Verbraucherzentralen: "Wettbewerb Fehlanzeige"

(vz/diz). Zwei Jahre nach Aufhebung der Preisbindung für nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel gibt es noch keinen Wettbewerb unter Apotheken. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung der Verbraucherzentralen Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen.

Außerdem, so heißt es weiter in der Pressemitteilung der Verbraucherzentralen, lassen sich die Apotheken bei der Preisgestaltung für OTC-Arzneimittel zudem nur ungern in die Karten schauen. Diese Feststellungen sind das Ergebnis einer Umfrage zu Heuschnupfen- und Schmerzmitteln. Dabei kontaktierten die Verbraucherzentralen im März in ihren Ländern insgesamt 837 Apotheken in 41 Städten.

"Enttäuschendes Resultat"

Mit ihrer Untersuchung wollten die Verbraucherzentralen feststellen, ob Apotheken nach der seit 1. Januar 2004 aufgehobenen Preisbindung vermehrt ihre Preise selbst festlegen. Die Organisationen überprüften konkret, ob diese Möglichkeit zu unterschiedlichen Preisauszeichnungen führt und checkten die Preise für drei Antiallergika: Zyrtec P, Cromo ratiopharm (Augentropfen) und Vividrin Kombipackung sowie für die beiden gängigen Analgetika Aspirin und Dolormin. "Erstes enttäuschendes Resultat: Fast alle Apotheken reagierten befremdet auf die Umfrage. Lediglich 343 - nur knapp 41 Prozent - gaben überhaupt eine Preisauskunft", stellen die Verbraucherzentralen fest.

Als weiteres Ergebnis fanden sie, dass sich die Apotheken über den Preis kaum Konkurrenz machten. Bei 91 bis 97 Prozent der fünf Arzneimittel seien die auskunftsbereiten Pharmazeuten der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers gefolgt. Die größten Preisunterschiede habe man beim Schmerzmittel Aspirin und die geringsten beim Anti-Allergiepräparat Vividrin gefunden. Nur eine Apotheke habe die fünf Arzneien zwischen 25 und 45 Prozent unterhalb der Herstellerempfehlung angeboten. Die Verbraucherzentralen raten den Patienten, die auf rezeptfreie Medikamente angewiesen sind, beim Apotheker nicht nur nach deren Risiken und Nebenwirkungen zu fragen. Kunden sollten sich zudem nach den Preisen erkundigen und diese mit anderen Angeboten vergleichen - zum Beispiel mit billigeren Nachahmerpräparaten und Re-Importen.

Die Untersuchung der Verbraucherzentralen erfolgte im Rahmen des Projektes "Markttransparenz im Gesundheitswesen", das durch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz gefördert wird. Mit ihren Tests und Informationen wollen die Verbraucherzentralen Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen Benachteiligungen von Patienten im Gesundheitswesen deutlich machen. Der 25-seitige "Apotheken-Check 2006" steht zum Download unter www.vz-nrw.de/apothekencheck.

Randnotiz: Der arme Patient - wirklich?

Benachteiligungen im Gesundheitswesen wollen die Verbraucherzentralen aufspüren und haben die OTC-Arzneimittelpreise gecheckt. Und sie haben aus ihrem Blickwinkel Benachteiligungen für die Verbraucher entdeckt: Fast in allen Apotheken kosten OTC-Präparate dasselbe - der Preis liegt bei der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers. Unverschämt! So was Verwerfliches! Machen sich die geldgierigen Pharmazeuten tatsächlich keine Konkurrenz über die Preise. Ignorieren die doch glatt die heilige Kuh, den Wettbewerb. Verhalten die sich doch tatsächlich so, als hätte es die Aufhebung der Preisbindung gar nicht gegeben. Und der Dumme ist der arme Patient, der in den Apotheken denselben (hohen) Preis für seine Arznei berappen muss.

Von der Stuttgarter Zeitung dazu befragt, meinte unser bekannter Arzneimittelprofessor für kritische Fragen, Gerd Glaeske, dass es die Apotheker offensichtlich schaffen, den Wettbewerb zu verhindern. Und als verhinderter Praktiker glaubt er zu wissen, dass seine Kollegen in der Praxis nach seiner Einschätzung "durchaus Luft für Preissenkungen" hätten.

Dem Theoretiker Glaeske kann ich nur ans Herz legen, doch selbst einmal eine Apotheke zu führen und am Monatsende alle Gehälter, Raum- und sonstige Betriebskosten einer Apotheke zu bezahlen - dann zeigt sich sehr schnell, wie die Luft für Preissenkungen dünn wird.

Und der Verbraucherzentrale möchte ich zurufen: Schön, wenn ihr das Wohl des Verbrauchers im Auge habt, aber: Wo steht geschrieben, dass Preise nur nach unten gehen müssen? Wettbewerb heißt auch, die Preise dem Markt anzupassen. Was ist, wenn die bösen Pharmazeuten während der Heuschnupfenzeit Zyrtec und Cromo der Nachfrage anpassen und teurer machen? Ist das verbraucherfreundlich, wenn der Patient viele Apotheken abfragen muss, wo seine Arznei am günstigsten ist? Ist die Media-Markt-Strategie verbraucherfreundlicher, wenn man ein paar billige Lockvogel-Angebote anpreist und das restliche Sortiment auf Normalpreis-Niveau lässt oder sogar teurer verkauft?

Peter Ditzel

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