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Wirtschaftstage des LAV Sachsen-Anhalt I: Die Apotheken nach der Wahl
Die jüngsten Pressemeldungen sind nach Einschätzung von Diener "sehr belastbar" und dürften demnach die Pläne der Großen Koalition gut beschreiben, doch seien sie nur eine politische Absichtserklärung. "Es bleibt offen, wann und in welcher Form sie in Gesetze umgesetzt wird", meinte er. Es könne Jahre dauern, möglicherweise könne ein neues Gesetz aber auch schon zum 1. Januar 2006 oder bald danach in Kraft treten. Wie Diener darstellte, ist derzeit geplant, die Preise für Generika einzufrieren und zugleich einen Preisabschlag von fünf Prozent einzuführen, den die Hersteller an die Kostenträger zu entrichten haben.
Dies dürfte sich auf Arzneimittel der Festbetragsstufe 1 beziehen, die ein jährliches Umsatzvolumen von zehn Mrd. Euro aufweisen. Naturalrabatte an Apotheken sollen angeblich verboten werden, der Barausweis von Rabatten dürfte dagegen möglich bleiben. Außerdem soll der Begriff der Innovation bei Arzneimitteln neu definiert werden, um "Scheininnovationen" dem Festbetragssystem zuordnen zu können. Doch ist noch unklar, wie die Abgrenzung künftig getroffen werden soll. In die voraussichtlich anstehende Nutzenbewertung sollten sich die Apotheker Diener zufolge einbringen.
Auf Maßnahmen für die Einnahmenseite kann sich die Koalitionsarbeitsgruppe nach Aussage des ABDA-Geschäftsführers dagegen bisher nicht einigen. Die Union will die Arbeitgeberbeiträge zur GKV einfrieren, während die SPD die Pflichtversicherungsgrenze erheblich anheben möchte, um den Zugang neuer Mitglieder zur PKV zu verringern. Solche offenen Fragen dürften nicht zum Platzen der Großen Koalition führen, sondern werden wahrscheinlich als Arbeitsauftrag in die spätere Regierungsarbeit mitgenommen.
Innovationen einplanen statt ignorieren
In seiner Analyse der Apothekensituation hob Diener hervor, dass die Apotheker trotz stark wachsender Arzneimittelausgaben der GKV nicht in der Schusslinie seien. Dies beruhe auf der neuen Preisbildung mit ihrem Fixzuschlag für die Apothekenbetriebskosten. Zudem zeige sogar ein Vergleich mit den Apothekenmargen südeuropäischer Niedrigpreisländer, dass die deutsche Apothekenspanne insbesondere im wichtigen Hochpreisbereich sehr gering ausfalle.
Die steigenden Arzneimittelausgaben beruhen seit mehr als zehn Jahren weder auf der Mengen- noch auf der Preisentwicklung, sondern nur auf der Strukturkomponente. Der damit finanzierte Fortschritt ist medizinisch und gesellschaftlich gewünscht, kostet aber Geld. Doch versuchten die Politiker, die Kosten des Fortschritts durch politische Eingriffe auf null zu reduzieren, was unmöglich sei. So sei seit vier Jahren kein innovationsbedingter Ausgabenanstieg eingeplant worden. Wenn Innovationen gewünscht seien, müssten auch die Ausgaben dafür vorgesehen werden. Stattdessen würden immer wieder neue Eingriffe in das System die Planungssicherheit und Verlässlichkeit verhindern, die Arbeitgeber für ihre Entscheidungen benötigen. Dennoch hätten die Apotheken im Osten mehr Arbeitsplätze geschaffen als jeder andere Wirtschaftsbereich.
Patientennutzen als Leitbild
Für die künftige Positionierung der Apotheker forderte Diener, seltener zu fragen, warum etwas nicht gehe, und öfter zu überlegen, wie etwas gehe. Als Orientierung für operative Entscheidungen sollte den Apothekern das Leitbild der ABDA dienen. Danach werde der Patientennutzen durch eine optimale Arzneimittelversorgung verbessert, die der Apotheker als freier Heilberufler biete. Dabei müsse er sich im Wettbewerb bewegen. Um den Patientennutzen persönlich erfahrbar zu machen, dürften Mühen wie Rezepturen, Notdienst und Serviceverträge mit Krankenkassen nicht gescheut werden. Außerdem müssten neue Aufgaben beim Medikationsmanagement, neue Modelle für aut idem und eigene Gütetests der Apotheker angegangen werden. Zum freien Heilberuf gehöre auch, die Verantwortung für die eigene Tätigkeit auf sich zu ziehen und nicht an andere zu delegieren. Dies sei das wesentliche Argument für Leitlinien, apothekereigenes Qualitätsmanagement, Maßnahmen zur Vertriebswegkontrolle, den Aufgabentransfer zu den Apothekerkammern und das Engagement für Pharmakovigilanz und Nutzenbewertung. Zudem spreche dies gegen die industrielle Verblisterung durch Außenstehende und die Delegation von Kompetenz an Kooperationen. Die Apotheker müssten sich auch untereinander einem Leistungs- und Qualitätswettbewerb stellen und umfassende Verantwortung in der Versorgung übernehmen, beispielsweise durch Übernahme pharmakoökonomischer Aufgaben, Aut-idem-Zielquoten und kassenspezifische Versorgungsverträge.
Viele neue Aufgaben
Weitere Zukunftsperspektiven der Apotheker wurden anschließend im Rahmen einer Diskussionsrunde betrachtet, die Mathias Arnold, Vorsitzender des Landesapothekerverbandes Sachsen-Anhalt, moderierte. Dabei ging es besonders um mögliche Angebote der Apotheken zur sozialen Begleitung der Patienten. Durch die Zusammenarbeit mit dem beta-Institut (siehe den Bericht über die Mitgliederversammlung des Apothekerverbandes auf Seite 70) können in Apotheken qualifizierte soziale Unterstützungen im Zusammenhang mit Krankheit und Pflege vermittelt werden. Darüber hinaus machte Horst Erhardt, Leiter des beta-Instituts, Augsburg, auf den großen Bedarf an Therapiebegleitungen und Patientenschulungen aufmerksam. Die Vorteile seien schon jetzt in Studien belegt. Die Patienten sollten in ihrer Krankheit wahrgenommen werden, aber die Ärzte könnten dies nicht immer leisten.
Die vielfältigen möglichen künftigen Angebote der Apotheker vom pharmazeutischen Versorgungsmanagement bis zu solchen neuen sozialen Leistungen verursachen in den Apotheken Kosten, während sie den Patientennutzen erhöhen und bei den Krankenkassen an anderer Stelle zu Einsparungen führen. Eine Honorierung könne aber nur für Leistungen erwartet werden, die in standardisierter und qualitätsgesicherter Form angeboten werden, erklärte Diener. Nach Einschätzung von DAZ-Redakteur Dr. Thomas Müller-Bohn, Süsel, dürfte es lange dauern, bis die Vorteile nachzuweisen und daraus Honorare zu generieren sind. Denn sogar der Nutzen der besser fassbaren Arzneimittelinnovationen sei mit pharmakoökonomischen Untersuchungen noch immer schwer zu vermitteln.
Paul-Friedrich Loose, Landesgeschäftsführer Mitteldeutschland der Barmer Ersatzkasse, sieht Apotheker und Ärzte mit dem dreiseitigen Barmer-Vertrag auf dem richtigen Weg, was die große Resonanz bei den Versicherten zeige. So würden die Apotheker in ihrer Kernkompetenz, der Beratung rund um das Arzneimittel, gestärkt.
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