Kommentar

Spirale ohne Ende?

Getrieben vom Rückenwind des DAV-Hausapothekenvertrages sorgt ein neuer Vertrag in einer "zweiten relevanten Vertragsebene" mit ganz anderen Konditionen für Unruhe. Den Vertrag des "pro-DSA-Partnernetzwerk öffentliche Apotheken" mit einer Gruppe von BKKs, IKKs und LKKs bezeichnen die Akteure selbst als Ergebnis des politisch gewollten Vertragswettbewerbs.

Doch was ist das für ein Wettbewerb, auf den sich die Apotheken da einlassen sollen? An der Grenze des aufgeweichten ordnungspolitischen Rahmens gibt es viele Möglichkeiten für Konditionen zu Lasten der Apotheken. Umsatzabhängige Skonti auf Arzneimittel, zusätzliche Rabatte auf Teststreifen und Medizinprodukte, ungünstigere Berechnungen der Importquoten und das Ende der Vorschusszahlungen der Krankenkassen sind ökonomisch gesehen Preiswettbewerb - auch ohne Angriff auf die formelle Preisbindung.

Wenn Vertragswettbewerb aber Preiswettbewerb bedeutet, kann er nicht auch der allseits beschworene Qualitätswettbewerb sein. Da dies offensichtlich ist, scheint das Netzwerk wohl eher auf Verdrängungswettbewerb zu setzen: Wenn nicht alle Apotheken beteiligt sind, könnte sich das schlechtere Geschäft über die Menge (zusätzliche Kunden, von Krankenkassen zugewiesen) trotzdem lohnen. Doch werden die nächsten Netzwerke und ihre Krankenkassenpartner genauso denken. Das Ergebnis wären nicht mehr Kunden für die beteiligten Apotheken, sondern andere. Jede Krankenkassengruppe hätte ihr "Partner"-Netzwerk, dem sie die Konditionen diktieren kann. Das Nachsehen hätten die Apotheken als Opfer einer Dumpingstrategie und die Patienten auf ihren weiten Wegen zur jeweils "richtigen" "Partner"-Apotheke.

In die gleiche Richtung weist auch ein anderer Aspekt des neuen Vertrages. Das Netzwerk auf der Apothekenseite steht offenbar in enger Verbindung zu einer Kooperation unter dem Dach eines Großhändlers. Sind dem Großhändler seine anderen Kunden egal oder ist dies eine neue Marketingidee, um möglichst alle belieferten Apotheken für das eigene Dachmarkenkonzept zu "begeistern"? Wenn das Schule machen würde, wären bald die meisten deutschen Apotheken in einem doppelten Korsett aus Dachmarke und Krankenkassenzuordnung.

Thomas Müller-Bohn

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