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Pharmaziestudium: Bleibt die Pharmazie an der Universität?
Starke Pharmazie contra Splitting
Clement, der als Mitglied der damaligen Arbeitsgruppe "Apothekerausbildung" des Bundesgesundministeriums an der Novellierung der Approbationsordnung mitgewirkt hatte, erinnerte daran, dass der Studienreform Grenzen gesetzt waren, weil folgende Vorgaben eingehalten werden mussten:
- Die Kosten der Ausbildung durften sich nicht erhöhen,
- es sollte eine einheitliche Approbation für alle Apotheker erhalten bleiben,
- die Ausbildung sollte alle Berufsbilder des Apothekers berücksichtigen.
Ein Splitting der Ausbildung in verschiedene pharmazeutische Studiengänge mit verschiedenen Abschlüssen, das auch heute hin und wieder zur Diskussion gestellt wird, kam aus mehreren Erwägungen nicht in Betracht: Es hätte z. B. auch das Fach gesplittet und wahrscheinlich zur Verlagerung der Offizinpharmazie an die Fachhochschule geführt; ferner hätte es die Berufsmöglichkeiten der Absolventen eingeschränkt.
Interdisziplinarität statt Konzentration
Es ist nicht zuletzt ihre ausgeprägte Interdisziplinarität, die der Pharmazie eine Existenzberechtigung an der Universität gibt. Die Pharmazie ist ein typisches Brückenfach, das andere Fächer miteinander verknüpft, insbesondere die Medizin mit den Naturwissenschaften Chemie und Biologie. Die pharmazeutischen Institute sind nicht autark und wollen es wegen der breiten wissenschaftlichen Grundlage der Pharmazie auch gar nicht sein, sondern "importieren" 20 bis 30% ihrer Lehrveranstaltungen.
Andererseits "exportieren" sie auch Lehrveranstaltungen und machen sich dadurch anderen Instituten an der Universität unverzichtbar. Ein besonders innige Verknüpfung von Medizin und Pharmazie sah einst das "Kieler Modell" vor, das sich jedoch nicht durchsetzen konnte. Die stärkere Wichtung der medizinischen, humanbiologischen und klinisch-pharmazeutischen Inhalte des Pharmaziestudiums durch die letzte Studienreform hat an den meisten Universitäten nicht automatisch zu einer intensiveren Kooperation mit der Medizin geführt, lässt diese nun aber wieder interessant erscheinen.
Da die Pharmazie gerade vom fruchtbaren Austausch mit anderen Fächern lebt, empfiehlt es sich auch nicht, die Anzahl der Institute drastisch zu verringern, um die verbleibenden Institute zu vergrößern, z. B. bundesweit sieben Institute à 30 Professuren zu schaffen. Hinzu kommt, dass nach einer solchen Konzentration der pharmazeutischen Institute viele Bundesländer gar keine Apotheker mehr ausbilden würden. In diesem Zusammenhang konstatierte Clement, dass viele Wissenschaftsminister den Verlust der Pharmazie an einer Landesuniversität viel leichter verschmerzen als den Verlust der Chemie.
Was tut sich in Europa?
Durch die Einführung von Wahlpflichtfächern in die AAppO haben Studenten nun die Möglichkeit, während des Hauptstudiums einen inhaltlichen Schwerpunkt zu setzen. Eine Spezialisierung kann jedoch erst nach der Approbation erfolgen, entweder berufsbegleitend durch die Weiterbildung zum Fachapotheker oder durch ein Aufbaustudium. Nachdem verschiedene Universitäten nach eigenem Gutdünken eine große Anzahl von Aufbaustudiengängen geschaffen haben, versuchen sie in letzter Zeit durch Absprachen die Standards der "post-graduate education" einander anzugleichen. In diesem Sinne wurde z. B. 1996 das GPEN – Globalization of Pharmaceutics Education Network gegründet (gpen.pharmchem.ku.edu).
Europäische Einflüsse dürften über kurz oder lang auch das Pharmaziestudium in Deutschland verändern. Der Bologna-Prozess sieht die Einführung von Bachelor- und Master-Studiengängen vor. Clement sieht hier die Gefahren, dass das Staatsexamen zu den neuen Studiengängen in Konkurrenz tritt und dabei das Odium einer "unwissenschaftlichen" Qualifikation erhält oder dass der (dreijährige) Bachelor-Studiengang zur Norm wird und damit das Niveau der Pharmazie senkt. Wichtig sei es, dass die Pharmazieprofessoren sich frühzeitig an den Diskussionen zur Einführung der neuen Studiengänge beteiligen, vor allem auch im Hinblick auf die damit verbundenen Berufsbilder.
Wie wählen Studenten ihre Uni aus?
Bei der Auswahl ihrer Universität hat für die meisten Studierenden die Nähe zum Heimatort die oberste Priorität. Dies geht aus Befragungen eindeutig hervor. So haben Universitäten in geographischer Randlage stets schlechte Werte in der Statistik der Studienbewerber, während Universitäten in Ballungsräumen oder in deren Nähe überdurchschnittlich gut abschneiden (die entsprechende Statistik wird von der ZVS für Fächer mit Numerus clausus veröffentlicht). Clement bezweifelte, dass die verstärkte Profilierung der Universitäten, etwa durch die Evaluierung der Lehre und Forschung, oder direkte Vergleiche (Rankings) das Verhalten der Studenten wesentlich ändern würden.
Bei der Diskussion mit Professor Clement zeigten sich die Studierenden überwiegend zufrieden mit der gültigen AAppO und ihrer Umsetzung an den einzelnen Universitäten.
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