Arzneimittel und Therapie

Mit Anthroposophie gegen Beschwerden

Das ganzheitliche Therapiekonzept der anthroposophischen Medizin versucht, durch Kunst- und Bewegungstherapie, rhythmische Massagen und spezielle Arzneimittel die Selbstheilungskräfte des Patienten anzuregen. Bisher beschränkt sich die wissenschaftliche Dokumentation der mit dieser Therapierichtung erzielten Erfolge auf kleine Studien und Einzelfallberichte. 1998 wurde von mehreren deutschen Krankenkassen eine groß angelegte Kohorten-Studie bei unabhängigen wissenschaftlichen Instituten in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse der von 1998 bis 2003 durchgeführten AMOS-Studie (Anthroposophic Medicine Outcomes Study) liegen nunmehr vor.

Bundesweit rekrutierten 141 von der Gesellschaft anthroposophischer Ärzte in Deutschland zertifizierte Arztpraxen insgesamt 898 ambulante Patienten mit unterschiedlichen chronischen Erkrankungen. Das mediane Alter der Patienten lag bei 38,5 Jahren, wobei Patienten im Alter von einem Jahr bis 75 Jahre eingeschlossen wurden. 48% der Patienten waren 30 bis 49 Jahre alt. Es wurden 2,7-mal mehr Frauen als Männer in die Studie aufgenommen. Die häufigsten Indikationen waren psychische Beschwerden wie Depressionen, Angststörungen und Hyperaktivität, außerdem Erkrankungen der Wirbelsäule, Asthma, Kopfschmerzen und chronische Sinusitis. Die Erkrankung lag bei Beginn der anthroposophischen Therapie in 96% der Fälle länger als ein Monat vor, im Median seit drei Jahren.

Als primärer Endpunkt wurde sowohl vom Patienten als auch vom Arzt die Schwere der Erkrankung auf einer Scala von 0 bis 10 bewertet (0 – keine Beschwerden vorhanden, 10 –schlimmstmögliche Beschwerden). Außerdem galt die Veränderung der Lebensqualität als primäres Zielkriterium. Als sekundäre Parameter wurden unter anderem die Kostenentwicklung für das Gesundheitssystem erfasst, unerwünschte Therapieeffekte sowie die Zufriedenheit des Patienten mit der Therapie. Die Daten wurden nach 3, 6, 12, 18 und 24 Monaten getrennt beim Arzt bzw. Patienten erhoben.

Gestiegene Lebensqualität ohne Kostenerhöhung

Die Ärzte verordneten 47% der Patienten Heileurythmie, 18% Kunsttherapie, 10% rhythmische Massagen und 26% eine anthroposophische Medikation. Nach Einschätzung der Ärzte verbesserten sich die Symptome nach sechs Monaten im Median um 3,5 Punkte auf der 10-Punkte-Skala, nach Einschätzung der Patienten um 2,67 Punkte. Bei 85% der Patienten war zu diesem Zeitpunkt eine Besserung eingetreten. Spätere Erhebungen zeigten eine weitere Verbesserung der Symptomatik.

Die Lebensqualität steigerte sich signifikant. 86% der Patienten beschrieben die Wirksamkeit der Therapie als gut oder sehr gut. Es gab weder bei den unterschiedlichen Therapieformen noch bei verschiedenen Patientensubgruppen wesentliche Unterschiede des Therapieerfolges. Bei 2,7% der Patienten traten unerwünschte Therapieeffekte auf, drei Patienten (0,5%) brachen daraufhin die Therapie ab.

Die Kosten für das Gesundheitssystem beliefen sich vor Beginn der anthroposophischen Therapie auf 3637 Euro pro Jahr und Patient, im ersten Jahr nach Therapiebeginn auf 3484 Euro. Zwar verursachte die anthroposophische Therapie zusätzlichen Aufwand, dem steht aber eine deutliche Kostensenkung durch Verringerung der Hospitalisierung gegenüber. Es ergibt sich eine Senkung der Gesamtkosten um 152 Euro pro Patient und Jahr.

Die Kohorten-Studie zeigt auf, dass eine anthroposophische Therapie chronische Erkrankungen bei ausgezeichneter Verträglichkeit langfristig lindert, die Lebensqualität der Betroffenen steigert und zu einer Senkung der Kosten im Gesundheitswesen beiträgt.

 

Quelle

Hamre, H. J.; et al.: Anthroposophische Therapien bei chronischen Erkrankungen: Die Anthroposophische Medizin Outco- mes-Studie (AMOS). Der Merkurstab. 6, 419 – 429 (2004).

Literaturtipp

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Glöckler, Michaela Anthroposophische Arzneitherapie für Ärzte und Apotheker Loseblatt-Ausgabe 1274 S., 7 s/w Abb.; 134 Euro, Subskriptionspreis bis 31. 05. 2005: 98 Euro

Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2005. ISBN 3-8047-2102-8

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