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Gemüseklassiker: Comeback in der modernen Küche

Karotten, Blumenkohl und Spinat kennt jedes Kind. Alte Kulturpflanzen wie Mangold, Kürbis, Bärlauch oder Pastinaken führten in der modernen Küche dagegen lange ein Schattendasein. Mittlerweile erleben diese Gemüsesorten ein Comeback Ų zum Glück, stellen sie doch nicht nur eine leckere Bereicherung des Speiseplans dar, sondern besitzen auch eine Menge gesunder Inhaltsstoffe. Einen kleinen Überblick über die neuen alten Gemüsesorten bietet der folgende Artikel.

Wer kennt schon den Topinambur, gestreifte Tomaten oder den Guten Heinrich? Und wer weiß etwas über die heilsamen Eigenschaften von Bärlauch? Was sich anhört wie die jüngsten Züchtungen aus dem Genlabor sind in Wahrheit alte Kulturpflanzen, die vor einigen Jahrzehnten noch auf Feldern und in Gärten wuchsen, inzwischen aber vom Aussterben bedroht sind – wären da nicht die Genbanken, einige Hobbygärtner und Privatzüchter.

Ihnen verdanken wir viel: Denn mit dem Verschwinden alter Pflanzen geht nicht nur ein Stück Kultur verloren – auch die geschmackliche Vielfalt unserer Nahrung wird eingeschränkt. "Die wissenschaftliche Pflanzenzüchtung gibt es seit rund 100 Jahren, Pflanzen aber werden schon seit 10 000 Jahren kultiviert", bemerkt Thomas Gladis vom Informationszentrum Biologische Vielfalt der Zentralstelle für Agrardokumentation- und Information (ZADI) in Bonn.

"In dieser Zeit ist eine Formenmannigfaltigkeit entstanden, die schützenswert ist." Säten deutsche Bauern im späten 19. Jahrhundert beispielsweise noch tausende verschiedener Weizenlandsorten, bestimmen mittlerweile nur noch vier Sorten rund 60 Prozent des Saatgutmarktes für Winterweizen.

Auch die Zahl der erhältlichen Apfelsorten ist stark geschrumpft: In den Supermärkten findet man im Schnitt drei bis vier Sorten. Mehr Glück hat man nur auf Wochenmärkten oder auf speziellen Apfeltagen. Unzählige Pflanzenarten und -sorten sind inzwischen in Vergessenheit geraten, so auch die Mai- oder Stoppelrübe: "Von der Brandenburger Sorte ,Teltower' schwärmte schon Goethe und aß sie begeistert mit Grüner Sauce. Heute erinnert sich fast niemand in Deutschland mehr daran", weiß Gladis.

Den Verbraucher auf alte Pflanzen neugierig machen

Verantwortlich für die Abnahme der Sortenvielfalt ist die Modernisierung und Industrialisierung der Landwirtschaft: Nicht Inhaltstoffe und Geschmack, sondern leuchtende Farben und leichte Handhabung stehen im Vordergrund. "So ist die Kartoffel dem Topinambur etwa durch ihre Lagerfähigkeit überlegen", sagt Gladis.

Während etwa die Topinamburknolle nur kurz haltbar ist, hält sich die Kartoffel im Keller monatelang. Und: Kaum jemand kennt noch brauchbare Rezepte für dieses abwertend als Karnickel- oder Schweinefutter bezeichnete Gemüse. Alte Kulturgewächse aber wurden über lange Zeiträume gezüchtet und bergen in ihrem Erbgut nicht nur kostbare Krankheits- und Schädlingsresistenzen, sondern sind auch eine interessante Bereicherung für den Küchenfahrplan.

Der Anbau alter Kulturpflanzen ist auch als Widerstand gegen eine kulturelle Verarmung zu verstehen, denn er trägt zum Erhalt der Kulturpflanzenvielfalt bei: "In letzter Zeit wird auf regionaler und lokaler Ebene versucht, den Verbrauchern das Wissen um den Wert vernachlässigter Kulturpflanzen zu vermitteln, ihnen traditionelle Sorten mit regionalen Bezügen wieder schmackhaft zu machen und die Nachfrage zu fördern", erklärt Gladis.

