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T. KieserWas bringt das neue Gesetz gegen unlauteren
Zeitlich begrenzte Rabattangebote
Apotheker können Kunden künftig mit pauschalen Preisherabsetzungen, die nur für bestimmte Wochentage Geltung haben oder der Lenkung von Kundenströmen zu bestimmten Uhrzeiten dienen, ansprechen. Bisher verbot § 7 UWG alte Fassung (a.F.) Verkaufsveranstaltungen im Einzelhandel, die der Beschleunigung des Warenabsatzes dienten und den Eindruck der Gewährung besonderer Kaufvorteile hervorriefen.
Immer dann, wenn außerhalb der für einen Apotheker wenig relevanten Winter- und Sommerschlussverkaufszeiträume ein Großteil des Warensortiments für einen bestimmten Zeitraum mit besonderen Rabatten angeboten wurde, musste der Werbende mit einer Inanspruchnahme wegen eines Verstoßes gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb rechnen. Diese Regelung untersagte es dem Apotheker auch, Kundenströme durch die zeitlich befristete Herabsetzung eines Preises für nicht preisgebundene Waren gezielt zu lenken.
Solche Aktionen verbot die Rechtsprechung bisher3. Der Gesetzgeber hat diese Reglementierungen der Sonderveranstaltungen jedoch ersatzlos aufgehoben. Ein Apotheker, der mit allgemeinen Preisherabsetzungen werben möchte, kann dies zukünftig tun. Er muss lediglich die allgemeinen Anforderungen, die das UWG normiert, einhalten und darf insbesondere nicht irreführend werben. Mit dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ist auch die Preisangabenverordnung (PAngV) geändert worden4. Gemäß § 1 PAngV war bei einer Werbung gegenüber Endverbrauchern unter anderem der Endpreis unabhängig von einer Rabattgewährung anzugeben. Bisher verstand man unter Rabatten individuell eingeräumte Preisnachlässe5. Die Herabsetzung des gesamten nicht preisgebundenen Sortiments für einen bestimmten Zeitraum ist jedoch kein Rabatt im bisherigen Rechtssinne, sondern eine allgemeine zeitlich befristete Preisherabsetzung.
In diesem Fall wäre letztlich jeder Artikel mit dem herabgesetzten Preis auszuzeichnen gewesen. Es ist offensichtlich, dass dies praktisch wenig sinnvoll ist. Es wurde deshalb bisher schon vertreten, dass bei zeitlich befristeten Preisherabsetzungen der tatsächlich zu bezahlende Endpreis nicht anzugeben ist6. Der Gesetzgeber hat durch die Änderung der Preisangabenverordnung Klarheit geschaffen. Nach § 9 Abs. 2 PAnGV gilt § 1 Abs. 1 PAnGV, der die Angabe des Endverkaufspreises vorschreibt, nicht bei nach Kalendertagen zeitlich begrenzten und durch Werbung bekannt gemachten generellen Preisnachlässen7.
Ein Apotheker kann damit gefahrlos für Preisherabsetzungen des Apothekenrandsortiments werben. Es sollte, wie dies auch einige Berufsordnungen fordern, aber deutlich gemacht werden, dass sich die Preissenkungen nicht auf preisgebundene Arzneimittel beziehen. Richtigerweise können in solche allgemeinen Rabattangebote auch apothekenpflichtige, aber nicht preisgebundene Arzneimittel einbezogen werden, da das Heilmittelwerbegesetz mangels Produktwerbung keine Anwendung findet8, jedenfalls aber § 7 HWG (unzulässige Werbegaben) bei einer allgemeinen Preisherabsetzung nicht anwendbar ist.
Generalklausel
Die wettbewerbsrechtliche Generalklausel, die früher in § 1 UWG enthalten war, findet sich in modifizierter Form jetzt in § 3 UWG. Die maßgeblichste Änderung ist, dass künftig nur solche unlauteren Wettbewerbshandlungen verboten werden, die geeignet sind, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen. Bisher kannte das UWG eine solche Erheblichkeitsschwelle lediglich bei der Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen durch Wettbewerbsverbände, Verbraucherverbände oder mittelbar durch die wettbewerbswidrige Handlung Verletzte.
