Kommentar

Kompromiss-Pool

Bei den jüngsten Steuererhöhungsbeschlüssen demonstrierte die große Koalition erstaunliche Einmütigkeit - entgegen allen Warnungen vor den konjunkturellen Folgen. Ein einvernehmliches Konzept für das Gesundheitswesen liegt dagegen allenfalls im dichten Nebel. Zunächst steht wieder einmal die Ausgabenseite auf dem Verhandlungsplan. Doch das Argument, vor der Reform auf der Einnahmenseite müssten die Ausgaben gestrafft werden, überzeugt nicht. Denn dies war bereits das Ziel ungezählter Reformen. Offenbar glauben die Politiker nicht einmal selbst an den langfristigen Erfolg von GMG, AVWG und Co. Dass sie diesmal eine wirksamere Lösung auf der Ausgabenseite finden als die üblichen kurzfristigen Sparmaßnahmen, ist nicht zu erwarten, zumal die größeren Probleme auf der Einnahmenseite liegen.

Dort dominiert das Pool-Modell die Diskussion. Für den Pool spricht ein beachtliches politisches Argument: Er würde inhaltlich fast nichts festlegen. Der Arbeitgeberbeitrag wäre langfristig ebenso variabel wie ein möglicher Steueranteil. Der Pool ließe nahezu alle Optionen offen, um später mit anderen Mehrheiten die Zuflüsse neu zu regeln - in Richtung Bürgerversicherung oder Prämienmodell. Auf einen so eindrucksvollen und zugleich inhaltsleeren Kompromiss dürften sich die Großkoalitionäre ohne Murren einigen können.

Nur eine wesentliche Neuerung dürfte damit festgeschrieben werden: Die Krankenkassen würden nur noch einheitliche Prämienbeträge pro Person erhalten, was die deutliche Ablehnung aus dem Kassenlager erklärt. Doch täte der verschärfte Wettbewerb den Kassen, die das Gleiche gerne für die Leistungserbringer fordern, bestimmt gut. Außerdem wären die Krankenversicherungen dann nur noch für die Umverteilung zwischen Gesunden und Kranken zuständig, was ihrem Zweck entspricht - der Ausgleich zwischen arm und reich fände dagegen im Pool statt.

Die versprochene langfristige Weichenstellung für das Gesundheitswesen und die Abkopplung der Gesundheitsausgaben von den Arbeitskosten brächte ein solcher Pool allein aber noch nicht. In Zukunft könnte dann weiter über die laufenden Veränderungen an den neuen Stellschrauben diskutiert werden, von Arbeitgeberbeiträgen bis Steuern - vielleicht als Anlass für die nächste Steuererhöhungsrunde?

Thomas Müller-Bohn

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