Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt machte anlässlich des In-Kraft-Tretens des AVWG erneut deutlich, warum die große Koalition das Spargesetz noch vor der anstehenden großen Reform beschlossen hat: "Die Steigerungen der Arzneimittelausgaben von rund 16 Prozent im Jahr 2005 haben sich offenbar auch in den ersten Monaten des laufenden Jahres fortgesetzt. Diese Entwicklung ist nicht mit einem Anstieg der Krankheitsfälle in der Bevölkerung oder der medizinischen Notwendigkeit zu erklären. Vielmehr zeigt sich, dass vorhandene Einsparpotentiale nicht genutzt werden. Mit dem AVWG werden pharmazeutische Industrie, Ärzte und Apotheker deshalb stärker in die Pflicht genommen."
Das AVWG sieht ergänzend zum Verbot der Naturalrabatte einen Kassen-Rabatt von zehn Prozent auf den Herstellerabgabepreis auf Arzneimittel des generikafähigen Marktes vor. Zudem bestimmt es einen zweijährigen Preisstopp für alle Arzneimittel, die zu Lasten der GKV abgegeben werden. Die Festbeträge werden in das so genannte "untere Preisdrittel" abgesenkt. Auch die Bonus-Malus-Regelung wird gegen den Widerstand der Ärzteschaft in einigen sehr umsatzstarken Wirkstoffgruppen eingeführt. Diese Regelung soll erst zum 1. Januar 2007 wirksam werden - bis dahin muss die Selbstverwaltung die nötigen Vorarbeiten treffen.
Die neuen Regelungen im Einzelnen
Die Abgabe kostenloser Arznei-Packungen (Naturalrabatte) an Apotheken wird durch eine entsprechende Änderung im Heilmittelwerbegesetz unterbunden. Ziel ist eine größere Transparenz und ein stärkerer Preiswettbewerb im Arzneimittelmarkt zum Vorteil der Verbraucher und der Krankenkassen. Die Regelung gilt auch für rezeptfreie Arzneimittel und Tierarzneimittel. Krankenhausapotheken werden ebenfalls in die Regelung einbezogen. So soll vermieden werden, dass Krankenhauspatienten mittels kostenloser Arzneimittel-Lieferungen von Herstellern auf Präparate eingestellt werden, deren Verordnung in der ambulanten Versorgung unwirtschaftlich ist.Für Arzneimittel im generikafähigen Markt, die von mehreren Unternehmen angeboten werden, wird ein Rabatt in Höhe von zehn Prozent des Herstellerabgabepreises erhoben. Auf diese Weise sollen die zuvor den Apotheken gewährten Naturalrabatte abgeschöpft werden. Ausgenommen sind Arzneimittel, deren Preis 30 Prozent unter dem Festbetrag liegt.Vom 1. April 2006 bis zum 31. März 2008 gilt ein zweijähriger Preisstopp für Arzneimittel die zu Lasten der GKV verordnet werden.Die Festbetragsregelung wird neu justiert: Zum einen werden die Festbeträge für Arzneimittel ins untere Preisdrittel abgesenkt. Zum anderen wurde die Definition "echter Innovationen", die von den Festbeträgen freigestellt sind, überarbeitet. Krankenkassen wird die Möglichkeit eingeräumt, mit Herstellern einen speziellen Rabattvertrag abschließen, damit die Arzneimittel mit Preisen über Festbetrag für die Versicherten ohne Mehrkosten verfügbar sind.Arzneimittel, deren Preis 30 Prozent und mehr unterhalb des Festbetrags liegt, können durch Beschluss der GKV-Spitzenverbände von der Zuzahlung befreit werden.Ärzte sollen künftig stärker in die Verantwortung für die Wirtschaftlichkeit ihrer Arzneiverordnungen genommen werden. Anreize hierzu sollen das Konzept der Durchschnittkosten pro Dosiereinheit und die Bonus-Malus-Regelung setzen. Die Einzelheiten dieser Zielvorgaben für DDD-Kosten sollen von der gemeinsamen Selbstverwaltung auf Bundesebene durch Vertrag vereinbart werden. Wird der festgelegte Durchschnittswert vom Arzt um mehr als zehn Prozent überschritten, wird ein Malus fällig. Der Bonus kann durch die Verordnung preiswerter Medikamente erreicht werden, nicht aber durch die Verweigerung von Verordnungen. Er wird der Kassenärztlichen Vereinigung und nicht dem einzelnen Arzt gutgeschrieben. Die Selbstverwaltung auf Landesebene erhält die Möglichkeit, die Bonus-Malus-Regelung durch eine gleich wirksame regionale Vereinbarung abzulösen.Die Praxissoftware in Arztpraxen muss künftig manipulationsfrei sein. Damit soll die verbreitete Praxis unterbunden werden, Ärzten kostenlose Software zu liefern, die bei der Auswahl von Arzneimitteln einen bestimmten Hersteller bevorzugt.Krankenhäuser werden ebenfalls zu mehr Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung angehalten: Soll die Arzneimitteltherapie im Anschluss an eine Krankenhausbehandlung für einen längeren Zeitraum fortgesetzt werden, so soll das Krankenhaus bei der Entlassung Arzneimittel anwenden, die auch bei Verordnung in der vertragsärztlichen Versorgung zweckmäßig und wirtschaftlich sind. Daneben soll die gesetzliche Zuwachsbegrenzung (die so genannte Grundlohnrate) im Krankenhausbereich und bei den Verwaltungskosten der Krankenkassen in den Jahren 2006 und 2007 von einem Mitglieder- auf einen Versichertenbezug umgestellt werden.
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