Während des "Tages der Kulturpflanze" wurde etwa in Hamm in Westfalen die Kartoffel als "Gemüse des Jahres 2003" mit einer Vielzahl nicht oder wenig bekannter Sorten vorgestellt. Gelbe und weißfleischige, doch auch blaue und rotfleischige, marmorierte und solche mit andersfarbigen Augen wurden gezeigt und verkostet.

"Es hat sich bereits ein Wandel vollzogen", bestätigt Gladis. "Noch vor zehn Jahren gab es kaum eine Handvoll Tomatensorten auf dem Markt, seit wenigen Jahren sind es wieder deutlich mehr geworden, darunter auch Sorten, an deren Erfolg vor kurzem noch niemand geglaubt hätte: weiße, grüne, gestreifte, braune." Genbanken, Argrar-Organisationen wie Arche Noah oder die Dreschflegel, aber auch Privatpersonen verfügen nach seinen Angaben über weit mehr als 1000 Tomatensorten.

Alte Gemüsesorten

Nicht nur wegen des Geschmacks und der Abwechslung, auch ernährungsphysiologisch macht die Gemüsevielfalt Sinn. Jede Gemüseart verfügt über andere Inhaltsstoffe, Reifezeiten und Geschmackseigenschaften. Die Chance, die Gesundheit mithilfe der Ernährung zu erhalten und zu stärken, steigt mit wachsender Anzahl der zur Verfügung stehenden Pflanzenarten.

Selbstverständlich sind Lebensmittel keine Arzneimittel, niemand wird jedoch bestreiten, dass einzelne Lebensmittel gesundheitsfördernde Eigenschaften besitzen können, die man nicht ungenutzt lassen sollte. Im Folgenden haben wir dies anhand einiger alter Kulturpflanzen beispielhaft aufgelistet:

  • Topinambur, auch Erdbirne oder Erdartischocke genannt, war früher ein beliebtes Grundnahrungsmittel. Die Knolle wurde im 17. Jahrhundert von französischen Seefahrern aus Nordamerika nach Europa gebracht. Die Pflanze ist mit der Sonnenblume verwandt. Schonend gegart schmeckt die Knolle leicht süßlich und stark nussig.

    Vor allem seine Inhaltstoffe machen den Topinambur interessant: Bei durchschnittlich 33 Kilokalorien liefert er bis zu 16 Prozent Inulin, wodurch das Wachstum der Darmflora gefördert wird. Inulin soll überdies einen günstigen Einfluss auf den Cholesterinspiegel haben. Das Gemüse soll auch den Appetit hemmen. Weil die Knolle durch ihr Inulin kaum Auswirkungen auf den Blutzuckerspiel hat, ist sie gut für Diabetiker geeignet.

  • Noch vor etwa 100 Jahren war der Mangold in Deutschland bekannter als Spinat. Vor allem im Rheinland brachten Hausfrauen das grüne Gemüse öfter auf den Tisch. Dann geriet er in Vergessenheit. Inzwischen können Liebhaber das vielseitige Gemüse – es gibt Blatt- und Stielmangoldsorten – wieder auf Wochenmärkten erstehen.

    Den Südländern sei Dank: In Italien nämlich ist die Vorliebe für Mangold über die Jahrhunderte erhalten geblieben: In Wasser gekocht und mit Zitrone, Knoblauch und Olivenöl abgeschmeckt, wird er zu Nudeln oder als Beilage zu Fisch serviert. Mangold gehört zur Familie der Gänsefußgewächse und ist mit Roten Beten und Spinat verwandt.

