzept bereits vor dem Schritt in die Öffentlichkeit dem Bundesgesundheitsministerium und den gesetzlichen Krankenkassen vorgestellt und hat inzwischen deren Anerkennung gefunden oder bei ihnen zumindest starkes Interesse geweckt. Da das Modell interdisziplinär angelegt ist, hat IntegraCare® sich mit den Standesorganisationen der Ärzte und Apotheker nicht abgesprochen.
Die Mitglieder wollen dadurch auch vermeiden, dass Kammer- und Verbandsfunktionäre eine gute Idee schon vor ihrer Realisierung "zerreden", und sind im Übrigen der Meinung, dass es besser ist, etwas im Kleinen aufzubauen und wachsen zu lassen ("bottom up") anstatt auf höherer Ebene ein Modell zu beschließen und dieses der Basis überzustülpen.
Obwohl IntegraCare® Wert auf seine Unabhängigkeit legt, ist es offen für konstruktive Kritik: Der Verein wird sich satzungsgemäß einen Beirat geben, in dem Vertreter aller Bereiche des Gesundheitswesens vertreten sind.
Pharmazeutische Betreuung
Was von dem Offizinapotheker als spezifischer Beitrag zur integrierten Versorgung erwartet werden darf, lässt sich unter dem Begriff "Pharmazeutische Betreuung" zusammenfassen. Prof. Dr. Marion Schaefer, Berlin, erinnerte als Gastreferentin der Veranstaltung daran, dass bereits mehrere Studien den Nutzen der Pharmazeutischen Betreuung für den Patienten nachgewiesen haben.
Die technischen Voraussetzungen für die Anwendung des Konzepts sind mittlerweile durch die elektronische Rezeptbearbeitung in der Apotheke gegeben. An die Scannerkassen angeschlossene Softwareprogramme erstellen automatisch die Medikationsdatei des jeweiligen Patienten und entwickeln daraus ein Medikationsprofil, das mit den entsprechenden Krankheitsprofilen abgeglichen wird.
Doppelverordnungen, Kontraindikationen oder von der Norm abweichende Dosierungen lassen sich sofort erkennen (Cave-Checks). Es ist aber auch notwendig, die Medikationsdatei dauerhaft zu beobachten, weil sich daraus zum Beispiel Hinweise auf eine unzureichende Compliance des Patienten ergeben können.
Um Nebenwirkungen zu erkennen, muss der Apotheker den Patienten routinemäßig fragen, wie er das Medikament verträgt. Er ist hier gegenüber dem Arzt im Vorteil, weil der Patient ihm gegenüber eine geringere psychologische Schwelle zu überwinden hat – aus Respekt vor dem Arzt sagt mancher Patient diesem nämlich nichts von den Nebenwirkungen – und weil er ihn in kürzeren Abständen sieht.
Der individuelle Nutzen der Pharmazeutischen Betreuung wird, wenn die Anzahl der Patienten groß genug ist, auch statistisch messbar. Dies gilt naturgemäß insbesondere für den Behandlungserfolg bei weit verbreiteten, chronisch verlaufenden Krankheiten wie Diabetes, koronare Herzkrankheit oder Asthma. Doch kann auch die integrierte Versorgung an sich einer Erfolgskontrolle ("Outcomes Research") unterzogen werden. Im Fall von IntegraCare® sind bereits Planungen für derartige Studien angelaufen.
Spielraum des GMG nutzen
In der von Apothekerin Karin Wahl geleiteten Diskussion zum Abschluss der Veranstaltung äußerten einige Ärzte die Befürchtung, dass Modelle der integrierten Versorgung ihnen noch mehr Verwaltungsarbeit aufbürden werden und unter dem Strich auch die Versicherungsgemeinschaft teurer zu stehen komme. Ein Vertreter der Krankenkassen hob dagegen die Chancen für alle Beteiligten hervor: Es gelte, die Spielräume des GMG zu nutzen und aktiv zu werden, bevor andere es tun. Mit dieser Einschätzung der Lage gab er auch die Stimmung der meisten Anwesenden wieder.
So steht's im Gesetz
SGB V § 140 a (1) und (2): "Die Krankenkassen (können) Verträge über eine verschiedene Leistungssektoren übergreifende Versorgung der Versicherten oder eine interdisziplinär- fächerübergreifende Versorgung mit den (...) zur Versorgung der Versicherten berechtigten Leistungserbringern oder deren Gemeinschaften (...) abschließen.
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