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Neid bringt Quoten

Kaum eine Nachrichtensendung verging in den letzten Tagen, ohne dass die Apotheker darin erwähnt wurden, aber nicht etwa wegen ihrer Leistungen für die Patienten oder ihrer Hausapothekenangebote im Rahmen neuer Verträge, sondern wegen ihrer angeblich unangemessenen "Nachforderungen" für verschreibungspflichtige Arzneimittel.

Offenbar kommt Neid auf die vermeintlichen "Besserverdiener" und "Gewinner der Gesundheitsreform" in den Medien hervorragend an. Sehr geschickt hat Ulla Schmidt ihre Stellungnahme zu der schon lange schwelenden Kontroverse in die nachrichtenarmen Pfingstfeiertage platziert und das Thema damit in den Medien etabliert – inhaltlich hat sie sich vielleicht vom grotesken, aber ebenfalls äußerst medienwirksamen Heuschrecken-Vergleich ihres Parteigenossen Franz Müntefering inspirieren lassen. Denn der hat bewiesen: Neid bringt gute Quoten. Über die gesetzlichen Hintergründe der Position der Apotheker ist dagegen in vielen Nachrichtensendungen wenig bis gar nichts zu erfahren.

Die wichtigste Konsequenz aus dieser Kampagne scheint mir, sich nicht auf Gesetze zu verlassen. Denn Gesetze können nach Belieben geändert oder mit Hilfe einer medienwirksamen Inszenierung gebogen werden. Warum die Gesetze so und nicht anders formuliert wurden, interessiert später nicht mehr. Eine ähnliche Erfahrung war schon der "Deal" über Apothekenfilialen gegen die Zahnersatzversicherung, die Filialen sind nun eine Tatsache, die Zahnersatzversicherung wurde später ziemlich sang- und klanglos beerdigt.

Verlässlicher als Gesetze sind dagegen Verträge. Denn die Vertragspartner müssen sich auch morgen und im nächsten Jahr noch in die Augen schauen können – und wenn es ganz schlimm kommt, lassen sich Vertragsinhalte einklagen, weil sie rückwirkend nicht geändert werden können. Darum sind die Hausapotheken- und sonstigen Verträge der aussichtsreichere Weg in die Apothekenzukunft. Mögen die Inhalte manchmal schmerzlich sein, sie sind aber immerhin verlässlich. Die Hausapothekenverträge sind daher wohl erst der Beginn einer ganz neuen Rechtsgrundlage für die pharmazeutische Tätigkeit.

Was zurzeit mit besonderen Versorgungsformen und begrenzten Angeboten beginnt, könnte ein Modell für die Regelversorgung werden. Das wäre gewöhnungsbedürftig und sicher auch nicht problemfrei, aber die Gesetze, die dann überflüssig werden könnten, sind keine Träne wert.

Thomas Müller-Bohn

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