    Wie bei den meisten Gemüsesorten muss auch Mangold frisch zubereitet werden. Die Blätter welken schnell und genauso schnell gehen die Inhaltsstoffe verloren. Frische Blätter und Stiele liefern eine beachtliche Menge der Mineralstoffe Kalium, Calcium, Eisen sowie der Vitamine A, B1, B2 und C. Mangold soll bei Darmträgheit, Nervosität und Hautkrankheiten Erleichterung schaffen.

  • In der Steiermark wird der Kürbis wegen seines Öls geschätzt und großflächig angebaut. Die Wirkung der Samen gegen Prostataleiden ist nachgewiesen, das rohe Fruchtfleisch eignet sich zur Hautpflege. Hierzulande wurden die Kürbisse trotzdem vor allem als Dekoration zu Halloween bekannt.

    Inzwischen aber feiert der Gemüseriese auch in der Küche als Suppe mit Ingwer oder als Teigtaschenfüllung ein Comeback. Die gelbergangene Farbe des Fruchtfleisches verrät es bereits: Kürbisse enthalten große Mengen an Betacarotin. Außerdem ist er reich an den Vitaminen E, C, und Folsäure. Sein Fleisch liefert auch Kalium, sowie geringe Mengen Eisen und Magnesium.

  • Der Bärlauch findet zunehmend Liebhaber: Das wild wachsende Lauchgewächs besitzt aufgrund seiner Inhaltstoffe ein weites Wirkungsspektrum: Es soll die Blutzirkulation steigern, Schwindelanfälle mindern sowie bei Herz-Kreiskauf-Erkrankungen vorbeugen. Die Schwefelsubstanzen des Bärlauchs unterstützen den Darm außerdem bei der Bakterien- und Pilzbekämpfung.

    Auch bei Hauterkrankungen sollen die Schwefelverbindungen Gutes bewirken. Bärlauch riecht nicht so intensiv wie Knoblauch, schmeckt aber ähnlich und verursacht keinen Körpergeruch. Bärlauch enthält die Vitamine C, B1 und B2, Mineralstoffe und viele Spurenelemente wie Eisen, Selen, Phosphor, Schwefel, Kazium, Magnesium und Mangan. Als Pesto mit Kürbiskernen und Parmesan zubereitet schmeckt er vortrefflich zu Nudeln. Auch frisch gehackt aufs Butterbrot ist er eine Delikatesse!

  • Der Gute Heinrich zählt zur Familie der Gänsefußgewächse und ist somit ein Spinat- und Mangold-Verwandter. Im Volksmund heißt er deshalb "wilder Spinat" und so kann er auch verwendet werden. Im Kraut vorhanden ist Provitamin A, Vitamin B1, B2 und Vitamin C sowie die Mineralstoffe Eisen und Phosphor. Nieren- und Leberkranke sollten ihn aber nur in Maßen genießen: Wie Spinat enthält der Gute Heinrich nämlich Oxalsäure, die Reizungen verursachen kann.

  • Auch der Pastinak hat es in sich: In Mitteleuropa war die große, frostharte Wurzelrübe bis zum 18. Jahrhundert ein wichtiges Grundnahrungsmittel, das ähnlich wie Topinambur unmittelbar nach der Ernte verarbeitet werden muss. Ihre Wurzel enthält reichlich Kohlenhydrate in Form von Zucker, sättigende Stärke und Ballaststoffe. Pastinak – auch Hammelmöhre genannt – ist so reich an Kalium wie kaum ein anderes Gemüse.

    Als Tee aufgegossen soll er gegen Magenschmerzen helfen, auch bei Schlaflosigkeit soll er gute Dienste tun. Man schreibt ihm ferner blutreinigende, wassertreibende und schmerzlindernde Eigenschaften zu. Pastinaken schmecken gut als Salat, sie werden dafür zubereitet wie Knollensellerie. Auch als Suppeneinlage oder Gemüsebeilage eignet er sich. Eine besondere Delikatesse sind frittierte oder gebratene Pastinakenstücke.

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