In diesen Fällen musste die Wettbewerbshandlung geeignet sein, den Wettbewerb auf dem Markt wesentlich zu beeinträchtigen. Der unmittelbar durch die Handlung in seinen Rechten verletzte Apotheker, etwa der Inhaber der Konkurrenzapotheke vor Ort, musste diese Hürde nicht nehmen. Er konnte auch bei Bagatellfällen wettbewerbsrechtliche Ansprüche geltend machen. Dies ist zukünftig nicht mehr ohne weiteres möglich. Ein solcher Bagatellfall, der kein unlauteres Verhalten mehr darstellt, könnte beispielsweise vorliegen, wenn ein Werbeflyer infolge eines offensichtlichen Druckfehlers unrichtig ist. Endgültige Klarheit, wann ein Bagatellfall gegeben ist und wann nicht, werden die ersten gerichtlichen Entscheidungen bringen.
Regelbeispiele unlauteren Verhaltens
Ein Novum ist die Aufnahme von Regelbeispielen in § 4 UWG, wann ein Handeln im Wettbewerb unlauter ist9. Bisher waren solche Regelbeispiele im UWG nicht enthalten. Die Rechtsprechung hatte verschiedene Fallgruppen wettbewerbswidrigen Handelns herausgearbeitet. Die Aufnahme der Regelbeispiele erleichtert insbesondere dem Nicht-Juristen eine erste Grobeinschätzung, ob eine geplante Werbemaßnahme unlauter ist oder nicht.
Es muss jedoch davor gewarnt werden, alleine zu prüfen, ob eine Werbemaßnahme unter den Katalog des § 4 UWG fällt und, wenn dies der eigenen Einschätzung nach nicht der Fall ist, die Werbemaßnahme durchzuführen. Denn § 4 UWG ist nicht abschließend. Die Maßnahme kann gleichwohl gegen die in § 3 UWG normierte Generalklausel sowie gegen andere Regelungen des UWG, HWG oder der jeweiligen Berufsordnung verstoßen. Im Einzelnen enthält § 4 UWG insbesondere folgende Regelungen:
a) § 4 Ziffer 1 UWG verbietet Wettbewerbshandlungen, die geeignet sind, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer durch Ausübung von Druck, in menschenverachtender Weise oder durch sonstigen unangemessen unsachlichen Einfluss zu beeinträchtigen. Nach der Gesetzesbegründung10 können hierunter auch Maßnahmen der Wertreklame fallen, wenn sie bezwecken, die Rationalität der Verbraucherentscheidung auszuschalten.
Nach Aufhebung von Zugabeverordnung und Rabattgesetz hat sich der Bundesgerichtshof vermehrt damit auseinandergesetzt, ob der Verbraucher durch ein günstiges Angebot, insbesondere wenn ein Teil des Angebots unentgeltlich gewährt werden soll, übertrieben und damit wettbewerbswidrig angelockt wird11. Nach zutreffender Auffassung des Bundesgerichtshofs ist die Anlockwirkung, die von einer besonders günstigen Preisgestaltung ausgeht, niemals wettbewerbswidrig, sondern gewollte Folge des Leistungswettbewerbs.
Eine das zulässige Maß übersteigende Werbung könne nur in eng begrenzten Einzelfällen gegeben sein, wenn bei einem verständigen Verbraucher ausnahmsweise die Rationalität der Nachfrageentscheidung vollständig in den Hintergrund tritt12. Folgerichtig hat der Bundesgerichtshof auch Werbemaßnahmen, die unter Geltung von Zugabeverordnung und Rabattgesetz undenkbar gewesen wären, gebilligt. Die Aushändigung eines Einkaufsgutscheins, mit dem der Einkaufende 5,00 Euro Rabatt erhält, wurde beispielsweise nicht als wettbewerbswidrig angesehen, sofern die Bedingungen, unter denen der Gutschein eingelöst werden kann, hinreichend klar sind. Die Hürde, wann eine Wettbewerbshandlung einen unangemessen unsachlichen Einfluss ausübt, ist also hoch.
