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- AZ 46/2006
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Wirtschaftsweise rügen misslungene Gesundheitsreform - Sachverständigenrat: Ge
In ihrem am 8. November in Berlin vorgestellten Gutachten kritisieren die Wirtschaftsexperten vor allem, dass die Reform mit einer Beitragssatzerhöhung starten wird. Dies laufe der im Koalitionsvertrag gemachten Zielsetzung zuwider, die Lohnzusatzkosten zu senken und koste zudem Arbeitsplätze. Die gleichzeitige Abschaffung und Einführung eines Bundeszuschusses sei ein weiterer Ausdruck für den Zick-Zack-Kurs der Regierungskoalition.
Die Ausgestaltung des Gesundheitsfonds in Kombination mit dem Zusatzbeitrag führt aus Sicht der Sachverständigen zu wettbewerbsverzerrenden Effekten, die selbst im Vergleich zum Status quo eine Verschlechterung bringen würden. Auch die Begrenzung der Zusatzbeiträge auf ein Prozent des beitragspflichtigen Einkommens missfällt den Experten.
Da der Zusatzbeitrag umso höher sei, je mehr Versicherte einer Kasse unter die Überforderungsregel fallen, würde dies letztlich dazu führen, dass Kassen mit vielen geringverdienenden Versicherten aus dem Markt ausscheiden müssen – unabhängig davon, ob sie effizient wirtschaften. Zudem sorge das Nebeneinander von einkommensabhängigen und pauschalen Zusatzbeiträgen für Intransparenz und behindere den Wettbewerb. Auch der geplante Risikostrukturausgleich, der 50 bis 80 ausgabenträchtige Krankheiten berücksichtigen soll, bleibe hinter dem zurück, was man 2003 im GKV-Modernisierungsgesetz angekündigt habe.
Experten fordern "Bürgerpauschale"
Die wichtigsten Ziele einer finanzierungsseitigen Reform der Krankenversicherung sind dem Gutachten zufolge eine Abkopplung der Beiträge von den Arbeitskosten und die Schaffung eines einheitlichen Krankenversicherungsmarkts. Beide Ziele würden mit der geplanten Gesundheitsreform nicht erreicht. Die Hoffnung der Wirtschaftsweisen, dass die Große Koalition grundlegende Änderungen an ihrem Reformvorhaben vornimmt sind gering. Dennoch machen sie einige Vorschläge zur "Schadensbegrenzung". Am liebsten sähe es der Rat jedoch, wenn die Politik den Fonds zum Einstieg in die "Bürgerpauschale" nutzen würde.
Nach diesem Modell der Sachverständigen sollen die Gesundheitskosten durch einkommensunabhängige Pauschal–beiträge verbunden mit einem Steuer-Ausgleich finanziert werden.
Falsche Anreize für Apotheker
Die vom Gesetzgeber geplanten Maßnahmen im Arzneimittelbereich stoßen hingegen auf weniger Widerspruch bei den Wirtschaftsexperten. Sie kritisieren allerdings die vorgesehene Beteiligung der Apotheker an Rabattverträgen mit Arzneimittelherstellern. Da Apotheker, wenn sie selbst Rabattverträge aushandeln, 15 Prozent des Preisnachlasses – höchstens jedoch 15 Euro je Packung – für sich behalten können, bestünde die Gefahr, dass sie nicht das preisgünstigste Präparat abgeben, sondern dasjenige, für das sie den größten Rabatt ausgehandelt haben. So sei zu befürchten, "dass es zu einem Wettbewerb nicht um Preise, sondern um Rabatte kommt, der nicht unbedingt zu Einsparungen bei den Kassen führen muss".
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