Arzneimittel und Therapie

Stellungnahme pro familia: Für eine rezeptfreie Zulassung der "Pille danach"

Pro familia setzt sich seit den 70er Jahren dafür ein, dass Frauen und Mädchen Zugang zu Nachverhütungsmethoden haben. Die hormonelle Nachverhütung durch die "Pille danach" stellt derzeit neben der Einlage einer Spirale die einzige Möglichkeit dar, auf relativ sichere und nebenwirkungsarme Art nach ungeschütztem bzw. unzureichend geschütztem Geschlechtsverkehr eine ungewollte Schwangerschaft zu verhindern.

Seit dem Jahr 2000 steht in Deutschland ein Präparat zur Verfügung, das durch seine neue Wirkstoffzusammensetzung in 15 europäischen Ländern zur Aufhebung der Rezeptpflicht geführt hat. Weltweit wurde die rezeptfreie Verfügbarkeit der "Pille danach" in mindestens 28 Ländern umgesetzt und sichert damit Frauen einen schnellen Zugang. Pro familia schließt sich der internationalen Einschätzung an, dass die "Pille danach" rezeptfrei zugelassen werden sollte, aus folgenden Gründen an:

Hohe Zuverlässigkeit und wenig Nebenwirkungen

Seit August 2000 gibt es in Deutschland eine "Pille danach", die als Wirkstoff nur ein Gestagen enthält. Eine im Jahr 1998 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) publizierte kontrollierte Studie hat gezeigt, dass sich dieses Gestagenpräparat im Vergleich mit der bis dahin überwiegend angewandten kombinierte Östrogen-Gestagen-Methode (nach Yuzpe) durch eine höhere Zuverlässigkeit und deutlich geringere Nebenwirkungen auszeichnet. Für die "Pille danach", die nur ein Gestagen enthält, werden keine Kontraindikationen beschrieben.

Frühe Einnahme – bessere Wirkung

Obwohl eine Wirksamkeit bis zu 72 Stunden nach ungeschütztem Verkehr belegt ist, gilt: Die Methode ist umso wirksamer, je früher sie angewendet wird. Eine rezeptfreie Abgabe der "Pille danach" verbessert die Zugänglichkeit und ermöglicht eine Einnahme ohne Zeitverlust. Aktuelle Rückmeldungen aus dem Verband weisen auf Defizite in der Versorgung durch das Krankenhaus, durch Notdienstzentralen und Apotheken hin.

Kein Abortivum

Die "Pille danach" kann keinen Schwangerschaftsabbruch auslösen. Wird die "Pille danach" versehentlich in der frühen Schwangerschaft eingenommen, so wirkt sie nicht. Negative Auswirkungen auf den Embryo sind nicht zu befürchten.

Kein negativer Einfluss auf das Verhütungsverhalten

Häufig ist die Sorge, dass Frauen/Paare auf eine reguläre Verhütung verzichten, riskantes Sexualverhalten zunimmt oder es zu wiederholter Anwendung der "Pille danach" kommt, Grund für die Ablehnung der Rezeptfreiheit der "Pille danach". Diese Sorge ist laut zahlreichen internationalen Studien unbegründet.

Erfahrungen zeigen stattdessen, dass eine Enttabuisierung möglicherweise sogar zu verantwortungsvollerem Umgang mit Verhütung führt.

Verhinderung ungewollter Schwangerschaften

Die rezeptfreie Zulassung nebenwirkungsarmer Nachverhütungsmethoden erweitert die Handlungskompetenz von Frauen und Paaren, eigeninitiativ eine ungewollte Schwangerschaft nach ungeschütztem bzw. unzureichend geschütztem Geschlechtsverkehr zu verhindern.

Die Kosten für die "Pille danach" haben sich seit Einführung des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes durch die neue Arzneimittelpreisverordnung und durch die Praxisgebühr unverhältnismäßig erhöht.

Durch die neue Regelung muss eine Frau ohne ärztliche Überweisung seit Januar 2004 statt 10,14 Euro über 27 Euro für die hormonelle Nachverhütung bezahlen. Diese neuen Regelungen haben somit zu einer zusätzlichen Barriere geführt und es ist zu vermuten, dass die Kostenerhöhung einen negativen Einfluss auf die Entscheidung von Frauen bzw. Paaren haben wird, die "Pille danach" anzuwenden.

Anforderungen an die Apotheken

Rückmeldungen aus dem Verband und von Klientinnen weisen darauf hin, dass nicht alle Apotheken die "Pille danach" verfügbar haben. Die Lagerhaltung muss gewährleistet sein, um Frauen neben zeitaufwändigen Bemühungen um ein Rezept das Aufsuchen mehrerer Apotheken bis zum Erhalt des Präparats zu ersparen. Wäre die Abgabe der "Pille danach" rezeptfrei möglich, wären Apotheken Hauptansprechpartner für Frauen, die die "Pille danach" benötigen. Für diesen Fall wäre es wünschenswert, wenn Apotheker über beraterische Kompetenz verfügten und im Bedarfsfall die Möglichkeit für ein vertrauliches Gespräch sicherstellten. Apotheker müssen sensibilisiert sein für möglicherweise weiteren Beratungs- bzw. Behandlungsbedarf von Klientinnen. Eine enge regionale Kooperation mit Beratungseinrichtungen und ärztlicher Versorgung wäre anzustreben. Die Einschätzungen von pro familia folgen internationalen Einschätzungen und alle Angaben basieren auf kontrollierten Studien.

pro familia Bundesverband

pro familia Deutsche Gesellschaft für Familienplanung, Sexualpädagogik und Sexualberatung e.V. Bundesverband Stresemannallee 3 D-60596 Frankfurt/Main Tel.: 069 / 63 90 02, Fax: 069 / 63 98 52 E-Mail: info@profamilia.de Internet: www.profamilia.de

Verhütung soll für alle möglich sein

In Deutschland hat der zuständige Ausschuss des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Empfehlung ausgesprochen, Levonorgestrel-haltige Präparate zur postkoitalen Verhütung aus der Verschreibungspflicht zu entlassen. In den USA hat die vergleichbare Kommission der amerikanischen Zulassungsbehörde Food and Drug Administration (FDA) mit großer Mehrheit ebenfalls die Aufhebung der Rezeptpflicht für das Gestagenpräparat befürwortet. Die "Pille danach" wird von der WHO und der International Planned Parent–hood Federation (IPPF), der weltweit größten Familienplanungsorganisation, den Verhütungsmethoden zugeordnet. Verhütung sollte für Frauen bzw. Paare akzeptabel in der Anwendung und in der Zuverlässigkeit sein, sie sollte leicht zugänglich und finanziell erschwinglich sein.

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