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Der G-BA auf dem Prüfstand
Wie fruchtbar die derzeitige Patientenbeteiligung im Gesundheitswesen tatsächlich ist, war Thema einer Tagung der Gesellschaft für Recht und Politik im Gesundheitswesen (GRPG) am 24. Oktober in Berlin. Schimmelpfeng-Schütte machte hier deutlich, dass es nach den verfassungsrechtlichen Grundprinzipien der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie notwendig sei, auch diejenigen an den Beschlüssen des G-BA zu beteiligen, die von diesen in erster Linie betroffen sind.
Bei Fragen des GKV-Leistungsrechts seien dies weder die Bürger noch die Patienten (beide Gruppen können auch privat oder gar nicht versichert sein und sind damit nicht von den Entscheidungen des G-BA tangiert), sondern lediglich die GKV-Versicherten. Die Versicherten, so Schimmelpfeng-Schütte, müssten daher als „dritte Kraft” im wichtigsten Selbstverwaltungsorgan des Gesundheitswesens auch Entscheidungen treffen können.
Demokratisch legitimiert können nur Empfehlungen sein
Allerdings ist die Celler Richterin der Auffassung, dass der G-BA ohnehin nur Empfehlungen an die Regierung aussprechen kann – eine Normsetzungsbefugnis spricht sie dem Gremium ab. Daran würde auch eine stärkere Beteiligung der Versicherten nichts ändern. Selbst wenn keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Selbstverwaltung an sich bestehen, könne sich der G-BA nicht der rechtsstaatlichen und demokratischen Kontrolle durch den Staat entziehen, erklärte Schimmelpfeng-Schütte.
Die politische Verantwortung für die wesentlichen Beschlüsse – dazu zählen für die Richterin auch Fragen der Notwendigkeit medizinischer Leistungen – liege beim vom Volk gewählten Parlament bzw. der Regierung. Das Parlament trage damit auch das Risiko, nicht wiedergewählt zu werden, so Schimmelpfeng-Schütte. Das heutige Beanstandungsrecht des Ministeriums sei nicht ausreichend, wolle man das Selbstbestimmungsrecht des Volkes wahren.
Andere Sozialgerichte teilen die Bedenken nicht
Mit dieser Haltung stellt sich die Sozialrichterin gegen die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Dieses hat kein Problem damit, dem G-BA eine Normsetzungsbefugnis zuzusprechen. Auch das Sozialgericht Köln hat erst in der vergangenen Woche entschieden, dass dem Bundesgesundheitsministerium gegenüber dem G-BA nur eine Rechtsaufsicht zusteht (Urteil vom 19. Oktober, Az. S 19 KR 76/05). In die fachliche Arbeit des Gremiums dürfe es sich daher nicht einmischen. Konkret ging es um die Beschlüsse des G-BA zum Ausschluss der Protonentherapie aus dem stationären GKV-Leistungskatalog.
Das Ministerium beanstandete diese mit der Begründung, dass die fehlende Wirkung einer im stationären Bereich ausgeschlossenen Methode vom G-BA nachgewiesen werden müsse. Dem konnten die Kölner Richter nicht folgen. In der Urteilsbegründung heißt es, der G-BA sei nicht verpflichtet, den fehlenden Nutzen einer Methode nachzuweisen, weil dies so gut wie nie möglich sei. Zudem könne im Rahmen der gesetzlich geregelten Aufsicht dem Ministeriums nur die Möglichkeit geprüft werden, ob die wissenschaftliche Bewertung des G-BA vertretbar und in ordnungsgemäßen Verfahren zustande gekommen ist (Rechtsaufsicht).
Warten auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts
Rechtskräftig ist das Kölner Urteil noch nicht. Schimmelpfeng-Schütte hofft nun auf eine anderslautende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in der Grundsatzfrage der Normsetzungsbefugnis. Dort ist bereits eine entsprechende Klage anhängig – wann diese entschieden wird, ist allerdings noch unklar.
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