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- DAZ 28/2005
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Ernährung aktuell
Heil(?)-Fasten – gesundheitlicher Nutzen ungewiss
Der Begriff "Heilfasten" suggeriert, dass durch Fasten Krankheiten geheilt werden könnten. Hierfür fehlt jedoch bislang jegliche wissenschaftliche Evidenz. Fasten ist für keine Erkrankung ein allgemein anerkanntes Therapieverfahren. Selbst von hartnäckigen Befürwortern des Fastens werden schwerwiegende Erkrankungen wie Malignome, Herzerkrankungen oder Infektionen sogar als Kontraindikationen angesehen. Fasten bedeutet immer eine drastische Reduktion der Nahrungsenergiezufuhr, sodass zwangsläufig der Energiebedarf des Organismus nicht mehr gedeckt wird. Aufgrund des Energiedefizits kommt es zum so genannten Hungerstoffwechsel, der seit vielen Jahren gut charakterisiert ist.
Hungerstoffwechsel und potenzielle Risiken
Das Gehirn und die roten Blutkörperchen sind für ihren Energiestoffwechsel immer auf eine kritische Menge an Glucose angewiesen. Beim Fasten wird dieser Glucosebedarf nicht mehr durch aufgenommene Kohlenhydrate gedeckt, sodass auf körpereigene Reserven zurückgegriffen werden muss. Da die Glykogenspeicher bereits nach etwa 18 Stunden verbraucht sind, müssen beim längeren Fasten die Leber und die Nieren zur Aufrechterhaltung einer kritischen Blutglucosekonzentration Glucose produzieren.
Für diese Gluconeogenese werden vor allem glucogene Aminosäuren benötigt, die aus dem Abbau von Proteinen entstehen. Im Hungerstoffwechsel kommt es somit immer zu einem Eiweißabbau, wobei auch wichtige Strukturproteine, beispielsweise im Herzmuskel oder im Knochen, angegriffen werden. Aus dieser Tatsache ist leicht ableitbar, dass Fasten zu einer Beeinträchtigung der Herzfunktion und der Knochenstruktur (Stichwort Osteoporose) führen kann.
Zusätzlich kommt es zu vermehrtem Zelluntergang, sodass gehäuft Purine anfallen. Die Folge ist ein Ansteigen der Harnsäurekonzentration und das gehäufte Auftreten von Gichtanfällen. Durch die vermehrte Bildung von Ketonkörpern kommt es zur Hungerazidose, welche zusätzlich die renale Harnsäureexkretion reduziert.
Eine weitere gesundheitliche Gefahr ergibt sich aus der erhöhten Lithogenität der Galle während des Fastens. Ihre Folge kann eine vermehrte Gallensteinbildung mit dem Auftreten von Koliken oder auch einer akuten Pankreatitis sein. Auch sollte erwähnt werden, dass Fasten bei einer zuvor bestehenden Fettleber, wie sie häufig bei Übergewichtigen vorliegt, zu einer akuten Steatohepatitis (Fettleberentzündung) führen kann.
Gesundheitlicher Nutzen fraglich
Die Frage nach dem gesundheitlichen Nutzen des Fastens kann aufgrund fehlender wissenschaftlicher Untersuchungen nicht eindeutig beantwortet werden. Klar ist jedoch, dass Fasten allein nicht zur langfristigen Gewichtsreduktion bei Übergewicht geeignet ist. Die Magermasse des Körpers und damit auch der Grundumsatz nehmen während des Fastens deutlich ab, sodass der bekannte Jojo-Effekt vorprogrammiert ist. Häufig wird ein positiver Einfluss des Fastens auf chronisch-entzündliche Erkrankungen propagiert. In der Tat konnte bei der rheumatoiden Arthritis ein akuter positiver Effekt des Fastens nachgewissen werden. Dieser Effekt dauert jedoch nicht über die eigentliche Fastenperiode hinaus an und ist daher nicht von anhaltendem Nutzen.
Der häufig betonte positive Einfluss des Fastens auf das emotionale Erleben ist bislang nicht systematisch untersucht worden. Ein Einfluss der ausgeprägten metabolischen und hormonellen Veränderungen während des Fastens auf die Psyche erscheint zwar durchaus plausibel, ob diese Veränderungen jedoch immer als positiv erlebt werden, ist fraglich. Überdies werden Fastenkuren meist von weiteren Faktoren wie einer neuen, ansprechenden Umgebung, von Ruhe und fehlendem Alltagsstress begleitet, sodass der Einfluss des Fastens selbst auf die Stimmung kaum abzuschätzen ist.
Dauerhafte Änderung des Lebensstils ist notwendig
Während die Risiken des Fastens gut bekannt sind, fehlen bislang wissenschaftliche Belege für einen anhaltenden gesundheitlichen Nutzen. Begleitende Behandlungsprogramme, die auf eine dauerhafte Lebensstiländerung abzielen, die von gesünderer Ernährung, vermehrter körperliche Aktivität und verbesserten Stressbewältigungsstrategien geprägt sind, können zweifellos nützlich sein. Ob Fasten an sich zu einer solchen wünschenswerten Lebensstiländerung beiträgt, ist ungewiss, da die kurzfristige radikale Nahrungsabstinenz im Anschluss zu einem Rückfall in das gegenteilige Extrem führen kann.
In Zeiten der evidenzbasierten Medizin und der Qualitätssicherung im Gesundheitswesen wird jede therapeutische Maßnahme aus dem Bereich der wissenschaftlich orientierten Medizin einer permanenten Prüfung hinsichtlich ihres Nutzens und ihrer Risiken unterzogen. Gleiche Qualitätsmaßstäbe sollten auch für Methoden der so genannten Komplementärmedizin gelten. Die Verweise auf eine Jahrhunderte alte Tradition oder auf ein häufiges Vorkommen in der Natur können auch in Bezug auf das Heilfasten nicht als Ersatz für wissenschaftliche Untersuchungen akzeptiert werden. Dies gilt insbesondere, da eine wissenschaftliche Überprüfung der potenziell positiven Effekte des Fastens mit methodisch relativ geringem Aufwand möglich wäre. Bis entsprechende Ergebnisse vorliegen, sollten jedoch Personen, die eine Fastenkur antreten möchten, über den experimentellen Charakter und die potenziellen Risiken dieser Maßnahme umfangreich aufgeklärt werden.
Argumente für das Fasten
Von Befürwortern des Heilfastens werden folgende Argumente ins Feld geführt:
- Fasten reinigt die Organe von "Schlacken".
- Fasten führt zu einer veränderten Stoffwechsellage. Es wird vermehrt Serotonin freigesetzt, wodurch die Stimmung steigt. Auch die Konzentrationen an Cortisol und Wachstumshormon steigen an und die Mikrozirkulation wird verbessert.
- Fasten führt zu einer Hemmung von Entzündungsreaktionen, da keine proentzündlichen Eicosanoid-Vorstufen mehr von außen zugeführt werden.
- Fasten verringert die Allergenbelastung.
- Fasten senkt Risikofaktoren für Herz und Kreislauf wie erhöhte Cholesterin-, Harnsäure- und Blutfettwerte.
- Fasten kann zu einer Normalisierung des Blutdrucks führen.
- Fasten kann prophylaktisch, aber auch therapeutisch bei zahlreichen Krankheiten eingesetzt werden.
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