Sparmodelle der Gmünder Ersatzkasse: Die Apotheker bleiben außen vor

BERLIN (ks). Die Gmünder Ersatzkasse (GEK) will den steigenden Arzneimittelausgaben mit "innovativen Strategien" begegnen. Wie diese aussehen können, war Thema eines Kongresses am 26. Oktober in Berlin. So sollen beispielsweise Ärzte und Patienten unabhängig über qualitätsgesicherte und preiswerte Arzneimittel informiert und der Arzneimittelbezug über "Frei-Haus-" (sprich: Versand-)Apotheken gefördert werden. Auch Hausarztmodelle hat die GEK mittlerweile im Angebot. Apotheker sind in diese jedoch nicht eingebunden. Denn von derartigen Verträgen, insbesondere dem der Barmer Ersatzkasse, hält GEK-Chef Dieter Hebel nicht viel.

22,4 Mrd. Euro wird die GKV in diesem Jahr voraussichtlich für die Medikamente ihrer rund eine Million Versicherten ausgeben, erklärte Hebel. Dabei entfallen 80 Prozent der Arzneimittelausgaben auf die 21 Prozent der Versicherten, die tatsächlich Arzneimittel bekommen. Schon seit einigen Jahren beschäftigt sich die Kasse damit, wie dem Ausgabenanstieg bei Medikamenten entgegenzuwirken ist. Da die Gruppe derjenigen, die sehr viele bzw. teure Arzneimittel verordnet bekommen, vergleichsweise übersichtlich ist, bemüht sich die GEK um eine direkte Ansprache. Informiert wird etwa über preiswerte Möglichkeiten des Arzneimittelbezugs und den Sinn und Unsinn von Medikamenten. Was preiswerte Arzneimittel angeht, setzt die GEK vor allem auf Versandapotheken. Lediglich mit solchen hat die Kasse Verträge abgeschlossen - auch im Rahmen von Disease-Management-Programmen. Bis zum Jahresende strebt die GEK an, dass 6 Prozent aller Arzneimittel über Versandapotheken bezogen werden.

Hebel kritisiert Doppelverdienst der Apotheker

Aber auch Hausarztverträge sollen beim Sparen helfen. Mit einigen KVen hat die GEK die Verträge schon unter Dach und Fach (z.B. Hessen, Niedersachsen, Nordrhein). Die teilnehmenden Hausärzte werden in diesen zu einer hochwertigen und gleichzeitig kostengünstigen Pharmakotherapie verpflichtet, erklärte Hebel. Dafür soll ihnen eine entsprechende Arzneimittelliste als Auswahlhilfe zur Verfügung gestellt werden. Allerdings handelt es sich dabei lediglich um Empfehlungen - Sanktionen sieht der Vertrag nicht vor. Rabattverträge mit Arzneimittelherstellern hat die GEK bislang noch nicht abgeschlossen - Verhandlungen laufen jedoch bereits.

Hebel betonte, dass man - anders als die Barmer - keine "schnellen, sondern wirkungsvolle Verträge" wolle. Daher werde man sich auch keine Vertragspartner mit einem hochpreisigen Sortiment suchen, wie es die Barmer getan habe. Für den ersten ins Leben gerufenen Hausarzt-/Hausapothekenvertrag hat Hebel ohnehin wenig übrig. Kein Verständnis hat er etwa für den "Doppelverdienst" der Apotheker: Neben der "soliden Bezahlung" von 8,10 Euro für die Beratung erhalten sie von der Barmer noch ein zusätzliches Honorar. Es sei fraglich, ob dies "dem Berufsstand ansteht". Hebel ist nun gespannt, wie sich die Ausgaben der Barmer für Apotheken zum Jahresende darstellen werden. Denn wenn da die Kosten nach oben gehen, müssten über den Risikostrukturausgleich "alle diesen Unsinn mitfinanzieren", so der GEK-Chef.

ABDA: Kostenverantwortung kein Tabu

ABDA-Vize-Präsident Friedemann Schmidt verteidigte die Barmer Verträge. Sie seien auch als "politische Verträge" zu verstehen: Sie brachen das Eis, als jeder darauf wartete, dass die neuen Vertragsmöglichkeiten genutzt werden. Schmidt räumte allerdings auch ein, dass diese Form von Verträgen nicht die Lösung des Problems sein kann. Diese werde voraussichtlich viel kleinteiliger sein. Etwa durch die Einbeziehung von mehr Beteiligten oder den Abschluss spezieller Verträge über bestimmte Wirkstoffe oder für bestimmte Regionen.

In der Apothekerschaft denke man derzeit über "intelligente Lösungen" nach - auch darüber, wie die Apotheker direkt in die Verantwortung für die Kosten eingebunden werden können. Dies könnte etwa dadurch geschehen, dass Zielgrößen formuliert werden und die Substitutionsmöglichkeiten der Apotheker erweitert werden. Schmidt erinnerte an die frühere Reimportregelung, bei der die Apotheker eine Quote zu erfüllen hatten, zugleich aber einen Entscheidungsspielraum hatten.

Unabhängige Information gefordert

Die Aktivitäten der GEK werden von Arzneimittelversorgungsforscher Prof. Gerd Glaeske unterstützt. Auch er ist überzeugt: "Steigende Arzneimittelausgaben sind nicht gottgegeben - wir können sehr vieles verändern." Insbesondere müsse einer unsachlichen Einflussnahme durch Pharmavertreter und gesponserte Praxissoftware sowie dem "Rabattunwesen" in Apotheken Einhalt geboten werden. An unabhängigen Arzneimittelinformationen arbeite etwa das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. Aber auch die GEK bietet Ärzten und Patienten derartige Informationen an. Glaeske betonte, wie wichtig eine gute Beratung beim Arzt und in der Apotheke sei: Für jeden Patienten müsse die Indikation, die Dosis und die Dauer der Anwendung stimmen. Letztlich handle es sich stets um chemische Substanzen, die erst durch Information zu einem Arzneimittel werde.

Glaeske machte aber auch deutlich, dass Arzneimittel nicht nur ein Kostenfaktor sind: Nicht selten haben sie einen "wichtigen Innovationswert im Sinne eines Krankenhaussubstitutionspotenzials". Als Beispiel nannte er die Behandlung von Magengeschwüren. Erst kürzlich wurden zwei australische Wissenschaftler für die Entdeckung des Erregers Helicobacter pylori als Hauptursache für diese Erkrankung mit dem Medizin-Nobelpreis ausgezeichnet. Obwohl Patienten mit Magengeschwüren mit Hilfe einer einwöchigen Arzneimitteltherapie erfolgreich behandelt werden können, komme es noch häufig zu Krankenhauseinweisungen, kritisierte Glaeske.

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