Arzneimittel und Therapie

Benefit durch Clopidogrel

Patienten, die einen Myokardinfarkt mit ST-Streckenhebung erlitten haben, können nicht immer zufriedenstellend therapiert werden. In einer jüngst veröffentlichten Mega-Studie konnte gezeigt werden, dass die zusätzliche Gabe von Clopidogrel zu einer deutlichen Abnahme kardiovaskulärer Komplikationen führt.

Das Indikationsgebiet für Clopidogrel ist in den vergangenen Jahren zunehmend erweitert worden. Der Plättchenaggregationshemmer wird bei Risikopatienten mit koronarer, zerebraler und peripherer Ischämie eingesetzt, findet Anwendung nach Koronarinterventionen sowie in der Sekundärprävention bei instabiler Angina pectoris ohne ST-Streckenhebung (unter ST-Hebung versteht man einen charakteristischen Abschnitt im EKG, der bei einem frischen Myokardinfarkt als angehobene Linie erscheint).

Möglicherweise kann Clopidogrel auch bei einem Myokardinfarkt mit ST-Streckenhebung von Nutzen sein, da trotz Fibrinolyse, Acetylsalicylsäure und Heparin mehr als 10% dieser Patienten noch innerhalb des ersten Monats einen Re-Infarkt bzw. einen Schlaganfall erleiden oder an den Folgen ihrer Erkrankung sterben. Da der erneute Gefäßverschluss auf eine Ruptur atherosklerotischer Plaques und der darauf folgenden Plättchenadhäsion und -aggregation zurückzuführen ist, erscheint die zusätzliche Gabe eines Thrombozytenaggregationshemmers sinnvoll.

Mit diesem Vorgehen befasste sich eine auf dem diesjährigen Jahreskongress des American College of Cardiology vorgestellte Studie, in der der Einfluss von Clopidogrel auf die Prognose nach einem akuten Myokardinfarkt mit ST-Streckenhebung untersucht wurde.

Die CLARITY-TIMI-28-Studie

CLARITY-TIMI 28 [Clopidogrel as Adjunctive Reperfusion Therapy (CLARITY)-Thrombolysis in Myocardial Infarction (TIMI) 28] ist eine multizentrische, randomisierte, plazebokontrollierte und doppelblinde Studie. Für sie wurden 3491 Patienten im Alter von 18 bis 75 Jahren mit ST-Hebungsinfarkt ausgewählt, die innerhalb von zwölf Stunden nach Schmerzbeginn randomisiert wurden. Alle Patienten wurden standardmäßig mit Fibrinolytika, Acetylsalicylsäure und eventuell Heparin therapiert.

1752 Probanden (Clopidogrel-Gruppe) erhielten zusätzlich 300 mg Clopidogrel als Bolus, gefolgt von 75 mg Clopidogrel oral einmal täglich, die 1739 Teilnehmer der Vergleichsgruppe erhielten ein Plazebo. Bei allen Patienten erfolgte 48 bis 192 Stunden nach Behandlungsbeginn eine Angiographie. Der primäre Studienendpunkt war die Kombination aus einer (noch oder schon wieder) verschlossenen Koronararterie (TIMI Grad 0 oder 1), Tod oder Infarktrezidiv vor der Angiographie. Ein weiterer Studienendpunkt, mit dem die Sicherheit der Therapie eingeschätzt werden sollte, war das Auftreten von Blutungen.

Bessere Ergebnisse

mit Clopidogrel Bei 262 (15%) der mit Clopidogrel und bei 377 (21,7%) der mit einem Plazebo behandelten Patienten trat ein im primären Studienendpunkt definiertes Ereignis auf. Das bedeutet eine absolute Reduktion von 6,7% und eine relative um 36% durch die Therapie mit Clopidogrel. Nach 30 Tagen war bei 11,6% der Clopidogrel-Gruppe ein Infarktrezidiv, eine Notfallrevaskularisierung oder der kardiovaskuläre Tod verzeichnet worden; bei der Plazebo-Gruppe traf dies auf 14,1% der Patienten zu. Das bedeutet eine relative Risikosenkung um 20%.

Die Anzahl der Todesfälle konnte hingegen durch Clopidogrel nicht gesenkt werden. So betrug die Mortalitätsrate in der Clopidogrel-Gruppe 2,2% und in der Plazebo-Gruppe 2,6%. Die Blutungsrate, der primäre Studienendpunkt für die Sicherheit, war bei beiden Gruppen ähnlich und lag zwischen einem und zwei Prozent.

Unterschiedliche Bewertung

In dieser Studie wurde ein deutlicher Benefit für Clopidogrel gezeigt, was den Studienleiter veranlasst, von einem "ersten größeren Fortschritt seit mehr als einem Jahrzehnt" zu sprechen, obwohl der "härteste" Parameter, die Mortalitätsrate, nur unwesentlich beeinflusst wurde. Kommentatoren dieser Studie sind etwas weniger enthusiastisch und wenden unter anderem ein, dass für die Studie nur Patienten mit geringem oder mäßigem Risiko ausgewählt worden waren und stellen in Frage, ob die Ergebnisse auf Patienten mit anderen Einschlusskriterien übertragbar sind.

Dr. Petra Jungmayr, Esslingen

 

Quelle
Sabatine M., et al.: Addition of Clopidogrel to Aspirin and fibrinolytic therapy for myocardial infarction with ST-Segment Elevation. N. Engl. J. Med. 352, 1179 –1189 (2005). Lange R., et al.: Concurrent antiplatelet and fibrinolytic therapy. N. Engl. J. Med. 352, 1248 – 1250 (2005). Zylka-Menhorn V.: Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Neue "Mega-Studien" vorgestellt. Dtsch Arztebl 102, 808 – 810 (2005).

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