Kommentar

Schluss mit Visite

Das Modellprojekt IntegraCare hatte das Zeug, eine richtig runde Sache zu werden. Eine Art Integrierte Versorgung, die dem Patienten eine echte Hilfestellung und ein Mehr an Arzneimittelsicherheit gibt, wenn er ins Krankenhaus kommt und von dort entlassen wird. Seamless Care ist hier ein Stichwort: die nahtlose Betreuung, damit er bei der Entlassung aus dem Krankenhaus am Wochenende nicht ohne Anschlussmedikation dasteht, wenn der Hausarzt nicht erreichbar ist und die Apotheke nicht weiß, welche Arzneimittel er bekommen soll.

Eine Offizinapothekerin und eine Krankenhausapothekerin in Stuttgart konnten für die Idee, die Leistungsanbieter im Gesundheitswesen enger zusammenzubringen, mittlerweile 16 Apotheken begeistern, ein Krankenhaus, einige Ärzte - und 100 Patienten, die sich einschrieben und von einer besseren arzneitherapeutischen Betreuung profitierten. Das Modellprojekt begann zu leben. Der Offizinapotheker auf gemeinsamer Visite mit dem Stationsarzt am Krankenbett des Patienten: sogar dieses Idealbild wurde Wirklichkeit.

Damit ist jetzt Schluss. Das Krankenhaus bekam kalte Füße - auf Druck einer aggressiven Ärztegruppe, die sich durch den Erfolg des Projekts ausgeschlossen sah. Berichte über IntegraCare in Tageszeitungen wurden - wohl absichtlich - dahingehend missinterpretiert, dass man aus ihnen herauslas, der entlassene Krankenhauspatient werde durch die Hausärzte schlecht versorgt, weshalb er erneut in die Klinik eingeliefert werden müsse - ein teurer Drehtüreffekt, der nur durch Beteiligung der niedergelassenen Apotheker vermieden werden könne.

Die Medi-Hausärzte fühlten sich dadurch diskreditiert. In einem Brandbrief lamentierten sie, man habe die Hausärzte weder befragt, beteiligt noch seien sie erwünscht gewesen. Alles glatt gelogen. Es gibt genügend Unterlagen und Beweise, wie von IntegraCare-Insidern versichert wird, dass dies nicht der Fall ist. Ein solches Projekt lässt sich vernünftigerweise nicht ohne Hausärzte aufziehen.

Im Hintergrund dürften bei den Scharfmachern unter den Medi-Ärzten Vorbehalte gegen Apotheker, Missgunst, Angst vor Kompetenzverlust, vermeintliches Einmischen in die ärztliche Therapie bis hin zu fast persönlichen Abrechnungen mit einzelnen Apothekern den Auslöser gegeben haben, das Projekt zu stürzen. Dabei lagen bereits Einsparerfolge auf dem Tisch. Fazit: ein gutes Projekt mit den falschen Ärzten am falschen Ort.

Peter Ditzel

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