Zukunftschance Gendiagnostik

Das Zentrallaboratorium ist gerüstet

Die Pharmakogenetik beschäftigt sich mit dem Einfluss genetischer Faktoren auf erwünschte wie auch unerwünschte Wirkungen von Arzneimitteln. Grundlage der Genotypisierung ist die Untersuchung der DNA auf Veränderungen, die im Sinne einer Genotyp-Phänotyp-Beziehung in kausalem Zusammenhang oder in Assoziation mit einer veränderten Reaktion auf ein Arzneimittel stehen. Mit Hilfe der modernen Techniken der Pharmakogenetik sollte es zukünftig möglich sein, Arzneimittelwirkungen auf der Basis des individuellen Genotyps genauer als bisher vorherzusagen bzw. die Pharmakotherapie durch individualisierte Wirkstoffauswahl und Dosierung zu optimieren.

Dass der Apotheker bei diesem Prozess eine herausragende Rolle spielen wird (müssen), versteht sich vor dem Hintergrund der Einführung des Faches Klinische Pharmazie von selbst, wenngleich die gesetzlichen Voraussetzungen dafür noch nicht geschaffen sind. Gerade in den letzten Jahren hat die Pharmakogenetik einen enormen Wissenszuwachs erfahren. Um daraus belastbare Informationen für alle Heilberufler und vor allem für Patienten zu generieren, ist eine Einbindung des Apothekers unverzichtbar.

Der Arzneistoffmetabolismus verläuft typischerweise in zwei Phasen ab, wobei in der Phase I die Familie der Cytochrom-P450-Enyzme (CYP) eine entscheidende Rolle spielen. Zum einen deshalb, weil viele häufig eingesetzte Arzneistoffe über das CYP-System metabolisiert werden, zum anderen, weil Polymorphismen in den zugrunde liegenden Genen relativ häufig anzutreffen sind. Dies betrifft vor allem CYP2D6, CYP2C9 und CYP2C19. Für die genannten Cytochrome ist der Zusammenhang zwischen genetischen Varianten und der Enzymfunktion gut belegt. Viele Psychopharmaka, die einem polymorphen Metabolismus unterliegen, haben eine geringe therapeutische Breite und können deshalb bei langsamen Metabolisierern toxische Blutspiegel erreichen. Gerade in solchen Fällen kann eine Genotypisierung zukünftig die Grundlage für eine sichere Therapie schaffen. Die Analyse relevanter Cytochrom-Gene wird in ausgewählten Laboratorien schon heute routinemäßig durchgeführt. Auch das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker (ZL) hat in Kooperation mit einem ausgewiesenen Gendiagnostiklabor bereits jetzt die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Cytochrom-Genotypisierungen zukünftig durchgeführt werden können.

Ein Expertengespräch zum Thema "Arzneimittelinteraktionen – Grundlagen und Vermeidungsstrategien" am 16. November 2005 im ZL soll den technologischen Stand der Cytochrom-Genotypisierung vorstellen und Vor- und mögliche Nachteile dieser Diagnostik kritisch beleuchten.

Prof. Dr. Manfred
Schubert-Zsilavecz

Wissenschaftlicher Leiter des Zentrallabo- ratoriums Deutscher Apotheker, Institut für Pharmazeutische Chemie, Marie-Curie- Str. 9, 60439 Frankfurt

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