b) Nach § 4 Ziffer 2 UWG sind Wettbewerbshandlungen unlauter, die geeignet sind, die geschäftliche Unerfahrenheit insbesondere von Kindern oder Jugendlichen, die Leichtgläubigkeit, die Angst oder die Zwangslage von Verbrauchern auszunutzen. Im Bereich der Apothekenwerbung dürfte diese Fallgruppe keine allzu große Relevanz haben. Gleiches gilt für § 4 Ziffer 3, UWG wonach unlauter handelt, wer den Werbecharakter von Wettbewerbshandlungen verschleiert.
c) Gemäß § 4 Ziffer 4 UWG handelt unlauter, wer bei Verkaufsförderungsmaßnahmen wie Preisnachlässen, Zugaben oder Geschenken die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme nicht klar und eindeutig angibt. Die Werbung mit besonders günstigen Preisgestaltungen und mit Wertreklame ist vom Gesetzgeber gewollt. Die Bedingungen müssen für den Verbraucher aber transparent sein. Erhält nur der Kunde, der einen bestimmten Mindestumsatz tätigt, eine ausgelobte Zugabe oder ein Geschenk, muss dies aus der Werbung klar und eindeutig hervorgehen.
Wird ein allgemeiner 10%iger Rabatt auf das Warenrandsortiment nur mittwochs zwischen 15.00 Uhr und 17.00 Uhr gewährt, ist dies in der Ankündigung klar zu stellen. Da ein Großteil der Waren, die in einer Apotheke erhältlich sind, nach wie vor preisgebunden sind, sollte bei der Auslobung von Preisnachlässen auch hierauf hingewiesen werden. Hat der Apotheker ein Kundenbindungssystem eingeführt, gilt das Transparenzgebot auch für dieses. Dem Kunden muss klar sein, wann er ausgelobte Vergünstigungen im Rahmen des Kundenbindungssystems erhält und wie er beispielsweise gesammelte Bonuspunkte einsetzen kann.
d) Auf Transparenz zielt auch § 4 Ziffer 5 UWG ab. Danach müssen bei Preisausschreiben oder Gewinnspielen mit Werbecharakter die Teilnahmebedingungen klar und eindeutig angegeben werden. Dies versteht sich im Grunde von selbst. Im Apothekenbereich ist ferner zu berücksichtigen, dass für Arzneimittel außerhalb der Fachkreise gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 13 HWG nicht mit Preisausschreiben und Verlosungen geworben werden darf. Bei der Werbung für sonstige Heilmittel besteht die Gefahr, dass ein Preisausschreiben gegen § 7 HWG verstößt.
e) Nach wie vor ist es unzulässig, Preisausschreiben oder Gewinnspiele von dem Erwerb einer Ware oder der Inanspruchnahme einer Dienstleistung abhängig zu machen, § 4 Ziffer 6 UWG. Ein Preisausschreiben darf also nicht nur dem Kunden zugänglich sein, der ein Produkt aus dem Apothekenrandsortiment erwirbt oder eine Dienstleistung in Anspruch nimmt. Auch Gewinnspiele, zu deren Lösung es notwendig ist, bestimmte Produkte zu erwerben, sind unlauter.
f) § 4 Ziffer 7 bis 10 UWG spielen beim Marketing eines Apothekers eine untergeordnete Rolle. So dürfen Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönliche oder geschäftliche Verhältnisse eines Mitbewerbers weder herabgesetzt noch verunglimpft werden. Ferner dürfen keine kreditschädigenden Tatsachen über ein anderes Unternehmen verbreitet werden, sofern diese nicht erweislich wahr sind.
