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- DAZ 49/2004
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Die Seite 3
Hauptsache Wettbewerb
Deutschlands Wirtschaft kommt nicht in Fahrt. Die Prognosen für die wirtschaftliche Entwicklung in 2005 veranlassen nicht gerade zu Jubelausbrüchen. Dazu gesellt sich eine wirtschaftlich depressive Stimmung im Land, die zum Teil herbei geredet wird, zum Teil aber auch viele Menschen tatsächlich im eigenen Geldbeutel feststellen können. Die Nachrichten sind voll von Wörtern wie Massenentlassungen, Firmenpleiten und dem Wort Hartz IV, das sicher nie zum schönsten Wort Deutschlands gekürt wird. Solche Schlagzeilen drücken aufs Klima. Steigende Lebenshaltungskosten, hervorgerufen auch durch steigende Öl- und Benzinpreise, sorgen nicht für Kauflaune. Noch vorhandenes Geld wird eher auf die hohe Kante gelegt als ausgegeben.
Rot-Grün, aber auch CDU/CSU machen sich Gedanken, wie denn Deutschlands Wirtschaft wieder mehr Schwung bekommen könnte. Von der amtierenden Regierung weiß man, dass sie mehr Wettbewerb möchte. Das GKV-Modernisierungsgesetz hat uns einen kleinen Vorgeschmack auf das bereitet, was in einer zweiten Stufe der Gesundheitsreform auf uns zukommen wird. Kanzler Schröder spricht schon heute davon, dass der Apotheken- und Arzneimittelmarkt stärker liberalisiert werden muss – was das im Einzelnen bedeutet, wir können es erahnen. Also, bloß nicht noch einmal eine rot-grüne Regierung? Das nächste Mal wieder CDU/CSU?
Ein Blick in den Leitantrag der CDU zum bevorstehenden Parteitag in Düsseldorf am 6. und 7. Dezember offenbart, dass dort ähnliches Gedankengut zu finden ist wie bei Schröder, Fischer, Schmidt und Co. Wachstum muss her für neue Arbeitsplätze. Wachstum ist angesagt, koste es was es wolle. Die CDU schnürte acht Wachstumspakete. Eines, das von Hildegard Müller (CDU-Präsidium), plädiert für "Wachstum durch mehr Wettbewerb". Ein Blick in dieses Paket räumt auf mit Vorstellungen, die CDU würde dabei auf traditionelle Strukturen Rücksicht nehmen.
Mehr Wachstum, so die Parole der gelernten Bankkauffrau Müller (37), erreicht man durch mehr Wettbewerb, und deshalb muss alles dafür getan werden. Auch im Pharmasektor. "Der Arzneimittelsektor kann nicht aus den Überlegungen über mehr Wettbewerb im deutschen Gesundheitswesen ausgeklammert werden" und "Wirtschaftlichkeitsreserven werden sich auch im Arzneimittelsektor am ehesten unter Bedingungen intensivierten Wettbewerbs beheben lassen", steht da in den Ausführungen des CDU-Papiers von Hildegard Müller.
Sie ist überzeugt davon, dass grundlegende Probleme ihren Ursprung in einem Netz von straffen Regulierungen haben, die diesen Bereich durchziehen. Das beginnt bei der gesetzlichen Festlegung der Apothekenpflicht und setzt sich fort mit der Arzneimittelpreisverordnung, die die Handelsspannen für Groß- und Einzelhandel, also Apotheken, bestimmt. Die Folge ist, dass sich bis heute kein Preiswettbewerb bei der Arzneimittelabgabe durch die Apotheken entwickelt hat, so die Ausführungen.
Dieses Papier zur Reformdebatte zeigt, dass nach Ansicht der CDU "Marktöffnung und Wettbewerb zu Leitmotiven künftiger Gesundheitsreformen werden müssen". Angesagt sind Deregulierung und Umregulierung. Zu stark reguliert sind in den Augen von Hildegard Müller auch die Freien Berufe. Hier gibt es Hürden für die Existenzgründung, Mauern zur Abschottung der Märkte, zu viele Werbebeschränkungen, wettbewerbsbeschränkende Preisempfehlungen.
Solche Papiere und Debatten zeigen mir: Derzeit gibt es durch nahezu alle Parteien den "mainstream", dass nur Wettbewerb im Gesundheitswesen die Probleme zu lösen hilft. Man ist bereit, dafür viele Regulierungen zu opfern, Regulierungen, die uns, aber auch dem Patienten das Leben erleichterten, aber auch für Sicherheit sorgten.
Was kommt da auf uns zu? In Anlehnung des soeben angelaufenen gleichnamigen Films könnte man sagen: Die fetten Jahre sind vorbei – zumindest für einige von uns. Natürlich gibt es sie noch, die Chancen und damit die Aussicht auf ein gutes Aus- und Einkommen. Aber es wird einem nicht mehr so leicht gemacht wie früher. Mehr Wettbewerb heißt für alle mehr Krafteinsatz und Anstrengung. Wir werden uns darauf einstellen müssen, dass sich der Arzneimittelbereich und die Apothekenlandschaft zunehmend verändern werden. 2004 mit Versandhandel, freien OTC-Preisen, dem Fixaufschlag und der Filialisierung war nur der Anfang ...
Peter Ditzel
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