Die Nachahmung von Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers ist ebenfalls unzulässig, wenn eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeigeführt, die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse der Unterlagen unredlich erlangt wurden oder die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausgenutzt oder beeinträchtigt wird. Schließlich ist es auch unzulässig, Mitbewerber gezielt zu behindern, worunter jedoch nicht eine zulässige Gegenüberstellung von Produktpreisen der werbenden Apotheke mit einer anderen Apotheke vor Ort fällt.
g) Nach § 4 Ziffer 11 UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Im Rahmen des früheren UWG wurde dies unter dem Stichwort Vorsprung durch Rechtsbruch abgehandelt. Der Bundesgerichtshof hat in jüngster Zeit die früher gebräuchliche Unterscheidung zwischen wertbezogenen und wertneutralen Vorschriften aufgegeben. Notwendig ist nun, dass die gesetzliche Vorschrift, gegen die verstoßen wird, Wettbewerbsbezug hat13.
Fazit
Die Abschaffung des Verbots von Sonderveranstaltungen ist für das Werbeverhalten des Apothekers von elementarer Wichtigkeit. Er ist mit pauschalen Preisherabsetzungen nicht mehr auf Jubiläumsverkäufe beschränkt, sondern kann das nicht preisgebundene Sortiment zur Lenkung von Kundenströmen zu bestimmten Tageszeiten oder an bestimmten Tagen herabsetzen. § 4 UWG übernimmt eine Vielzahl von Handlungsweisen, die schon bisher nach der Rechtsprechung unlauter waren, ausdrücklich als Fälle sittenwidrigen Verhaltens in das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb.
Fußnoten
1 Gesetz vom 03.07.2004, BGBL I, S 14/4 ff. 2 Vgl. etwa § 7 Berufsordnung der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg; § 9 Abs. 1 Berufsordnung Apothekerkammer Nordrhein. 3 Vgl. etwa OLG Frankfurt, GRUR-RR 2001, 223 f.; OLG Nürnberg, WRP 2000, 574; BGH WRP 1998, 804. 4 Vgl. § 20 Abs. 9 UWG. 5 Vgl. Völker, Preisangabenrecht, 2. Auflage 2002, § 1 PAnGV, Rn. 59; offener zuletzt zurecht OLG Köln, MD 2004, 403 ff. 6 Vgl. OLG Köln, MD 2004, 403 ff.; OLG Hamm, WRP 1980, 572 ff.; Trube, WRP 1999, 1241 ff. 7 Vgl. zur Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses BT-Drs. 15/2795, S. 51 f. 8 Vgl. BGH GRUR 2002, 1088, 1091 – Zugabenbündel; BGH GRUR 1990, 1041, 1042 – Fortbildungs-Kassetten; BGH GRUR 1995, 223 f. – Pharmahörfunkwerbung; Doepner, Heilmittelwerberecht, 2. Auflage, 2000, § 1 Rn. 18. 9 Der Gesetzestext mit § 4 UWG ist beispielsweise im Internet abrufbar unter http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/BMJ_index.html. 10 BT-Drs 15/1487, S. 17 11 Vgl. etwa BGH GRUR 2002, 979, 980 – Kopplungsangebot II; BGH, WRP 2003, 1428 f. – Einkaufsgutschein I. 12 Vgl. BGH, WRP 2002, 1000, 1002 – Testbestellung; GRUR 2002, 979, 981 – Kopplungsangebot II; GRUR 2003, 1428, 1429 – Einkaufsgutschein I 13 Vgl. etwa BGH, WRP 2003, 374, 377 – Hotline; WRP 2004, 337, 339 – Krankenkassenzulassung; GRUR 2003, 164, 165 – Altautoverwertung.
Der Gesetzgeber hat nach Abschaffung von Rabattgesetz und Zugabeverordnung im Jahr 2001 jetzt auch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) umfassend reformiert. Das UWG regelt insbesondere die Zulässigkeit von Werbemaßnahmen. Die Neuerungen sind für den marketingaktiven Apotheker höchst relevant. Die materiellen und verfahrensrechtlichen Neuregelungen im Hinblick auf den Apothekenbetrieb werden in einem zweiteiligen Beitrag vorgestellt.
Hinweis
Im nächsten Beitrag werden der Aspekt der irreführenden Werbung und die neue Gruppe der unzumutbaren Belästigungen sowie die Neuregelungen des Verfahrensrechts vorgestellt.
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